Thursday, May 01, 2025

Mehrwert für Manager

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In den Unternehmen, auch in Österreich, schreitet die Digitalisierung voran. Nun wird das Potenzial in der Nutzung von KI alles bisher Digitale in den Schatten stellen.

Bild: iStock

 

Wachstumstreiber, Resilienzstärker und Risikominimierer: KI in der Anwendung in Unternehmen werden fast schon übernatürliche Eigenschaften zugeschrieben. Und trotzdem agiert die heimische Wirtschaft noch eher verhalten. Gemeinsam mit der Industriellenvereinigung hat ­Accenture den Status quo und die Potenziale der digitalen Transformation und den Einsatz von KI in der heimischen Wirtschaft analysiert. »Die digitalen Champions zeigen mehr Wachstum in Zeiten des Aufschwungs, und sie haben eine höhere Resilienz auch in einer Rezessionsphase«, sagt Michael Zettel, Country Managing Director bei Accenture. Aber »Österreichs Unternehmen sind beim Einsatz von KI noch zurückhaltend. 15 Prozent der heimischen Betriebe nutzen die Technologie bereits in substanziellem Umfang. Acht Prozent setzen generative KI-Anwendungen ein«, betont der Chef­ökonom der Industriellenvereinigung Christian Helmenstein.

Er sieht zwar KI »im Management angekommen«. 64,5 Prozent der heimischen Top-Entscheider würden ein hohes Akzeptanzniveau gegenüber KI-Anwendungen angeben. »Dennoch nutzt ein Großteil der Unternehmen ihre Daten in einem geringen Ausmaß als Basis für KI-basierte Systeme«, erläutert Helmenstein. Während 75 Prozent der Unternehmen die Voraussetzungen hätten, setzen nur 15 Prozent der Unternehmen KI tatsächlich in substanziellem Umfang ein.

Der konkrete Nutzen, den KI-unterstützte Anwendungen Unternehmen bringen, ist breit gefächert. So verbessert der IT-Dienstleister Ontec mithilfe von KI den Kundenservice von Sunny Cars. Das Kundenservice-Team der Mietwagenfirma hatte täglich eine große Anzahl von E-Mails zu lesen, manuell zu klassifizieren und zu bearbeiten. Neue hochqualifizierte Mitarbeitende waren in Zeiten des Arbeitskräftemangels nicht leicht zu finden. Also entschloss man sich, KI zur Unterstützung bei einigen dieser Aufgaben zu implementieren. Das Resultat: Die Bearbeitungszeit wurde durch die Automatisierung der Klassifizierung von Anfragen und automatische Zusammenfassungen wesentlich reduziert. Eine KI-gestützte Analyse der Inhalte ermöglicht eine Priorisierung der Anfragen und dadurch schnellere Lösungen. »Die Mitarbeitenden sind offen für den Einsatz von KI und entdecken zunehmend weiteren Bedarf und Anwendungsfälle«, heißt es beim Umsetzungspartner Ontec.

International unterstützt IBM seinen Kunden L’Oréal mit generativer künstlicher Intelligenz (GenAI), damit dieser neue Erkenntnisse in Daten zu kosmetischen Formeln gewinnen kann. Das Kosmetikunternehmen optimiert so den Einsatz von Rohstoffen und reduziert Abfälle und den Energieverbrauch. In dem KI-Projekt wird eine große Anzahl an Formel- und Komponenten-Datenpunkten verwendet. Sie helfen, die Zusammensetzung neuer Produkte, die Neuausarbeitung bestehender Kosmetika und die Optimierung für die Massenproduktion zu verbessern.

Bildung als Hebel
Wie können sich nun Unternehmen auf den Einstieg in die KI-Tool-Welt vorbereiten? Christoph Becker, Geschäftsführer bei ETC, bietet in Kooperation mit der ARS Akademie dazu einen Wissensaufbau für die Bereiche Management, HR und IT an: die KI-Schmiede (Link auf Interview mit Christoph Becker). Becker empfiehlt zuerst eine Bestandsaufnahme. Dann sollten Geschäftsprozesse identifiziert werden, die von KI profitieren können. »Im nächsten Schritt können in einem Pilotprojekt Lösungen im kleinen Maßstab getestet und Erkenntnisse gewonnen werden«, so Becker. Parallel dazu helfen Workshops, Wissen zu vermitteln und Ängste abzubauen. Die frühzeitige Einbindung aller Stakeholder ist entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen. Gelingt es den Unternehmen, diese Ansätze in die gesamte Organisation zu integrieren, wird KI breit skalierbar.


Dazu im Gespräch mit dem Report: Boris Scharinger, Senior Innovation Manager und Industrial AI Strategist bei Siemens, über KI als Projekt und die Schwierigkeit des Skalierens in Industriesettings (Link)

 

Beste Beispiele für Anwendungen

Wie Forschung und Wirtschaft Hand in Hand an Optimierungen, Verbesserungen und Einsparungen mithilfe von KI in unterschiedlichen Disziplinen arbeiten.

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1. Krebsbehandlung
Personalisierte Medizin zielt darauf ab, die Behandlungen auf einzelne Patient*innen maßzuschneidern. Bisher geschieht das anhand von wenigen Parametern, mit denen der Krankheitsverlauf vorhergesagt werden soll. Um aber die komplexen Zusammenhänge bei Krankheiten wie Krebs zu verstehen, reichen diese wenigen Werte oft nicht aus. In der onkologischen Praxis des deutschen Universitätsklinikums Essen werden nun mit wesentlich mehr Parametern und mittels erklärbarer künstlicher Intelligenz die bisher starren Bewertungssysteme, wie die Einteilung in Tumorstadien, enorm verbessert.

2. Produktentwicklung
Für den Antriebsstrang batterieelektrischer Fahrzeuge haben Forschende der TU Graz eine Methode entwickelt, mit der sich die Entwicklungsphase um mehrere Monate verkürzen lässt – dabei werden Simulationsmodelle von Bauteilen mit evolutionären Optimierungsalgorithmen kombiniert. Entsprechend den technischen Anforderungen der Hersteller optimiert ein KI-System automatisch den gesamten Antriebsstrang – von der Leistungselektronik über die elektrische Maschine bis hin zum Getriebe – und berücksichtigt dabei Ziele wie Produktionskosten, Wirkungsgrad und Platzbedarf.

3. Maschinenwartung
Im EU-Projekt IPMAI erarbeiten Forschungseinrichtungen aus Österreich und Tschechien einen KI-gestützten Ansatz, mit dem die Wartung und Instandhaltung von Maschinen und Anlagen vorausschauend und kostensparend durchgeführt werden soll. Das Projekt »Interpretable Prescriptive Maintenance using Artificial Intelligence« zielt besonders auf kleine und mittlere Unternehmen mit oft begrenzt verfügbarem Wartungspersonal. Mit dem Fokus auf das Getriebe als zentralen Verschleißindikator wird eine frühzeitige Identifizierung von Wartungsbedarf bei anderen Maschinenteilen möglich.

 

Nachgefragt: Thomas Steirer, CTO bei dem Technologiedienstleister Nagarro

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Wie die Erwartungen der IT-Industrie sind…

»Es beginnt sich bei KI das Bild zu klären, aber wir können beim besten Willen nicht vorhersagen, was in den nächsten drei bis fünf Jahren auf uns zukommt. »Touch it« und »try it« ist die Devise, man muss Erfahrungen sammeln und sich die KI kollegial erarbeiten.«

»Ich gehe davon aus, dass die IT-Industrie mehr mit Prozessberatung, als mit Technologien beschäftigt sein wird. Zwischen dem Sog, den KI auf Unternehmen ausübt und den Fragen, die noch zu klären sind, wächst die Flügelspannweite fast täglich.«

Wie sich Arbeitsplätze und Arbeitsumgebungen verändern…

»Interessant wird sein, wie Unternehmen und Benutzer auf die Entwicklung von KI-getriebenen Ökosystemen reagieren, die zum Beispiel über Agents bereitgestellt werden. Sobald KI-Assistenzsysteme selbsttätig Aktionen ausführen, wirft das Klärungsfragen auf. Wir werden die kontinuierliche Auseinandersetzung, ein wenig Mut und Kreativität dafür brauchen.«