Samstag, Juli 27, 2024

Holz ist flexibel, der Anwendungsbereich hat sich in den letzten Jahren deutlich erweitert, neue Holzarten gewinnen an Raum. Das vielfach noch fehlende Holz-Netzwerk vieler Bauunternehmer bremst den wachsenden Anteil von Holz als Werkstoff. 

Titelbild: Fichte verliert zugunsten von Buche, Kiefer und Lärche an Boden. Im Bild: BauBuche von Pollmeier. (Credit: Eckhart Matthäus)

Durch den Klimawandel verändert sich die Waldlandschaft. Die Fichte hat im Ertragswald in den letzten dreißig Jahren mehr als fünf Prozentpunkte an Fläche verloren, ihr Anteil liegt jetzt bei etwa 51 Prozent. Jener der Hartlaubbäume einschließlich Buche ist um knapp vier Prozentpunkte gestiegen. »Wir haben am Holztechnikum Kuchl eine Holzartensammlung, die industriell genutzte heimische Holzarten zeigt. Die Bandbreite ist sehr groß«, informiert Geschäftsführer Hans Rechner.

Die Ressource Bauholz wird künftig vor allem davon abhängen, welche Baum­arten sich am raschesten den neuen Klimabedingungen anpassen. Ein wesentlicher Treiber für den Werkstoff Holz ist auch der Fachkräftemangel. »Holz ist in ausreichender Menge vorhanden, jedoch stellen die ressourcenschonende Verwendung und die internationale Logistik in Zukunft große Herausforderungen dar«, betont Jost Börger, Vertriebsleiter Bauprodukte DACH bei Egger. Zukunftsweisend ist für Holzfachleute der Einsatz alternativer Holzarten wie Buche. Buche sei ein sehr hartes Holz und gut verarbeitbar. BauBuche von Pollmeier ist ein Hochleistungsbaustoff und kann in einigen Anwendungen Stahlbeton ersetzen.

»Jeder Bauträger hat ein Netzwerk an Baufirmen. Jenes für Holz ist vielfach noch nicht vorhanden, denn im Holzbau benötigt man andere bzw. zusätzliche Gewerke als etwa im Massivbau«, informiert Hans Rechner, Holztechnikum Kuchl.

»In Salzburg müssen Fluchtwege nicht mehr als Betonstiegen ausgeführt sein«, bringt Rechner ein Beispiel für den fortgeschrittenen Einsatz von Holz. »Im Jahr 2000 haben wir einen Holzturm errichtet, benötigten dafür eine Sondergenehmigung der Landesregierung, weil man nur drei Geschoße errichten durfte. Das HoHo in Wien hat 24 Geschoße. Man sieht wie rasch es weitergeht.« Aktuell plant und kalkuliert das Holztechnikum Kuchl am höchsten Holz-Internatsneubau Österreichs.

Holz erobert neue Anwendungsfelder

Holzbauten beeindrucken insbesondere durch leichte, elegante und dennoch funktionale Konstruktionen, sie erlauben Vorfertigung und Modulbauweise, somit rasche Bauzeiten bei hoher Qualität. »Was bislang für echte Nachhaltigkeit fehlte, ist ein Konzept, das auch die Nutzungsflexiblität über den gesamten Lebenszyklus ermöglicht«, meint Florian Stadtschreiber, Geschäftsführer von Kiubo. Mit Kiubo können durch den Tausch von Modulen Gebäude erstmals im Betrieb umgenutzt werden. Die Module werden bis zur letzten Schraube vorgeplant, ausgeschrieben und fertig angekauft. So genannte Terminals nehmen die Module variabel wie ein Setzkasten auf. Jost Börger verweist auf die hohe Präzision durch Vorfertigung, die auch dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. »Der Holzbau setzt stark auf die Robotertechnik, also auf die automatisierte Produktion. Wir merken deutliche Zuwächse im Objektbau.«

»Der mehrgeschoßige Holzbau gewinnt an Relevanz, in reiner Holzbauweise und als Hybridbau. Das hat logische Gründe wie Verdichtung, Fachkräftemangel und Holz als erneuerbare Ressource«, betont Jost Börger, Egger.

Holz eignet sich durch das geringe Gewicht ideal für Aufstockungen – entscheidend für die Verdichtung im städtischen Raum. Vor einem Jahr hat Egger die Division Building Products etabliert, die innovative Systemlösungen für den Holzbau entwickeln und fertigen soll. Für proHolz ist Holzbau mittlerweile Mainstream. »Insbesondere der mehrgeschoßige Holzbau hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und wird in der Praxis als tatsächlich umsetzbarer Lösungsweg mit vielen Vorteilen wahrgenommen«, so Bernd Höfferl.

In allen urbanen Bereichen ergeben sich mittlerweile interessante Innovationsfelder für Holz. »Eine der am weitesten verbreiteten Arten ist z. B. CLT. Es wird weltweit erfolgreich als Konstruktionsmaterial in Schulen, Bürogebäuden und Wohnhäusern mit 18 Stockwerken und mehr eingesetzt«, informiert Johanna Kairi, Business Development Manager Austria bei Stora Enso Wood Products. Dabei gewinnt das Thema Vorfertigung an Bedeutung.

Dass die Anwendungsbereiche für Holz zunehmen, liegt für Hermann Huber, Fachbereichsleiter Holzbau, Holztechnologie & Holzbau an der FH Salzburg an der Entwicklung der Holzwerkstoffe. »Brettsperrholz legt eine gute Performance hin und öffnet den Weg für Holz im großvolumigen Bau.« Furnierschichtholz ist ein jüngerer Werkstoff und kann als Hochleistungsmaterial eingesetzt werden, bietet hohe Festigkeiten und findet damit immer mehr Anwendung, auch für große Spannweiten. Der Erfolg der holzverarbeitenden Industrie wird laut Johanna Kairi in Zukunft viel stärker von der Integration moderner (Umwelt-)Technologien und Ambient Intelligence abhängen, also dem Fokus auf Nutzung und Vernetzung moderner Informationstechnologie.

»Der Holzbau zeichnet sich durch ein hohes Maß an Flexibilität, gestalterische Freiheit und einen konkurrenzlosen ökologischen Fußabdruck aus«, betont Johanna Kairi, Stora Enso.

Neuer Ansatz im Holzschutz

»Holz lässt sich gut recyceln, teilweise sieht man aber nicht sofort, ob es z. B. durch einen Farbanstrich kontaminiert ist«, spricht Univ.-Prof. Helmut Rechberger, Vorstand des Instituts für Wassergüte und Ressourcenmanagement an der TU Wien, ein Problem an. Als Alternative bei der Imprägnierung eignet sich z. B. eine Thermobehandlung. Durch die kontrollierte Erwärmung von Schnittholz auf bis zu 230 °C wird die Wasseraufnahmefähigkeit stark eingeschränkt. Dadurch ergeben sich neben höherer Oberflächenhärte und stärkerer Fäulnisresistenz auch bessere Wärmedämmeigenschaften sowie reduzierte Splittergefahr. Thermoholz eignet sich vor allem für den Außenbereich wie Holzfassaden, Außentreppen oder Windschutzwände. Die höhere Trockenheit ermöglicht eine lange Nutzungsdauer.

Konkurrenten verbinden

Der Werkstoff Holz hat alle Vorteile, die heute und in Zukunft geschätzt werden: gesundes Raumklima, hoher Wohlfühlfaktor, modernes Design und energiebewusste Bauweise. Statt die Extremposition eines Holzpuristen einzunehmen, wird es für Kairi in den kommenden Jahren darum gehen, Holz auf intelligente Weise mit anderen Materialien wie Naturstein, Glas und Beton zu kombinieren. »Verschiedene Materialien dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Um die Vorteile optimal nutzen zu können, brauchen wir offene Schnittstellen. Dies vereinfacht nicht nur die Errichtung, sondern auch spätere Umbauten und ermöglicht eine Wiederverwendung von Teilen«, fordert auch Bernd Höfferl.

Beim Forschungsprojekt aHolz wurden Rohrleitungen in Massivholzelemente eingefräst und mit einer Holzdeckschicht verleimt. Aktuell läuft das Folgeprojekt Activation.Wood zu Umsetzungspotenzialen. (Bild: T. Schnabel)

Es brauche ein Zusammenspiel verschiedener Materialien und Schnittstellen, die materialübergreifend funktionieren. Wichtig sei das z. B. bei der thermischen Bauteilaktivierung. Bereits im Jahr 2035 wird der Energiebedarf für das Kühlen von Gebäuden mehr als doppelt so hoch sein als jener für das Heizen, bis zum Jahr 2085 sogar dreimal so hoch, prognostiziert eine Studie des Instituts für Wärmetechnik und Thermodynamik der TU Bergakademie Freiberg. Thermische Bauteilaktivierung lässt sich auch mit Holz erreichen. Das hat das Forschungsprojekt aHolz der FH Salzburg gezeigt. Massivholzdecken sind für die thermische Bauteilaktivierung geeignet. Nun sollen thermisch aktivierte Massivholzbauteile entwickelt werden.

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