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Stabile Aussichten

\"Innenstadtjuwel:Angesichts der anhaltenden Irritationen auf den Finanzmärkten erscheinen Immobilien als letzter sicherer Anker. Gebaut wird noch immer, der Markt floriert. Investments können sich trotz hoher Preise noch lohnen – man muss nur wissen, wo.


Österreich bleibt weiterhin ein attraktiver Standort für Immobilieninvestments – so weit die gute Nachricht. Euphorie ist am Immobilienmarkt allerdings wenig zu spüren, wie das Trendbarometer 2012 von Ernst & Young Real Estate zeigt. »Der Optimismus für den österreichischen Markt ist verhalten«, erläutert Alexander Wlasto, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Österreich. Für die Studie bewerteten erstmals auch rund 30 Unternehmen und Investoren aus Österreich ihren Standort. Zwei Drittel der Befragten erwarten infolge der Inflation ein steigendes Interesse an Immobilien, beobachten aber gleichzeitig einen deutlichen Rückgang der Immobilienaktivitäten durch die Euro-Krise. 85 % rechnen mit einer zunehmenden Relevanz von Green-Building-Standards. Auch die Zahl der entwickelten Projekte dürfte wieder steigen.

Bei Büros bleibt Wien der erklärte Favorit für Investoren, bei Einzelhandelsimmobilien können auch die Landeshauptstädte Salzburg, Linz und Graz punkten. Die Preise sind in beiden Sparten stabil. Als Dämpfer der positiven Marktstimmung gilt die angespannte Finanzlage. »Das Thema Kreditfinanzierung wird im kommenden Jahr wieder an Bedeutung gewinnen«, meint Wlasto. »Das wird viele Käufer bremsen und so das Transaktionsvolumen beschränken.« »Viele potenzielle Investoren befinden sich in der Warteschleife«, bestätigt Franz Pöltl, Chef des Investmentbereichs bei EHL Immobilien.

Im europäischen Vergleich kann Österreich durchaus mithalten. Nur Deutschland, Schweden und die Schweiz werden als besonders attraktiv eingeschätzt. Befragt wurden rund 550 Immobiliendienstleister, Fonds und Gesellschaften in weiteren elf europäischen Ländern. Viele stuften ihre Standorte wegen der unsicheren wirtschaftlichen Situation und der fehlenden Transaktionsmöglichkeiten als weniger positiv ein. Die Preise werden überall als stabil oder steigend prognostiziert.

Die CA Immo sieht 2012 Berlin als stärksten Wachstumsmarkt. Das niedrige Lohn- und Mietniveau, ein breiter Branchenmix und der wachsende Dienstleistungssektor machen die deutsche Hauptstadt besonders attraktiv für Betriebsansiedlungen. Für Mercedes Benz errichtet die CA Immo eine neue Vertriebszentrale. Die Fertigstellung ist für Mitte 2013 geplant, das Investitionsvolumen beträgt 70 Millionen Euro. Weitere Großprojekte sind in Frankfurt und München am Laufen. Trotz der volatilen Turbulenzen hält CA-Immo-Vorstand Bruno Ettenauer am Engagement in den osteuropäischen Ländern fest: »Qualität und Nachhaltigkeit werden sich auch in schwierigem Umfeld durchsetzen.«

>> Attraktive Topobjekte <<

Eine vorsichtig-positive Stimmungslage ortet man auch bei EHL Immobilien. Besonders der Bürobereich sorgte für beachtliche Zuwächse, insgesamt vermietete EHL im Vorjahr rund 210.000 m² Bürofläche. Neben großen Abschlüssen wie dem Verkehrsbüro (11.000 m²) im ehemaligen OMV-Gebäude in der Lassallestraße und Baxter (8.500 m²) im neuen DC-Tower entfielen die prominentesten Vermietungen auf die Wiener Innenstadt, wie etwa der Verfassungsgerichtshof in der Renngasse, Semper Constantia in der Hessgasse und die Deutsche Bank am Fleischmarkt. »Seit Jahren sind im ersten Bezirk nicht so viele attraktive Topobjekte auf den Markt gekommen wie 2011«, sagt EHL-Büromarktspezialistin Alexandra Ehrenberger. »Viele Unternehmen, die schon seit längerem neue Standorte in der Innenstadt suchen, betrachten dies als einzigartige Gelegenheit und mieten moderne Büroflächen in Toplagen.«

Für 2012 rechnet Ehrenberger aufgrund der Neuflächenproduktion mit einem ähnlichen Ergebnis. Neuzuzüge internationaler Unternehmen bleiben aber weiterhin die Ausnahme. Ältere Büroobjekte haben nur nach umfassenden Generalsanierungen realistische Chancen auf Wiedervermietung. »Green-Building-Zertifikate sind heutzutage schon fast ein unabkömmliches Muss-Kriterium«, sagt die Immobilienexpertin.

Bei den neu errichteten bzw. noch in Bau befindlichen Einkaufszentren haben sich die bescheidenen Konjunkturprognosen ebenfalls noch nicht zu Buche geschlagen. Die kürzlich eröffnete BahnhofCity Wien West startete mit hohem Vermietungsgrad. In Wien Mitte und im Shopping Resort G3 Gerasdorf, die beide 2012 fertiggestellt werden, sind bereits viele Flächen vermietet. Auch für die BahnhofCity am Hauptbahnhof – Eröffnung 2013 – konnten namhafte Großmieter gewonnen werden.

Das aufsehenerregendste Projekt ist jedoch unbestritten das »Goldene Quartier« der Signa Holding. Das Prestigeobjekt in den Tuchlauben zog eine ganze Reihe hochkarätiger Luxuslabels wie Louis Vuitton und Prada an. Insbesondere der Wiener Einzelhandelsmarkt erhofft sich davon eine Signalwirkung für das Topsegment. Für die bestehenden Einkaufszentren sowie die schwächeren Einkaufsstraßen in schlechten bis mittleren Lagen wird der Konkurrenzkampf härter.

>> Qualität entscheidet <<

Weitgehend ungetrübt sind dagegen die Aussichten für den Wohnungsmarkt. Bereits 2011 stiegen die Preise für Eigentumswohnungen auf ein neues Rekordniveau. Trotz der Spitzenwerte für Luxus-Penthäuser in der Innenstadt ist Wien »von Preisen wie in Paris oder London weiterhin meilenweit entfernt und wird es auch bleiben«, sagt Sandra Bauernfeind, Leiterin der EHL-Wohnungsabteilung. »Die Käufer zahlen zwar mehr als früher, aber sie verlangen auch entsprechende Qualität. Wer glaubt, dass man heute alles verkaufen kann, wird eine böse Überraschung erleben.« Auch Robert Anzenberger, Geschäftsführer des Bank Austria ImmobilienService, schätzt die Käufer zunehmend kritisch ein: »Die meisten Interessenten sind gut informiert und schauen ganz genau hin, bevor sie kaufen.«

Der Immobilienmakler-Verbund Re/Max rechnet 2012 mit steigenden Preisen, da die Nachfrage weiter zunimmt, das Angebot aber knapper wird. »Der Nachfrage entsprechend hätten wir in bestimmten innerstädtischen Lagen auch um 20 % mehr vermitteln können«, sagt Alois Reikersdorfer, Chef von Re/Max-Austria. Bei den Mieten erwarten die Experten heuer erneut nur einen leichten Anstieg, in etwa entsprechend der Inflationsrate. Da Wohnungseigentum als ideale Absicherung gegen die Geldentwertung gilt, werden auch 2012 die Preise für Eigentumswohnungen stärker als die Mieten steigen. Bei Wohnungen in zentraler Lage ist eine Verteuerung um 8,7 % möglich. Viele private Anleger schlichten ihr Vermögen in Zinshäuser oder Eigentumswohnungen um. Sehr vielversprechend entwickeln sich derzeit auch Lagen, die in der Vergangenheit weniger begehrt waren, etwa der 5. Bezirk – der billigste Bezirk innerhalb des Gürtels – sowie der angrenzende 12. Bezirk. Die zentrumsnahen Teile des 2. Bezirks legen ebenfalls weiter kräftig zu. Verstärkte Nachfrage gibt es auch für die Gebiete entlang des U-Bahn-Ausbaus nördlich der Donau. Wenn jemand eine Immobilie zu verkaufen habe, dann sei das Jahr 2012 ein ausgezeichneter Zeitpunkt dafür, meint Reikersdorfer. Vor allem Wochenendhäuser seien ein wenig aus der Mode gekommen, ein Preisrückgang um 2,9 Prozent wird erwartet – jetzt könnte man das langjährige hohe Preisniveau noch nützen.

Immer mehr Anleger investieren jedoch auch in »Objekte mit einem gewissen spekulativen Touch«, so Christoph Petermann, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung – etwa Wohnungen in Stadtentwicklungsgebieten rund um den neuen Hauptbahnhof oder sanierungsbedürftige Altbauten in guter Lage.

 

 

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