Friday, May 09, 2025

Mehrwert für Manager

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Die Ausbildung zum »Certified Bank Audit Manager« (CBAM) hob die Qualitätssicherung im österreichischen Bankenwesen auf ein hohes Level. Gerhard Margetich, Präsident des Verbandes der dezentralen Bankprüfungsverbände Österreichs und Vorstand des Sparkassen-Prüfungsverbandes, spricht im Report(+)-Interview über die Lehren aus dem Fall Commerzialbank Mattersburg, das Vertrauen in den Finanzmarkt und die Tücken der Nachhaltigkeitsberichte.

Foto: Dieter Steinbach


Mit der Ausbildung zum bzw. zur »Zertifizierten Bankprüfmanager*in« wurden vor drei Jahren neue Standards gesetzt. 
Warum war dieser Schritt notwendig?

Gerhard Margetich: Es gab einen Anlassfall, über den ich mittlerweile sehr ungern spreche – die Commerzialbank Mattersburg. Mit deren Prüfung war eine Kanzlei beauftragt, die nicht unbedingt zu den Marktführern gehörte. Offensichtlich reichte der Erfahrungshorizont nicht aus, um eine gute Bankprüfung durchzuführen und die Missstände zu erkennen. Das war die Initialzündung für eine Ausbildung, in der nicht nur rechtliche und formale Prüfungsstandards vermittelt werden, sondern auch Kenntnisse darüber, wo mögliche Fallstricke versteckt sein können. Inzwischen haben drei Jahrgänge die Ausbildung absolviert und das Feedback aus der Branche ist sehr positiv.

Hätte man Fälle wie die Commerzialbank Mattersburg verhindern können? Mit so viel krimineller Energie findet sich vermutlich immer ein Weg.

Margetich: Es ist leider Fakt, dass jemand mit ausreichend krimineller Energie auch interne Kontrollsysteme aushebeln kann. Umso wichtiger ist es, dass Prüfer*innen immer eine kritische Grundhaltung mitbringen. Bei unserer Tutoriumswoche veranstalte ich immer einen Fraud Day, bei dem ich vorzeige, wie man Betrüger entdeckt. Wenn jemand das System sehr gut kennt, kann er uns schon ziemlich aufs Glatteis schicken. Ich hatte selbst einen Fall, wo ich drei Jahre lang als Abschlussprüfer die sogenannte »Smoking Gun« gesucht habe. Erst nach drei Jahren hat ein Mitglied des Aufsichtsrats die Nerven verloren und angefangen zu plaudern. Bis dahin haben alle die Mauer gemacht. Für mich fühlte es sich trotzdem wie ein Misserfolg an – lieber hätte ich den Betrug viel früher aufgedeckt und Schlimmeres verhindert. Dazu braucht es aber die Bereitschaft, den Prüfer als wirksame Kontrollinstanz zu sehen und nicht nur als lästige Notwendigkeit.

Gibt es eine Art Frühwarnsystem?

Margetich: Durch Analysetools können wir Auffälligkeiten schon frühzeitig erkennen. Vor acht Jahren haben wir begonnen, eine Digital-Audit-Abteilung im Prüfungsverband aufzubauen. Wir haben verschiedene Tools, die einen gesamten Workflow auslesen und in einem Exception Report beispielsweise von 5.000 Geschäftsfällen jene fünf aufzeigen, die aus der Reihe tanzen. Auch bei der Massendatenanalyse unterstützt uns künstliche Intelligenz dabei, zielgerichtet Testfälle auszuwählen. Je engmaschiger die Prüfung ist und je besser die Prüfer und die Aufsichtsgremien zusammenarbeiten, umso effizienter kann die Prüfung wirken.

Wer prüft eigentlich die Prüfer? Gibt es eine übergeordnete Instanz?

Margetich: 2016 wurde in Österreich die Abschlussprüferaufsichtsbehörde eingerichtet, die die Prüfer von sogenannten »Public Interest Entities«, also Unternehmen von öffentlichem Interesse, alle zwei oder drei Jahre intensiv inspiziert. Zusätzlich gibt es alle sechs Jahre einen »Peer Review«, der als externe Qualitätssicherungsprüfung den Großteil der Prüfungsmandate umfasst.

Geht es generell darum, Vertrauen in den Finanzmarkt Österreich herzustellen?

Margetich: Wir können dazu beitragen. Die erste Ebene bildet die Zusammenarbeit mit den Unternehmen, die sich darauf verlassen können müssen, dass wir vertraulich mit den Informationen aus unserer Prüfungstätigkeit umgehen. Die zweite Ebene ist die unternehmensinterne Aufsicht, etwa durch den Aufsichtsrat, den Sparkassenrat etc., die natürlich auch auf unser Prüfungsergebnis vertrauen. Die dritte Ebene sind die externen Stakeholder, also Gläubiger, Aufsichtsbehörden und Ministerien, die sich ebenso auf unsere Arbeit stützen. Dieses Vertrauen kommt aber nicht von selbst, das müssen wir jeden Tag neu rechtfertigen.

Welche Bereiche umfasst die Ausbildung?

Margetich: Wir decken die gesamten Themen, die von der Abschlussprüfrichtlinie vorgesehen sind, ab – von der Rechnungslegung über bankwesenspezifische Themen bis hin zu Aufsichtsrecht, Prüfungsnormen und anderen Prüfungsvorschriften. Sehr wichtig sind uns Social Skills, denn Vertrauen entsteht aus der Interaktion. Verstärkt haben wir auch das Thema Nachhaltigkeit auf der Agenda: Es wird zwar nicht jeder Bankprüfer einen Nachhaltigkeitsbericht prüfen müssen, aber das Thema ist intensiv mit dem Bankrisikomanagement verbunden und für viele Bereiche in der operativen Kreditwirtschaft relevant.

Wir fokussieren jedoch nicht nur auf Inhalte, sondern wollen so schulen, dass die Teilnehmer*innen später damit arbeiten können. Unsere Absolvent*innen sind wirklich befähigt, eine Bankprüfung innerhalb des jeweiligen dezentralen Sektors zu leiten, eigenständig Entscheidungen zu treffen und die geforderte Qualität sicherzustellen. Als Vortragende konnten wir aus jedem Sektor anerkannte Fachleute mit sehr viel Erfahrung gewinnen.

Ist diese hohe Qualität auch deshalb notwendig, weil die Komplexität stetig zunimmt?

Margetich: Das ist ein wichtiger Punkt. In meiner Berufslaufbahn musste ich vieles mehrmals umlernen, weil die Regeln immer wieder geändert wurden. Was ich daraus mitgenommen habe: Es kommt mehr darauf an, die Zusammenhänge zu verstehen, um die Regelungen anwenden zu können. Wir brauchen heute ein größeres Maß an Methodenkompetenz in der Interpretation und Erfassung von neuen Regelwerken, auch von neuen Aspekten in der Bankpraxis.

Prüfen ist ein relativ einfaches Geschäft, wenn man es einmal verstanden hat: Was macht mein Mandant? Wie funktionieren die Abläufe? Und wie fließt alles letztlich in die Buchhaltung, in das Rechnungswesen ein? Bei einem Produzenten kann ich ins Lager gehen und dort die Schrauben zählen – eine Bank ist hingegen nur in der IT virtuell abgebildet. Ich muss also ein viel komplexeres Prüffeld mit weniger physischer Präsenz abdecken, mir sehr viel mehr vorstellen und merken können. Das ist eigentlich die Komplexität, die sich auch durch die ständig steigenden Anforderungen des Aufsichtsrechts permanent erhöht.

Ist beim Thema Nachhaltigkeit die große Herausforderung, dass die ESG-Kriterien in so viele Bereiche hineinspielen?

Margetich: Beim Green Deal hat sich die EU stark auf die Berichterstattung und technische Bewertungskriterien fokussiert, aber ein wenig den ökonomischen Aspekt übersehen. Banken und andere Unternehmen investieren nur dann in ökologische Maßnahmen, wenn sie damit auch Geld verdienen. Nur ein Beispiel: In der Eisenmine am Erzberg fahren jetzt Hybridlaster, weil durch die Photovoltaikanlage auf den ungenutzten Flächen so viel Strom erzeugt wird, dass sich die Investitionen für die Oberleitungen der Zufahrtswege aufgrund der enormen Treibstoffeinsparungen in Windeseile rechneten. Jetzt interessieren sich auch australische Minenbetreiber für dieses Konzept. Solche Vorhaben brauchen aber einen guten und sicheren Rechtsrahmen.

Österreich hat als eines von wenigen EU-Ländern die CSRD noch nicht umgesetzt, dabei liegt das Nachhaltigkeitsberichtgesetz in allen relevanten Aspekten bereits vor. Mir ist es ein Anliegen, dass wir hier endlich Rechtssicherheit bekommen. Durch die aktuelle Omnibus-Initiative kann sich zwar noch einiges ändern, aber ich denke, es macht keinen Sinn zu warten, bis alle europäischen Regelungen durch sind und erst dann aktiv zu werden. Wir sollten mehr auf die Chancen setzen und diese ermöglichen.

Jene Unternehmen, die an ihrem alten Geschäftsmodell festhalten, werden jetzt belohnt und die Innovatoren, die in den Technologiewandel und die Weiterentwicklung investieren, werden bestraft. Das ist der falsche Weg.

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