Montag, April 29, 2024
Doch wieder auf Schiene?
»Beim Heizungstausch braucht es klare Regelungen, die beide Seiten entlasten«, meint Julia Fritz, PHH Rechtsanwält*innen. (Credit: PHH Rechtsanwält*innen GmbH)

Die Aufregung war kurz aber heftig. Nachdem die ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf ein Scheitern des Erneuerbaren-Wärme-Gesetz vermeldet hatte, betonten ÖVP und Grüne zwar, dass das Gesetz auf Schiene sei. Nach wie vor wird aber verhandelt. Ein Kommentar von Julia Fritz, Partnerin und Leiterin des Immobilienteams bei PHH Rechtsanwält*innen.

Die Pläne der Bundesregierung zum Ausstieg aus fossilen Heizsystemen sind ambitioniert, schon seit heuer sollten nach dem Entwurf des Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, kurz EWG, alle neu eingebauten Heizsysteme mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Bis spätestens 2040 sollte ganz Österreich komplett fossilfrei heizen. Doch vorerst wurde nicht gehandelt sondern verhandelt. In der Begutachtung letzten Sommer waren so viele kritische Stellungnahmen eingelangt, dass eine rasche Umsetzung unrealistisch wurde.

Die Hauptforderungen der Kritiker sind längere Übergangsfristen, mehr Förderungen, klarere Regelungen, wer die Kosten zu tragen hat sowie begleitende Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz sowie im Mietrecht. Zudem ist ein Technologiestreit entbrannt. Wie nachhaltig ist Holz als Brennstoff? Welche Zukunft hat sogenanntes grünes Gas? Und wie rasch können wir den erhöhten Bedarf an erneuerbaren Heizsystemen bewältigen? Hier prallen ideologische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Interessen aufeinander. 

Vorbild Deutschland?

Kein Wunder, dass Interessensverbände und Politiker nach Deutschland schielen, das per 8. September sein Gebäudeenergiegesetz beschlossen hat. Deutschland setzt auf Regelungen, die zwar bis 2045 ebenfalls einen Ausstieg aus fossilen Heizungen vorsehen, aber mit großzügigen Ausnahmen und Übergangsfristen, verschiedenen technologischen Optionen von Wärmepumpe und PV-Anlagen bis zu H2-Ready Gasheizungen, die auf Wasserstoff umrüstbar sind – und mit umfangreichen Förderungen. Mindestens 20 % und bis zu 70 % der Investitionskosten für ein erneuerbares Heizsystem können dort durch Förderungen finanziert werden. Im Gegenzug gilt für Vermieter, dass sie zwar den Mietern eine Modernisierungsumlage verrechnen dürfen. Allerdings ist diese mit 50 Cent pro Monat und Quadratmeter gedeckelt. Bei einer 90 m² großen Wohnung sind das etwa maximal 45 Euro Monat.

Die pragmatische Umsetzung in Deutschland könnte für Österreich tatsächlich ein entscheidender Hinweis sein, dass es beim Ausstieg aus fossiler Energie weniger auf schöne Ziele als auf Umsetzbarkeit ankommt. Es ist höchste Zeit, die Hausaufgaben anzugehen: Sowohl im Mietrechtsgesetz als auch im Wohnungseigentumsgesetz muss der Blockademechanismus der Opt-out-Möglichkeit ausgehebelt werden können, sobald es um eine Erneuerung des Heizsystems mit erneuerbaren Energien geht. Auch die Finanzierung muss klarer geregelt werden.

Zwar gibt es bereits jetzt für den Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme für Einfamilienhäuser 7.500 Euro und bei mehrgeschoßigen Wohnbauten bis zur Hälfte der Investitionskosten. Wer die Kosten für einen Heizungstausch kennt, weiß aber, dass die finanzielle Belastung vor allem bei bestehenden Wohnhäusern auch mit der maximalen Förderung hoch ist. Schließlich müssen Anschlüsse und Leitungen neu verlegt werden, und die Wohnungen werden zum Teil während des Umbaus nicht bewohnbar sein. Solange daher Wohnungseigentümer fürchten müssen, auf den Investitionskosten sitzen zu bleiben und kaum Spielraum in der Mietpreisgestaltung haben, wird der Austausch wohl nur zögerlich oder widerwillig erfolgen. Andererseits haben auch Mieter kaum Interesse an einem »Öko-Aufschlag« auf Grund einer thermischen Umrüstung. Hier braucht es klare Regelungen, die beide Seiten entlasten.

Zeit läuft

Österreich hat schon ein ganzes Jahr für die Energiewende verloren. Dass der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen kommt, steht fest. Jetzt braucht es möglichst rasch einen klaren Handlungsspielraum, damit Anreize für den Umstieg geschaffen werden. Je pragmatischer, desto besser.

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