Samstag, September 21, 2024
Schlanke Computerchips
Foto: TU Wien

Ein Team der Fakultät für Elektrotechnik an der TU Wien forscht an optimalen Materialien für die Halbleiterindustrie. Immer kleiner und kompakter – in diese Richtung bewegte sich bisher die Entwicklung von Computerchips. Sogenannte 2D-Materialien galten dabei als große Hoffnungsträger: Sie sind so dünn, wie ein Material überhaupt nur sein kann, im Extremfall bestehen sie nur aus einer einzigen Schicht von Atomen. Das ermöglicht die Herstellung elektronischer Bauteile mit winzigen Abmessungen, hoher Geschwindigkeit und optimaler Effizienz.

Lange Zeit hat man in der Elektronik aber etwas Wichtiges vernachlässigt: Wenn man elektronische Bauteile immer kleiner machen will, braucht man dafür auch die passenden Isolator-Materialien. Elektronische Bauteile bestehen nämlich immer aus mehr als einem Material. 2D-Materialien sind nur dann sinnvoll einsetzbar, wenn man sie mit passenden Materialsystemen kombinieren kann – etwa mit speziellen isolierenden Kristallen. Wenn man das nicht bedenkt, dann wird der Vorteil zunichte gemacht, den 2D-Materialien eigentlich bieten sollen. Diese Erkenntnisse präsentierte das Forscherteam nun im Fachjournal „Nature Communications“.

„Die Halbleiterindustrie verwendet heute Silizium und Siliziumoxid. Das sind Materialien mit sehr guten elektronischen Eigenschaften“, erklärt Tibor Grasser, Professor am Institut für Mikroelektronik der TU Wien. „Lange Zeit hat man beim Miniaturisieren elektronischer Bauteile einfach immer dünnere Schichten dieser Materialien verwendet. Das ging lange Zeit gut – aber irgendwann stößt man an eine natürliche Grenze.“ Wenn die Silizium-Schicht nur noch wenige Nanometer dünn ist, also nur noch aus wenigen atomaren Lagen besteht, dann verschlechtern sich die elektronischen Eigenschaften des Materials sehr deutlich.

Wenn man ultradünne elektronische Bauteile herstellen möchte, muss man also auf andere Materialien ausweichen. Sogenannte 2D-Materialien verbinden ausgezeichnete elektronische Eigenschaften mit minimalen Dicken. „Wie sich zeigt, sind diese 2D-Materialien aber nur die erste Hälfte der Geschichte“, sagt Tibor Grasser. „Sie müssen auf dem passenden Untergrund angebracht werden, und auch darüber braucht man eine Isolatorschicht – und wenn dieser Isolator nicht ebenfalls extrem dünn und von extrem guter Qualität ist, dann hat man durch die 2D-Materialien nichts gewonnen. Das ist als würde man einen Ferrari auf schlammigem Untergrund fahren und sich wundern, warum man keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellt.“

Siliziumdioxid, das normalerweise in der Industrie als Isolator eingesetzt wird, eignet sich in diesem Fall nicht. Mit speziellen Kristallen, die Fluor-Atome enthalten, konnte das Team rund um Tibor Grasser und Yury Illarionov bereits ausgezeichnete Ergebnisse erzielen. Ein Transistor-Prototyp mit einem Kalzium-Fluorid-Isolator lieferte überzeugende Daten, weitere Materialien werden noch analysiert. „Laufend werden derzeit neue 2D-Materialien entdeckt. Das ist schön, aber mit unseren Ergebnissen wollen wir zeigen, dass das alleine noch nicht reicht“, sagt Tibor Grasser. „Diese neuen elektrisch leitenden 2D-Materialien müssen auch mit neuartigen Isolatoren kombiniert werden. Nur dann können wir es tatsächlich schaffen, eine neue Generation von effizienten und leistungsfähigen elektronischen Bauteilen im Miniaturformat herzustellen.“

 

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