Friday, September 19, 2025

Mehrwert für Manager

Ticker

Gefangen in der Wachstumsfalle, Teil 1

Die Wachstumsfalle: Oft ist im Kontext von Wirtschaft auch gleichzeitig von Wachstum die Rede. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein Unternehmen zwangsläufig wachsen müsse, um die entstandenen Produktivitätsgewinne gewinnbringend einzusetzen und um “Ressourcen”, in den meisten Fällen ist damit Personal gemeint, zu halten. Käme es nicht zu dem erwarteten Wachstum, so müsse man sich zwangsläufig von Mitarbeitern trennen, um die Existenz eines Unternehmens nicht zu gefährden.

Warum ist diese Annahme gefährlich? Warum sägen Unternehmen damit sogar am eigenen Ast? Erfahren Sie mehr in der mehrteiligen Reihe „Gefangen in der Wachstumsfalle“.

Welche Annahmen werden zugrunde gelegt?

Der Begriff Wachstum tritt in der Unternehmenswelt in verschiedenen Ausprägungen zu Tage. Beispielsweise werden Umsatz- oder Gewinnziele formuliert oder Produktivitäts- bzw. Effizienzsteigerungen werden anvisiert. In meiner Berufslaufbahn ist es mir schon öfters untergekommen, dass Produktivitätssteigerungen im kleinen einstelligen Prozentbereich als völlig unzureichend galten. Die Manager der Vorstandsetagen messen sich gegenseitig nicht nur an der Höhe ihres persönlichen Gehalts und der Größe ihres Dienstwagens, sondern auch an den erzielten Produktivitätssteigerungen.

Durch die Annahme eines gewissen Wachstums werden Investitionsentscheidungen gerechtfertigt und getätigt. Die Fixkostenstrukturen folgen diesen Annahmen. Tritt das erwartete Wachstum nicht ein, fallen die Fixkosten dennoch an und es kann zu zwei grundsätzlichen Szenarien führen:

  • Die anfallenden Fixkosten sind in einem Rahmen, der dem betroffenen Unternehmen nicht weh tut. Es wird lediglich ein möglicher Gewinn reduziert oder im schlimmsten Fall fällt dieser weg. Das Unternehmen bleibt an sich stabil und ist nicht gefährdet. In diesem Fall werden häufig versprochene Boni für die Mitarbeiter gestrichen, während Boni für das Top-Management bestenfalls reduziert werden.

  • Die angefallenen Fixkosten übersteigen eine bestimmte Höhe. Das betroffene Unternehmen gerät in Zahlungsschwierigkeiten und es kommt zu Entlassungen.

In beiden Fällen werden der Markt und das Verhalten der Kunden für das Ausbleiben des Wachstums und die daraus resultierenden Konsequenzen verantwortlich gemacht. Doch was bringt das? Ist es wirklich so wichtig, immer nur zu wachsen?

Wachstum: Ein fatales Dogma

Die Natur kennt ein immerwährendes Wachstum
nur in einer einzigen Lebensform. Diese Lebensform vernichtet jedoch den Organismus, von dem sie lebt. Ein Krebsgeschwür wächst immer weiter und weiter, bis der Körper, von dem er lebt, nicht mehr lebensfähig ist. In der Folge tötet kontinuierliches Wachstum, es ist extrem ungesund. Genauso verhält es sich auch in der Wirtschaft. Unternehmen, die ständig auf Wachstum ausgerichtet sind, tun alles dazu, sich selbst zu vernichten. Dies ist vielleicht nicht unmittelbar eindeutig, wird aber klarer, wenn man die langfristigen Konsequenzen beleuchtet.

  • Wohin soll ein Unternehmen dauerhaft wachsen? Die Menge an Kunden und an Ressourcen ist immer begrenzt, kann niemals unendlich sein.

  • Konkurrenz belebt das Geschäft. In der Tat ist es nicht nur für Kunden, auch für Unternehmen, gut, Wettbewerb zu haben. So kann man voneinander lernen und kontinuierlich besser werden. Meiner Einschätzung nach gehört zum Unternehmertum unter anderem auch der Respekt den Wettbewerbern gegenüber. Dieser ist aber nicht mehr gegeben, wenn man aufgrund des eigenen Wachstumswahns in einen Verdrängungswettbewerb geht, der auch zum Verdrängungskrieg werden kann. Das hat dann nichts mehr mit wirtschaftlichem Handeln, sondern mit Gier zu tun.

  • Man wird blind für Verbesserungen. Ein Unternehmen, dass immer nur auf Effizienz schaut, wird nicht mehr Zeit und Aufwand investieren, um neue Dinge auszuprobieren. Denn Ausprobieren und Lernen sind zunächst sehr ineffizient, aber dennoch sehr effektiv. Wenn man durch Wachstumsdenken effektivitätsblind wird, ist man nicht mehr in der Lage, Möglichkeiten der kontinuierlichen Verbesserung zu erkennen.

An diesen Punkten sieht man deutlich, dass die Gesetzmäßigkeit, die auf natürliche Organismen zutrifft, auch für Unternehmen gilt.

Nicht erwähnt wurden bisher die sozialen Folgen eines einseitig auf Wachstum ausgerichteten Handelns. Wenn Menschen lediglich auf “Ressourcen” reduziert werden und aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen ihre Existenzgrundlage verlieren, besteht eine große Gefahr sozialer Spannungen, wie man sie aktuell in vielen Ländern der Welt, auch in Europa, beobachten kann. Durch die immer größer werdende Spreizung zwischen “arm” und “reich” fühlen sich viele Menschen abgehängt, was sich unter anderem am Wählerzulauf zu fragwürdigen und extremistischen Parteien und Kandidaten zeigt.

Erfahren Sie im zweiten Teil der Serie „Gefangen in der Wachstumsfalle“, was Unternehmen tun können beziehungsweise sogar müssen, um in Zukunft erfolgreich zu sein.

×
Stay Informed

When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.

Machen Sie auf Ihre Arbeit aufmerksam!
US-BIP – nur in der Schlagzeile gut

By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://www.report.at/

Firmen | News

Nagarro
15 September 2025
Firmen | News
In der digitalen Transformation galten bisher drei Hauptfaktoren: Kosten, Qualität und Geschwindigkeit. Diese Parameter haben darüber bestimmt, wie Unternehmen planen, entwickeln und betreiben. Doch die Realität hat sich verändert. In einer Welt, die...
Firmen | News
12 September 2025
Firmen | News
Vom 15. bis 19. September 2025 wird sich die Welt der Getränke- und Liquid-Food-Industrie wieder in München treffen. Rund 1.100 Aussteller werden in elf Hallen auf dem Messegelände in München topaktuelle Lösungen und Zukunftstechnologien präsentieren...
AWS (Amazon Web Services)
11 September 2025
Firmen | News
KI- und Cloud-Lösungen von Amazon Web Services (AWS) ermöglichen es, Deep-Learning-Algorithmen zu entwickeln, zu trainieren und bereitzustellen, die Medizin und Forschung helfen, das individuelle klinische Profil und den Krankheitsverlauf von Parkins...

Neue Blog Beiträge

03 September 2025
Architektur, Bauen & Wohnen
Markus Stumvoll ist Geschäftsführer der Rohrdorfer Baustoffe Austria GmbH und Vorstandsvorsitzender des Güteverbands Transportbeton. Fotocredit: Rohrdorfer. Die Einstufung der gängigsten österreichischen Betonsorten in CO₂-Klassen macht die Emissione...
31 July 2025
Architektur, Bauen & Wohnen
Die Sonne ist eine wichtige Energie- und Kraftquelle. Für viele auf der Baustelle aber auch eine Belastungsprobe. Wer bei über 30 Grad im Freien arbeitet, weiß: Hitze ist ein reales Gesundheitsrisiko. Umso wichtiger war es, hier endlich gesetzliche G...
25 July 2025
Architektur, Bauen & Wohnen
Der Begriff Lock-in-Effekt kommt eigentlich aus der Wirtschaft und beschreibt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Kunden und Anbietern, bei dem ein Wechsel zu einem Konkurrenten aufgrund hoher Kosten oder anderer Barrieren wirtschaftlich unattraktiv...