Freitag, März 29, 2024

Ein Überblick über die Pläne der EU und aktuelle energierelevanten Regelungen und Beihilfen in Österreich. Ein Kommentar von Cornelya Vaquette, Fachverband Steine-Keramik. 

In diesen aufregenden Zeiten muss der mündige Bürger dieses Staates einmal mehr feststellen, dass es nicht in Linz beginnt, sondern wie so oft in Brüssel bei der Europäischen Kommission. Es geht um jene Maßnahmen, die seit März 2022 aufgrund der geopolitischen Entwicklungen plötzlich notwendig und auf den Weg gebracht wurden, und die in die Überlegungen der Mitgliedsstaaten einbezogen werden müssen.

Es geht vor allem um Unterstützungsmaßnahmen wie Beihilfen, die es Mitgliedsstaaten ermöglichen, Erleichterungen und Entlastungen für ihre Wirtschaftsakteure gewähren zu können. Die Kommission hat entgegen ihrer grundsätzlichen Haltung, den Markt so liberal wie möglich zu gestalten, sehr schnell einen »Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression« erlassen, der unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen und Förderungen für Energieverbraucher ermöglicht: eine Maßnahme entgegen allen Prinzipien der EU (liberale Märkte dürfen durch staatliche Eingriffe nicht verzerrt werden), angesichts der Situation jedoch unausweichlich.

Ausgeweitet wurde dieser Rahmen erneut Ende Juli – der Ausbau erneuerbarer Energien und die Dekarbonisierung der Industrie wurden berücksichtigt. Beihilfen können nun auf dieser Basis bis Ende 2023 gewährt werden. Die dritte und bisher letzte Überarbeitung hat weitere Erleichterungen und Entschärfungen bei den Kriterien für die Gewährung von Beihilfen implementiert.

Neben den neuen Beihilferegeln und nach dem RePower­EU-Plan zur Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas im Mai, legte die Kommission im Juli ein weiteres Paket zur Senkung der Gasnachfrage vor: »save gas for a safe winter«. Die Mitgliedsstaaten senken freiwillig ihren Erdgasverbrauch um 15 Prozent. Kommt es dennoch zu gravierenden Engpässen bei der Gasversorgung oder zu ungewöhnlich hoher Nachfrage kann die Kommission den »Union Alert« ausrufen. In diesem Fall wird dann die Gasreduktion verpflichtend vorgeschrieben. Weitere Initiativen der Kommission widmen sich den Gas- und Strommärkten, den Preisbildungsmechansimen und der Stärkung der Solidarität und gemeinsamen Beschaffung von Energie auf europäischer Ebene. Die Kommission unternimmt daher alle Anstrengungen, um die Versorgung der EU mit Energie sicherzustellen.

Entwicklungen in Österreich

Auch die österreichische Bundesregierung reagierte auf die Energiepreissteigerungen und erließ seit Anfang des Jahres mehrere Entlastungspakete. Zur Sicherstellung der Gasversorgungssicherheit und zur Abfederung der finanziellen Belastungen wurden Novellen des Energielenkungsgesetzes (Ausfallzahlungen bei Energielenkung, geschützte Gasmengen bei Einspeicherung von Unternehmen) und des Gaswirtschaftsgesetzes (Strategische Reserve, Anbindung aller Speicher Österreichs an das Netz, Nutzung bisher ungenutzter Kapazitäten) beschlossen. 

Gasdiversifizierungsgesetz

Über die Regelungen des Gasdiversifizierungsgesetzes (GDG  2022) von Mitte Juni 2022 können Unternehmen Kosten für die Lieferung und den Einsatz von nicht-russischem Gas sowie die Umrüstung von Anlagen auf andere Energieträger erstattet bekommen. Art und Umfang des Mitteleinsatzes für Maßnahmen sollen in noch nicht veröffentlichten Richtlinien festgelegt werden. 

Strompreiskostenausgleichsgesetz

Belastungen durch steigende Strompreise können aufgrund festgelegter Kriterien im Rahmen des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz (SAG 2022) abgefedert werden. Im Grunde handelt es sich um die Kompensation indirekter CO2-Kosten aus der Stromerzeugung. Allerdings sind nicht alle energieintensiven Sektoren in Österreich berechtigt, diese Kompensation von Stromkosten (bzw. der indirekten CO2-Kosten) zu erhalten. Das Gesetz beruht auf den Kriterien der EU-Beihilfeleitlinien für den EU-Emissionshandel (ETS), und diese schließen z. B. die Sektoren der Stein-keramischen Industrie aus. Ein weiteres Gesetz wurde daher auf den Weg gebracht.

Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz

Um Entlastungen für bisher nicht berücksichtigte Sektoren aber auch andere Energieträger als Strom zu ermöglichen, wurde das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz (UEZG 2022) beschlossen. Dieses sieht auf Basis der Kriterien des EU-Krisenrahmens einen Ersatz der Mehrkosten für den betriebseigenen Verbrauch von Treibstoffen, Strom und Gas vor. In vier Förderintensitätsstufen werden energieintensive Unternehmen hinsichtlich ihrer Betroffenheit durch die Energiekosten mehr oder weniger entlastet. Auch hier sind die Umsetzungsrichtlinien bis dato noch ausständig, obwohl die Vorregistrierung für die Beantragung der Förderungen bereits gestartet ist.

Weitere Initiativen in Österreich

Auch Österreich hat in Anlehnung an das Juli-Paket der Kommission ein nationales Maßnahmenpaket veröffentlicht: Diversifizierung der Importrouten für Gas, Umrüstung auf alternative Energieträger für Großabnehmer, Möglichkeiten zur Umrüstung von Industrieanlagen und den österreichischen Gasnotfallplan. Dieser dreistufige Plan zur Energielenkung hat die Aufrechterhaltung der Gas- und Stromversorgung, den Schutz besonderer Kundengruppen und die Minimierung volkswirtschaftlicher Schäden zum Ziel. Die genaue Ausgestaltung wurde in der Erdgas-Lenkungs-VO im Nationalrat diskutiert aber abgelehnt. Die in erster Linie betroffenen Großabnehmer für Gas haben daher nach wie vor keine Planungssicherheit.

Insgesamt liegen viele gute Initiativen und Regelungen vor, die jedoch noch nicht rechtssicher genutzt werden können. Das erhöht die Nervosität vor den kommenden Wintermonaten, obwohl die österreichischen Gasspeicher bereits fast zur Gänze gefüllt sind. Unternehmen müssen aber wissen, womit sie in der nächsten Zeit zu rechnen haben. Es gilt die Wertschöpfungsketten aufrecht zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Letztendlich geht es ums Wohl unserer Gesellschaft.

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