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Die große Umfrage: Hypo Alpe Adria

Hypo Alpe Adria-Zentrale in Klagenfurt. Bild: Wikipedia Hypo Alpe Adria-Zentrale in Klagenfurt. Bild: Wikipedia

Weisenrat, Taskforce oder Untersuchungsausschuss, Bad Bank oder Insolvenzverfahren, 17 Milliarden Euro Schaden oder doch nur vier? Wer trägt die Kosten? Und wer hat versagt – die Banken, die Politiker, die Aufsichtsbehörden? Die Diskussion über die Schuldfrage dreht sich ebenso im Kreis wie mögliche Lösungsszenarien. Report(+)PLUS   hat renommierte ExpertInnen um ihre Einschätzung gebeten.


1. Wer ist Ihrer Meinung nach für das Milliardendebakel der Hypo Alpe Adria (HAA) verantwortlich?

"Ursache ist das föderalistische System, das Ländern beliebige Haftungsübernahmen erlaubte. Bankenhaftungen wurden von der EU schließlich (aus Wettbewerbsgründen) untersagt, 50 Milliarden Euro sind aber noch übrig. Auch die anderen Haftungen wurden eingeschränkt. In dieser Zeit bediente sich Landeshauptmann Haider und benutzte die HAA als Einnahmequelle und zur Finanzierung von Prestige­projekten. Trotz mehrfacher Warnungen ausländischer Finanzbehörden gab es kein nachhaltiges Einschreiten der FMA/ÖNB. Das Wirken Jörg Haiders wäre in Ländern wie der Schweiz oder den USA in diesem Ausmaß undenkbar."
Eva Pichler, Professorin am Institut für Volkswirtschaftspolitik und Industrieökonomik an der Wirtschaftsuniversität Wien

"Das Milliardendebakel der Hypo Alpe Adria hat sich Schritt um Schritt aufgebaut. Am Beginn war es sicher das Land Kärnten mit den Haftungsübernahmen plus die Sehnsucht von Jörg Haider, an der Wirklichkeit vorüber Investitionen vorzunehmen und ein »regional player« im Wege einer Bank in Südosteuropa zu werden. Später war es das Defizit an Entscheidungskraft, sicher auch die mangelnde Überprüfung seitens der Bayern für das, was sie übernommen haben, sowie auch die Entscheidungsgrundlagen bei der Notverstaatlichung. Alles in allem muss man sagen: Es waren die Haftungen und die Verschleppung von Entscheidungen!"
Erhard Busek, Vorsitzender des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa

"Das Milliardendebakel der Hypo-Alpe-Adria-Bank ist auf ein Zusammenspiel zweier Komponenten zurückzuführen: Vorstände, die auf Wachstum um jeden Preis ohne Betrachtung des Risikos gesetzt haben, und Politiker, die die Folgen dessen durch Unkenntnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen durchsetzt mit Machtgelüsten nicht überblicken konnten. Ohne die mehr oder minder einfach durchgewinkten Haftungsübernahmen des Landes Kärnten wäre eine derartige Fehlentwicklung niemals möglich gewesen. Auch nach der Verstaatlichung hätte die Politik rascher klarere Schritte setzen müssen, wie dies beispielsweise derzeit in Slowenien vorgelebt wird."
Herta Stockbauer, Vorstandsdirektorin der BKS Bank


2. Halten Sie einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für sinnvoll?

"Zentral ist das Ziehen von Konsequenzen: Die Hoheit über Einnahmen und Ausgaben muss im föderalen System zusammengeführt werden. Sonst sind permanente Reibungsverluste – wenn auch nicht von der Größenordnung der HAA – weiter programmiert. Eine gegenseitige Schuldzuweisung im Ausschuss lenkt von Wichtigerem ab, beinhaltet andererseits die Chance der Aufarbeitung von Fehlern."
Eva Pichler

"Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss halte ich vor allem für politisch sinnvoll. Er wird zwar keine neuen Erkenntnisse bringen, zeigt aber die Verantwortlichkeit des Parlaments. Ein Weisenrat ist mit Sicherheit keine Lösung. Natürlich ist es auch eine Versuchung für Populismus, aber ganz an den Parlamentariern vorüber kann die Angelegenheit nicht gehen."
Erhard Busek

"Nein, in diesem Fall halte ich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für überflüssig. Hier würde nur öffentlichkeitswirksam diskutiert werden, was ohnehin schon bekannt ist, und wenig dabei herauskommen. Für straf- und zivilrechtliche Verfehlungen haben wir ein entsprechendes Gerichtssystem, das ja mit der Aufarbeitung der Vorfälle rund um die Hypo-Alpe-Adria-Bank bereits begonnen hat. Dieser Weg sollte unbedingt fortgesetzt werden."
Herta Stockbauer


3. Wäre eine Insolvenz der Bank eine gute Lösung gewesen?

"Ja. Eine Insolvenz entspricht dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren. Sogar für Großbanken konnte sich die EU auf ein Insolvenzverfahren einigen, welches die Gläuber (in definierten Grenzen) am Verlust beteiligt. Die HAA ist nicht einmal systemrelevant. Die Insolvenz lädt die Risiken bzw. Verluste jenen Personen auf, welche das Risiko bewusst übernahmen (Hedgefonds, Großbanken etc.). Haftung und Entscheidung fallen zusammen. Jede andere Lösung ist erstens unfair, da Personen für Fehler anderer zahlen, die sie nicht verursacht haben. Schlimmer noch untergräbt das jedes Verantwortungsbewusstsein der Entscheidenden: Wenn man sich ex ante auf eine Staatshaftung einstellen kann, steigt die Risikobereitschaft, denn man verdient an den Gewinnen und kann Verluste auf die Steuerzahler abwälzen. Eine wirksame Kontrolle gegen dieses Verhalten kommt praktisch immer zu spät. Die Anstaltslösung ist auch aus diesem Grund die schlechteste Lösung."
Eva Pichler

"Es gibt keine guten Lösungen! Es ist nur der Unterschied, wer bei welcher Lösung etwas zahlt. Persönlich würde ich dazu neigen, doch auch eine Insolvenz in Betracht zu ziehen."
Erhard Busek

"Wichtig ist, dass es mit der Schaffung der Bad Bank endlich ein endgültiges Szenario zur Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria-Bank gibt. Denn die dauernden Diskussionen rund um die optimale Abwicklungsform haben dem Ruf Öster­reichs als Finanzplatz sicher geschadet."
Herta Stockbauer

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