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Die Angst des Managers vor der Innovation

Die meisten Manager sind „Zahlenmenschen“. Sie sehen es gar nicht gerne, wenn sich etwas nicht vorhersagen oder berechnen lässt. Und weil bei Innovationen genau das der Fall ist, haben viele Manager Angst vor ihnen, ist Change-Management Experte Georg Kraus überzeugt.

Report(+)PLUS: Sie behaupten, viele Unternehmensführer hätten, Angst vor Innovation. Wie kommen Sie darauf?
Georg Kraus: Aufgrund meines tagtäglichen Umgangs mit Unternehmensführern. Hierbei stelle ich immer wieder fest: Viele schrecken vor Innovationen zurück.

Report(+)PLUS: Sollte es nicht eine Kernaufgabe von Managern sein, mit neuen Produkten und Dienstleistungen auch den Erfolg für die Zukunft zu sichern?
Kraus: Manager leben stets im Widerspruch: Einerseits müssen sie das Tagesgeschäft meistern, andererseits die Zukunft des Unternehmens sicherstellen. Das operative Tagesgeschäft erfordert von ihnen ein hohes Maß an Pragmatismus und Bodenständigkeit – sonst gefährden sie das Unternehmen. Das führt dazu, dass im Auswahlprozess auf dem Weg nach oben zumeist die pragmatischen Macher übrig bleiben, die Innovationen primär als Business-Cases betrachten und erst dann angehen, wenn klar ist: Das rechnet sich.

Report(+)PLUS: Ist denn das so falsch?
Kraus: Ja. Denn wenn man eine Innovation „rechnen“ kann, dann ist diese keine Innovation mehr, sondern Realität. Innovationen sind etwas Schöpferisches. Es geht darum, etwas Neues zu erschaffen. Deshalb lässt sich das, was aus diesem Prozess heraus kommt, nur bedingt vorher sagen.

Report(+)PLUS: Ist das die Ursache der Angst vor Innovationen?
Kraus: Ja, wenn sie keine Rechengrundlage haben, tun sich viele Manager mit dem Entscheiden schwer. Denn dann begeben sie sich auf unbekanntes Terrain und müssen Menschen Ressourcen zur Verfügung stellen rein in der Hoffnung, dass diese etwas „daraus machen“. Gerade Manager von Unternehmen, deren Business-Modell bisher sehr erfolgreich war, erliegen leicht der Versuchung, dieses einfach fortzuschreiben, so als sei dieses ewig tragfähig. Denn die Parameter dieses Modells sind bekannt, es ist rechenbar und planbar. Dabei sollten sich Unternehmensführer häufiger auch auf unplanbare, schöpferische Projekte einlassen. Selbst wenn es sie viel Überwindung kostet.

Report(+)PLUS: Ist die Überwindung wirklich so hoch?
Kraus: Ja. Wir schlagen Unternehmen zum Beispiel immer wieder so genannte Quantensprung-Workshops vor, in denen Experten aus verschiedenen Disziplinen gemeinsam Ideen für Innovationen kreieren. Wenn wir mit Unternehmensführern hierüber sprechen, lautet ihre erste Frage meist: „Können Sie uns garantieren, dass etwas Umsetzbares dabei herauskommt?“. Und die zweite Frage: „Und wer trägt die Kosten, wenn am Schluss keine zukunftsfähige Idee steht?“ Wenn wir dann erwidern, dass die Suche nach Innovationen stets ein ergebnisoffener Prozess ist, für den es keine Erfolgsgarantie gibt, reagieren die meisten Manager skeptisch.

Report(+)PLUS: Was raten Sie ihnen?
Kraus: Unternehmensführer sollten für die Suche nach Innovationen auch ein Budget mit dem Titel „Noch keine Ahnung, was dabei herauskommt“ bereitstellen. Denn wer Quantensprünge erzielen möchte, muss ganz neue, ungewohnte Wege sowie Denkwege beschreiten. Das erfordert auch ein Umdenken bei den Unternehmensführern.

Report(+)PLUS: Inwiefern?
Kraus: Die Unternehmensführer müssen sich noch stärker bewusst machen, dass eine ihrer Kernaufgaben lautet, heute dafür zu sorgen, dass ihr Unternehmen auch in fünf oder gar zehn Jahren noch stabil im Markt steht. Also sollten sie sich für diese Aufgabe mehr Zeit nehmen.

Report(+)PLUS: Aber alleine können Unternehmensführer ihre Unternehmen auch nicht in Richtung Zukunft führen. Sie brauchen Mitstreiter.
Kraus: Ja. Deshalb sollten sie ihre Mitarbeiter immer wieder in eine kreative Unruhe versetzen.

Report(+)PLUS: Und wie versetzt man Mitarbeiter in diese kreative Unruhe?
Kraus: Zum Beispiel, indem sie für diese erlebbar machen, was in den Märkten „abgeht“ – unter anderem aufgrund der Dynamik, die die Schwellenländer entfalten. Denn Menschen ruhen sich gerne auf Erfolgen aus. Deshalb müssen sie immer wieder in eine kreative Unruhe versetzt werden. Wichtig ist es auch, innovative Mitarbeiter zu ermutigen – selbst wenn ihre Initiativen eher magere Erfolge zeigen. Die Mitarbeiter sollten spüren, dass sie von ihren Vorgesetzten unterstützt werden, wenn sie neue Wege zum Erfolg suchen.

Report(+)PLUS: Gilt das besonders für die Nachwuchskräfte?
Kraus: Ja, denn sie prägen die Kultur von morgen. Mich erschreckt oft, wie obrigkeitsbezogen und konsenskonform das Denken und Verhalten vieler High-Potentials ist; des Weiteren, wie schnell sich Nachwuchskräfte, die das Potential zum Querdenken haben, meist dem Firmengeist unterwerfen. An diesem Punkt sollten die Unternehmen einmal ihre Personalauswahl überdenken. Sie sollten zudem erwägen, in ihrer Organisation Kreativ-Inseln zu schaffen, in denen sich High-Potentials als Unternehmer betätigen können. Kleine Start-Ups generieren manchmal großartige Ideen und Business-Modelle.

Report(+)PLUS: Was könnten weitere Maßnahmen zur Förderung von Innovation sein?
Kraus: Zum Beispiel das Betriebliche Vorschlagswesen einzustampfen und stattdessen ein „Unternehmer-Budget“ zu installieren, das Mitarbeitern unbürokratisch die erforderlichen Mittel zum Ausarbeiten und Umsetzen neuer Ideen zur Verfügung stellt. Möglichkeiten, die Innovationskraft von Unternehmen zu erhöhen, gibt es viele, entscheidend ist der Wille, einen solchen Spirit in der Organisation zu schaffen. Denn eines ist klar: Das Top-Management allein kann nicht alle zukunftsweisenden Ideen generieren. Also muss es sich mit Menschen umgeben, die die nötigen Trendscoutfähigkeiten haben, um Marktentwicklungen und Technologiesprünge zu antizipieren.


Zur Person:
Dr. Georg Kraus ist Inhaber der Changemanagement-Beratung Dr. Kraus & Partner mit Sitz in Bruchsal, Baden Württemberg.

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