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Vorsichtiger Optimismus

unbürokratische Überbrückungskredite verspricht Brigitte Jank, Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer.Unter den heimischen Klein- und Mittelbetrieben herrscht Aufbruchsstimmung. War man die letzten beiden Jahre vorwiegend mit Krisenmanagement beschäftigt, denken viele Unternehmen nun erstmals wieder an Investitionen und neue Projekte. Die finanziellen Mittel dafür sind jedoch meist knapp – umso gefragter sind Förderungen und die Unterstützung der Banken.

Von Angela Heissenberger

Kleine Betriebe stärken

Unter dem Titel »Wiener Kleinkreditaktion« hat die Stadt Wien gemeinsam mit den größten österreichischen Bankinstituten auf Initiative der Wirtschaftskammer Wien (WKW) ein Maßnahmenpaket entwickelt, das Wiener KMU stärken soll. Insgesamt 19 Millionen Euro stehen den Betrieben für Investitionen und Betriebsmittel zur Verfügung. Die Kleinkredite mit einem Volumen von bis zu 10.000 Euro werden unbürokratisch vergeben. Für WKW-Präsidentin Brigitte Jank liegt der Vorteil in der raschen Abwicklung: »Wer rasch hilft, hilft doppelt. Gerade in schwierigen Zeiten sind unbürokratische Überbrückungskredite existenzsichernd. Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen ist die wirtschaftliche Lage nach wie vor angespannt.« Die Bearbeitung erfolgt binnen sieben Tagen bis maximal fünf Wochen. Die fünf größten Banken – Bawag PSK, Erste Bank, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, UniCredit Bank Austria und Volksbanken – bieten diese Kreditmöglichkeiten mit einem Fixzinssatz von drei Prozent seit 1. Juni an. Die Rückzahlung muss innerhalb von vier Jahren erfolgen, wobei das erste Jahr tilgungsfrei gestellt werden kann.

Zusätzlich übernimmt die Wiener Kreditbürgschaftsgesellschaft bei fehlenden oder nicht ausreichenden Sicherheiten die Haftung gegenüber der Bank. Schwächeren Unternehmen wird damit der Zugang zu Krediten ermöglicht. Beratungen bieten parallel dazu das Förderreferat der Wirtschaftskammer sowie die Mingo Services der Stadt Wien, einem Angebot der Wirtschaftsagentur Wien.

Speziell für die Dienstleistungsbranche vergibt die Wirtschafts­agentur Wien zwei Millionen Euro an Förderungen für Beratungsleistungen, Personal- und Schulungskosten sowie aktivierbare Investitionen. Noch bis 30. September können Dienstleistungsbetriebe der Bundeshauptstadt – vom Installateur bis zu Grafikbüros – Anträge stellen. Die Höchstförderung liegt bei 50 Prozent der Investitionskosten und ist mit 100.000 Euro gedeckelt. Rund 85 Prozent der Beschäftigten in Wien, das sind mehr als 790.000 Menschen, arbeiten im Dienstleistungssektor und »tragen mehr als 80 Prozent der städtischen Wirtschaftsleistung«, so Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur.

Nationale und EU-FÖRDERUNGEN empfiehlt Robert Kovar , Leiter Geschäftskunden in der Bawag PSK.Ungenutzte Geldtöpfe

Die Resonanz ist durchwegs groß. Im Rahmen einer Kreditoffensive für Gewerbe- und Geschäftskunden, gestartet von der Bank Austria, stieg das Volumen geförderter Kredite im ersten Halbjahr 2010 um knapp ein Drittel auf 137 Millionen Euro (2009: 109 Mio. Euro). Die Zahl der Antragsteller verdoppelte sich im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009. Im Juni 2010 konnte das Volumen geförderter KMU-Kredite mit 25 Millionen Euro gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres (16 Mio. Euro) noch einmal deutlich gesteigert werden.

Der Großteil entfällt auf Förderungen des austria wirtschaftsservice (aws). Vor allem die Fördertöpfe der Europäischen Zentralbank und des erp-Fonds sind derzeit noch gut gefüllt. Günstige Konditionen gibt es auch für Projekte im Bereich Forschung & Entwicklung, für Expansion ins Ausland sowie für das Exportgeschäft. Viele Fördermittel bleiben ungenutzt, weil Unternehmer ihre Aktivitäten selbst als nicht förderungswürdig einschätzen oder den administrativen Aufwand scheuen. Der Begriff »Förderdschungel« hat angesichts der vielen unterschiedlichen Angebote durchaus seine Berechtigung.

Die Bankinstitute unterstützen interessierte Unternehmer durch individuelle Beratung über die verschiedenen Fördermöglichkeiten sowie bei der Antragstellung und Abwicklung. Die Erste Bank bietet einen Online-Förderungscheck an, bei dem vor einem individuellen Beratungsgespräch bereits etwaige Möglichkeiten abgeklärt werden können. Ein aktueller Förderungschart listet außerdem die beliebtesten Fördermaßnahmen auf. Die Bank Austria führt dazu eigene Informationstage in den einzelnen Bundesländern durch.

Auch die Bawag PSK berät in zwölf eigens eingerichteten Geschäftskunden-Centern Kleinunternehmer mit einem Jahresumsatz bis zu einer Million Euro. Die Branchenschwerpunkte Handel, Dienstleistungen, Gewerbe und Freie Berufe variieren je nach Bundesland. In Oberösterreich werden etwa verstärkt Landwirte angesprochen. Welche Finanzierungsvariante die geeignetste ist, wird von Fall zu Fall entschieden: Auf Wiener Betriebe warten mit der Wiener Kleinkreditaktion sehr günstige Konditionen, für Projekte bis 100.000 Euro bieten sich österreichweit erp-Kredite an. Für Investitionsvorhaben mittlerer Betriebe empfiehlt Robert Kovar, Leiter der Abteilung Geschäftskunden & Freie Berufe in der Bawag PSK, auf Förderungen von der Europäischen Investitionsbank zurückzugreifen – 100 Millionen Euro stehen heuer zur Verfügung. »Diese Mittel können auch mit regionalen, nationalen und EU-Förderungen kombiniert werden«, sagt Kovar.

Gut vorbereitet

Entscheidend ist der richtige Mix aus Förderung und Finanzierung. »Den einen Kredit, der für alle Unternehmen passt, gibt es nicht. Manchmal kann es zum Beispiel sinnvoll sein, anstatt eines Einmalkredits eine flexiblere Leasingvariante zu wählen – etwa bei Kfz, Mobilien oder auch Immobilien«, sagt Heimo Penker, Generaldirektor der BKS Bank. Eine »Kreditklemme« gab es seiner Einschätzung nach nie: »Unser Kreditvolumen ist auch im vergangenen Krisenjahr immer gewachsen. Allerdings haben wir gespürt, dass gerade Klein- und Mittelbetriebe Investitionen aufgeschoben haben. Viele davon agieren weiterhin zurückhaltend und überlegen genau, welche Projekte noch etwas warten können.«
Die Raiffeisen Banken empfehlen eine genaue Vorbereitung, um die Finanzierung möglichst rasch abwickeln zu können. Neben dem Konzept und einem Kostenvoranschlag für die geplanten Investitionen sind in der Regel ein Businessplan, Gesellschaftsvertrag, Gewerbeschein, Firmenbuchauszug, Finanzamts- und Gebietskrankenkassenauszug, aktueller Kontostand, Verbindlichkeiten sowie die letzte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Dann heißt es: Durchstarten!.

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