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Holz am Vormarsch

\"DieNoch fristet die Holzbauweise ein Nischendasein im Objektbau.

Das könnte sich bald ändern. Innovative Unternehmen bereiten die technologische Basis, die öffentliche Hand zeigt sich aufgeschlossen und liefert die Förderungen. Alleine in Wien wurden im geförderten Wohnbau bereits 26 Projekte realisiert, zwölf weitere sind in Bau bzw. in Planung. Und der nächste große Brocken steht bevor.

Im privaten Wohnbau ist die Holzbauweise längst etabliert. Anlaufschwierigkeiten gab es im Objektbau: Dort musste sich der Holzbau lange Zeit mit den üblichen Vorurteilen herum ärgern, Stichwort Brandschutz. Das dürfte sich nun langsam ändern. Zunehmend erobert der Holzbau nun auch den Objektbau. Laut einer aktuellen Studie von Kreutzer, Fischer und Partner ist für 2011 mit einem Umsatzwachstum von stolzen 30 Prozent zu rechnen. »Die Nachfrage nach Objektbauten in Holzbauweise boomt«, erklärt Studienautor Andreas Kreutzer. Der Umsatz im Objektbau wird laut Kreutzer von 212 Millionen Euro im Jahr 2008 auf erwartete 297 Millionen Euro im laufenden Jahr anwachsen. Das entspricht einer Steigerung von 40 Prozent in drei Jahren. Das Geheimnis des Erfolges ist für Kreutzer das erfolgreiche Lobbying der Holzwirtschaft. »Objektbau in Holzbauweise ist en vogue. Der Bauherr demonstriert mit einem Gebäude in Holzbauweise ökologisches Bewusstsein und Wertschätzung für eine regionale Wertschöpfung. Auch der Trend zum Passivhaus erweist sich als Verstärker«, sagt Kreutzer. Und auch in Sachen Effektivität wird dem Holzbau ein Vorsprung eingeräumt, weil es der Holzbaulobby besser als den Massivbauern gelungen ist, das Thema Vorfertigung für sich zu reklamieren. »Und reale und mentale Restriktionen aus den Bauvorschriften, etwa hinsichtlich des Brandschutzes, bekommt man zunehmend in den Griff«, sagt Kreutzer. Gleichzeitig wird der Markt sukzessive ausgeweitet. Dafür sorgen unter anderem innovative Unternehmen aus Österreich, etwa durch die steigenden realisierbaren Bauwerkshöhen.

Die Vorarlberger Rhomberg Gruppe sorgte mit ihrem LifeCycle Tower auch international für Aufsehen. Zwei Jahre lang wurde geforscht und entwickelt. Das Ergebnis ist ein Holzhochhaus mit einer theoretischen Höhe von 100 Metern und 30 Stockwerken, das durch einen hohen Vorfertigungsgrad eine um 50 % verkürzte Bauzeit verspricht. Dank einem innovativen Gesamtenergiekonzept mit Photovoltaikfassade und neuen Speichertechnologien für thermische und elektrische Energie wird der LifeCycle Tower zum Plus-Energie-Haus und kann sich selbst und auch seine Nachbarn mit Energie versorgen. Der erste LifeCycle Tower wird derzeit in Dornbin realisiert. Der LCT One wird 27 Meter hoch sein und soll im Juni 2012 fertig sein. »Das in Passivhaus-Technologie konzipierte Hochhaus ist als Arbeitssitz und Plattform für Firmen gedacht, die auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz Maßstäbe setzen«, erklärt Projektleiter Michael Zangerl die Nutzungspläne des Vorzeigeprojekts. Namhafte Unternehmen aus dem Ländle haben bereits Interesse bekundet, ihren Firmensitz in den LCT One zu verlegen. Noch fehlen die Unterschriften unter den Mietverträgen, aber dem Vernehmen nach sind sechs der acht Stockwerke so gut wie vergeben.

Ein weiterer Pionier im Holz-Objektbau ist das Kärntner Unternehmen Griffner. Im August 2011 fand die Schlüsselübergabe für das ökologische Vorzeigewohnprojekt »Griffen Green« statt. Auf einem 3.200 m² großen Grundstück wurden gemeinsam mit dem österreichischen Siedlungswerk zwei Wohngebäude mit insgesamt 18 Wohnungen realisiert. Aus natürlichen Baumaterialien errichtet, entspricht das Projekt sowohl der neuen EU-Gebäuderichtlinie als auch den Kriterien des geförderten Wohnbaus in Kärnten. Die Wände sind aus Holz, Zellulose und Kork errichtet, erfüllen dennoch sämtliche Anforderungen im Hinblick auf die thermische Hülle, die Bauphysik, die Energieeffizienz und den Schallschutz und erreichen einen U-Wert von 0,12 W/m²K. Auf einem der Dächer arbeitet eine 82 m² große Solaranlage kombiniert mit einer Photovoltaikanlage mit 5,52 kWp, die beide Gebäude mit Strom, Warmwasser und Wärme versorgt.

In der Gesamtbetrachtung bleibt die Holzbauweise im Objektbau trotz vereinzelter Leuchtturmprojekte aber nach wie vor ein Nischenmarkt. Der Anteil aller realisierten Objekte liegt derzeit bei rund 7 bis 8 %, sagt Marktforscher Andreas Kreutzer. Wertmäßig liegt der Anteil sogar nur bei rund 3 %. Das kann sich nur dann ändern, wenn über kurz oder lang der frei finanzierte und vor allem geförderte mehrgeschoßige Wohnbau vom Holz erobert wird. Nach dem geförderten Projekt in Kärnten will Griffner-Chef Thomas Lenzinger jetzt auch in Wien durchstarten. Anlass zur Hoffnung gibt unter anderem das rot-grüne Regierungsübereinkommen. Dort heißt es auf Seite 74, dass »der Einsatz des ökologischen Baustoffs Holz […] in Zukunft für einen verbesserten Klimaschutz und niedrige Heizkosten für die MieterInnen sorgen soll«.

Holz in Wien

Die Stadt Wien machte es durch eine Novelle der Bauordnung im Jahr 2001 möglich, Wohnbauten mit bis zu vier Geschoßen in reiner Holzbauweise zu errichten. Mit der Techniknovelle von 2007 sind sogar bis zu sieben Geschoße möglich. Im Rahmen des 2004 gestarteten Bauträgerwettbewerbs »Holz- und Holzmischbauweise« wurden die ersten drei Projekte realisiert, darunter in Wien-Floridsdorf auch das nach wie vor größte Wohnprojekt in Holzmischbauweise Europas.

Bis heute wurden in Wien 26 Projekte mit 1.665 Wohneinheiten realisiert. Die Gesamtbaukosten betragen 214,7 Millionen Euro, davon kommen 78,6 Millionen Euro aus der Wohnbauförderung. Zwölf Projekte mit 950 Wohneinheiten sind derzeit in Bau bzw. Planung. Der Gesamtaufwand liegt bei 148,2 Millionen Euro, davon 67,4 Millionen Euro gefördert. Von den 38 Projekten werden 18 Projekte in reiner Holzbauweise errichtet, 20 in Holzmischbauweise.

Spätestens mit dem Baubeginn der Seestadt Aspern werden weitere Holzbauprojekte folgen. Zwar ist der erste Bauträgerwettbewerb noch nicht ausgeschrieben, fest steht aber, dass es auch eine Konkurrenz der Baustoffe geben soll. »Darunter werden auch Wohnhäuser in Holz- und Holzmischbauweise sein«, ist aus dem Büro von Wohnbaustadtrat Michael zu hören.

 

>> Die Vorteile von Holz:

Holz bietet gegenüber anderen Baustoffen zahlreiche Vorteile: Das hohe Maß an Vorfertigung ermöglicht kurze Bauzeiten, geringere Baukosten und weitgehend trockene und saubere Baustellen. So konnte beispielsweise das höchste Holz-Wohngebäude der Welt in London in nur einem Monat errichtet werden. In Berlin wurde innerhalb von nur acht Wochen ein Holzwohnbau mit sieben Geschoßen gebaut. Zudem bieten Gebäude aus Holz ein hervorragendes Raumklima und hohen Wohnkomfort. Last but not least zeichnet den CO2-neutralen Rohstoff Holz eine verbesserte Öko-Bilanz aus. Bei der Herstellung von Holzwerkstoffen werden zusätzlich CO2-Emissionen eingespart, weil weniger Energie benötigt wird als für andere Materialien. Lange Transportwege entfallen, denn österreichisches Holz wächst »vor der Tür«. Nach dem Ende seiner Produktlebensdauer kann Holz umweltfreundlich energetisch verwertet werden. Und dort, wo Holz gegenüber Ziegel und Beton traditionell im Nachteil war, wurde aufgeholt: So erreicht Holz heute im Brandfall schon die gleichen Widerstandsklassen wie nicht brennbare Baustoffe.

 

>> Zahlen & Fakten:

Umsatzentwicklung Objektbau in Holzbauweise in Österreich | projektiertes Objektvolumen

Umsatz in Mio. €                    2008      2009     2010    2011e

Objektbau in Holzbauweise       212       222       227        297

Quelle: BRANCHENRADAR® Objektbau in Holzbauweise in Österreich 2011; Kreutzer Fischer & Partner

 

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