Thursday, May 01, 2025

Mehrwert für Manager

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Campusnetzwerke und 5G – welchen Nutzen lokale Mobilfunklösungen Unternehmen bringen und wo die besten Anwendungen sind.

Ein Campusnetz am Flughafen Schwechat kann künftig autonome Gepäckfahrzeuge unterstützen.

Seit Juli 2019 ist der Mobilfunkstandard 5G in Österreich verfügbar, seit 2025 weitgehend flächendeckend. Der Nachfolger von 4G bietet mit Datenübertragungsraten bis in den Gigabit-Bereich pro Sekunde wesentlich höhere Geschwindigkeiten als die Vorgängergeneration. 5G erlaubt nicht nur Konsument*innen, sondern auch Unternehmen, große Datenmengen schnell und zuverlässig zu übertragen. Latenzzeiten von unter zehn Millisekunden unterstützen rasch ablaufende Prozesse in Anwendungen in »Echtzeit«. Die Ausfallsicherheit in der Übertragung und die schnellen Reaktionszeiten – bei lokalen Netzen für Unternehmensanwendungen (»Network Slicing«) werden über eine reine 5G-Infrastruktur (»Stand-­alone«) Latenzen bis zu einer Millisekunde unterstützt – bilden eine mächtige Plattform für die industrielle Automatisierung. Vernetzte Maschinen, Anlagen und autonome Fahrzeuge, optimierte Robotersteuerung, Datenanalysen direkt bei der Maschine vor Ort und neue Services in der Wartung – Unternehmen profitieren vielfach.

»Der Übergang von gemeinsam genutzten Frequenzlösungen zu lizenzierten Frequenzen unterstreicht den verstärkten Fokus auf Sicherheit und Leistung«, erklärt Massimo Peselli von Verizon Business. Der Manager für den Bereich Global Enterprise & Public Sector hat auch Unternehmenskunden in Österreich – sieht einen klaren Trend zu einer »dedizierten, sicheren Konnektivität, um geschäftskritische Anwendungen zu unterstützen und die digitale Transformation voranzutreiben«.

Private 5G-Netze, auch Campusnetze genannt, können an die jeweiligen Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst werden. Der Kunde hat die absolute Kontrolle über seine Daten und Anwendungen. Denn sie werden in einem exklusiven, gesicherten Bereich eines Mobilfunknetzes versendet respektive betrieben. »Unsere 5G Private Networks ermöglichen die ultraschnelle und sichere Übertragung hochsensibler Daten – unabhängig von der Auslastung des öffentlichen Netzes«, betont Rudolf Schrefl, CEO Drei. Maßgeschneidert können die privaten Netze nahezu alles abdecken: von einzelnen Gebäudebereichen bis hin zu weitläufigen Firmenarealen, im Indoor- und Outdoor-Bereich – ideal für Industrie 4.0, Logistik und das Gesundheitswesen. Der Mobilfunker Drei hat Campusnetze bereits für das Institut für Fertigungstechnik der TU Wien, für eine Baustellen-Lösung auf 300.000 m² Fläche für den IT-Netzwerk-Spezialisten Dätwyler und für kritische Kommunikationssysteme von Frequentis umgesetzt.

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Bild: Rudolf Schrefl, CEO Drei: »5G Private Networks setzen neue Maßstäbe für sichere und leistungsstarke Unternehmenskommunikation.«

Flughafen-Netz
Auch der Flughafen Wien in Schwechat macht sich fit für die digitale Zukunft: In Zusammenarbeit mit A1 und der Strategieberatung Arthur D. Little entsteht derzeit ein Campusnetzwerk am Airport. Auch diese Lösung wird unabhängig vom öffentlichen A1-Netz betrieben. Sie kann daher eine besonders hohe Verbindungsqualität für Anwendungen garantieren. »Mit der geplanten Inbetriebnahme des Netzwerks im Jahr 2027 wird der Weg für bahnbrechende Technologien wie autonome Gepäckfahrzeuge oder automatisierte Vorfeldprozesse geebnet«, ist Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG, überzeugt.

Mehr als 30 Millionen Passagiere pro Jahr sollen von dem industriellen Mobilnetz profitieren. Das Projekt umfasst automatisierte Wartungssysteme für Grünflächen und Vorfelder, Sicherheitsüberwachung durch von Sensorik gespeisten Systemen. Oder vernetzte Geräte, die Zutrittskontrollen effizienter und sicherer gestalten. Und Tracking-Systeme, die präzise die Nachverfolgung von Logistikprozessen ermöglichen. »Wir schaffen mit der Implementierung die Grundlage für innovative Anwendungen, die nicht nur die Sicherheit und Effizienz erhöhen, sondern auch einen erheblichen Mehrwert für die gesamte kritische Infrastruktur bieten«, fasst der Umsetzungspartner Martin Resel, A1 CCO Enterprise, zusammen.

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Bild: Marcus Grausam, CEO A1 Telekom Austria: »5G revolutioniert nicht nur Betriebs­prozesse, sondern schafft auch einen messbaren Mehrwert für Menschen und Infrastruktur.«

Campus-Hersteller
Die Technologieausrüster selbst, etwa Huawei, bieten eine Vielzahl von Lösungen in den Bereichen 5G, dem schnelleren »5G Advanced« (5GA) und Campuslösungen. »Kabellose Campusnetzwerke sind besonders geeignet für die Digitalisierung von Büros und unterstützen die Planung, Bereitstellung, das Monitoring und die Optimierung von Netzwerkservices«, erklärt Huawei-Unternehmenssprecher Michael Nowak. IoT-Campusnetzwerke können zur Vernetzung von Geräten und Sensoren in verschiedenen Branchen wie dem Einzelhandel, dem Bildungswesen und dem Gesundheitswesen eingesetzt werden.

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Bild: Michael Nowak, Sprecher Huawei: »Die digitale Transformation bringt vier zentrale Veränderungen für Anwendungen und Endgeräte auf den Unternehmens-Campus: WiFi, IoT, Cloud und Video.«

Moderne Lösungen ermöglichen beispielsweise, dass Produktionsdaten direkt an die Lagerverwaltung übermittelt werden. Auch die Kommunikation zwischen Mitarbeiter*innen wird verbessert, da sie problemlos auf gemeinsame Daten und Ressourcen zugreifen können, berichtet der Experte. Ein weiterer großer Vorteil liegt in der Unterstützung kollaborativer Projekte: Mit einem stabilen Netzwerk können Teams auf verschiedene Tools und Plattformen zugreifen.

Huawei hat dazu etwa das »High-Quality 10 Gbps-Campusnetzwerk« im Sortiment. »Benutzer erhalten tiefgehende Einblicke in wichtige Daten, was Vorteile bei der Bereitstellung von Services, dem Benutzererlebnis und den Betriebsverwaltungsprozessen während der Aktualisierung der Netzwerkarchitektur bietet«, erklärt Nowak. Die Lösungen mit entsprechend leistungsfähigen Switches und auch mit der Integration von »WiFi 7« bieten deutlich höhere Geschwindigkeiten. Denn letztlich geht es immer um das Gleiche: Effizienzsteigerungen, Kostensenkungen und das Ermöglichen neuer Services.

Umsetzung
Gerade wenn sich die technischen Anforderungen an eine Industrie­umgebung laufend ändern, ist eine Mobilfunklösung oft die bessere Wahl. Im Braunauer Stadtteil Ranshofen produziert das Familienunternehmen Borbet Austria jährlich rund 3,8 Millionen Alufelgen für den Weltmarkt. Nach mehreren Betriebserweiterungen wurde ein neues Konzept für die digitale Anbindung und Vernetzung des Unternehmens nötig, erklärt Geschäftsführer Helmuth Huber: »Unsere Produktion findet in verschiedenen Hallen auf mehreren Ebenen statt. Für einen reibungslosen Betrieb brauchen wir bestmöglichen Mobilfunkempfang bis in den letzten Winkel – ganz egal wo am Gelände. Weil unser altes Kommunikationssystem in die Jahre gekommen ist, haben wir uns für eine neue 5G-Campus Lösung entschieden.«

Statt eines zentralen Mobilfunkmasts setzt Borbet eine Inhouse-Lösung mit 41 kompakten Funkantennen von Magenta Telekom ein. Diese sind über eine Kabelverbindung mit der Basisstation verbunden, welche via Glasfaser an das 5G-Netz von Magenta angebunden ist. Die im Innenbereich installierten Antennen sorgen für optimalen Empfang – selbst in einer Produktionsumgebung mit großen Leichtmetallmengen, massiven Zwischenwänden und Brandabschottungen. Zudem ist das System flexibel erweiterbar und auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt.

Durch eine cloudbasierte Kommunikationslösung sind Beschäftigte sowohl mit der Mobilfunk- als auch mit der Festnetznummer erreichbar. Es ist der Kern jedes Campusnetzes: Mehrere hundert Mitarbeitende können dank der modernen Lösung Daten und Informationen teilen.

 

Produkt: 5G für den Schaltschrank

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Siemens hat ein Update seiner privaten 5G-Infrastrukturlösung für Industriekunden in Österreich vorgestellt. Die erweiterte Lösung unterstützt jetzt bis zu 24 Funkeinheiten, wobei jede Einheit rund 5.000 m² abdecken kann. Ergänzend wird ein neuer 5G-Router der Einstiegsklasse für den Schaltschrank mit Schutzklasse IP20 angeboten, der Teil des Siemens-Xcelerator-Portfolios ist – des Marktplatzes von Siemens für Industrieprodukte. Der unkomplizierte Konfigurationsprozess erfordert die Eingabe von gut 20 Variablen auf einer zentralen Web-Benutzeroberfläche. Ein Dashboard bietet den Gesamtüberblick über den Netzwerkstatus und ist somit auch für Nicht-IT-Experten zugänglich. Unternehmen können so ihre Netze unabhängig und auch sicher betreiben, ohne auf Drittanbieter angewiesen zu sein – vom Betrieb einer einzelnen Produktionslinie bis zu einem ganzen vernetzten Fabrikkomplex.

 

Projekt: 5G-Kliniken im Burgenland

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Pager und DECT-Telefonie haben ausgedient: Mit der Klinik Oberwart ist im Mai 2024 Österreichs erstes 5G-Spital in Betrieb gegangen. Die Kliniken Kittsee, Güssing, Oberpullendorf sowie die Zentrale in Eisenstadt folgten in den Monaten darauf. Die gesamte Sprachkommunikation und Alarmierung läuft in den burgenländischen Kliniken ausschließlich über ein eigenständiges 5G-Netz. Das Gesundheitspersonal ist mit handlichen Endgeräten ausgestattet, die einem Smartphone ähneln. Harald Binder, IT-Direktor der Gesundheit Burgenland, sieht mit dieser Lösung viele Anforderungen abgedeckt – in der internen Kommunikation ebenso wie bei neuen digitalen Abläufen, Prozessen und Apps im Klinikbetrieb. »Denkbar ist, dass künftig die gesamte Logistik – vom Patiententransport bis zur Medikamentenlieferung – sowie Vereinfachungen und Verbesserungen in der Patientenversorgung und -sicherheit über das neue System gesteuert werden«, erwartet Harald Binder.

Die Leistungsfähigkeit der Netztechnik ermöglicht etwa auch KI-gestützte Diagnosestellungen, in deren Rahmen riesige Datenmengen innerhalb kürzester Zeit verarbeitet werden müssen. Gemeinsam mit Magenta hat der IT-Dienstleister Cancom an den Standorten ein privates Mobilfunknetz realisiert, das unabhängig vom öffentlichen Mobilfunknetz arbeitet. Die eingesetzte 5G-Plattform liefert hochverfügbare Sprach- und Datendienste. Werner Kraus, Geschäftsführer für das Geschäftskundensegment von Magenta: »Das Krankenhausnetz ist zweifach redundant ausgeführt und läuft selbst bei einem Strom- oder Technikausfall weiter. Die Gesundheit Burgenland verwaltet das 5G-Netz in einer sogenannten ›On-premises‹-Lösung über die hauseigene IT-Abteilung selbst, auch aus Datenschutzgründen.«

In der internationalen Spitzenmedizin sind 5G-Krankenhäuser bislang noch die Ausnahme. Europäische Beispiele gibt es in Oulu in Finnland sowie in der deutschen Stadt Leipzig. Die Gesundheit Burgenland reiht sich somit in die noch sehr kurze Liste der Digitalpioniere in Europa ein.

 

Evolution des Mobilfunks

analog
Zuerst kamen die analogen B- und C-Netze, dann das stärker verbreitete D-Netz. Sie werden als Netze der ersten Generation bezeichnet. Die Signale sind anfällig für Rauschen und Verzerrungen.

digital
Mit dem europaweiten Standard GSM werden digitale Sprachübertragung und datenbasierte Dienste möglich, etwa SMS. Ein Ökosystem aus Netzbetreibern, Infrastrukturanbietern und Geräteherstellern entsteht.

breit
Mit der Einführung des UMTS-Standards kommt Geschwindigkeit in die Datenübertragung (anfänglich 384 kbit/s). Die Kommunikation von Maschinen untereinander wird nun möglich.

schnell
Mit LTE »Long Term Evolution« wird der Mobilfunk auf das paketbasierte Internetprotokoll umgestellt. Geschwindigkeiten von bis zu 300 Mbit/s treiben ­Videostreaming und Gaming an.

omnipotent
Als Erweiterung von LTE nutzt 5G unterschiedlichste Frequenzbereiche und schafft so eine große Abdeckung in der Fläche und gleichzeitig enorme Datenraten (20 Gbit/s) und Nutzerzahlen.