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Vertraut, und doch anders
Südtirol ist vor allem für seine traumhafte Landschaft und den boomenden Tourismus bekannt. Neben diesem wichtigen Wirtschaftszweig sollen aber auch andere Standbeine gestärkt werden. Darunter auch der Holzbau, der in Südtirol seit jeher eine wichtige Rolle spielt. Der Bau & Immobilien Report hat sich vor Ort angesehen, wie gut das gelingt und wie sich der Holzbau in Südtirol und Österreich unterscheiden.
Die Holzbranche gehört neben dem Tourismus zu den wichtigsten Stärkefeldern Südtirols. Rund 50 % der Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Die Wald- und Holzwirtschaft bietet rund 19.000 Personen ein Einkommen. Die gesamte Branche entlang der Wertschöpfungskette Wald- und Holzwirtschaft trägt mit 1,7 Milliarden Euro Produktionsleistung zu 6,8 % zum Bruttoinlandsprodukt von Südtirol bei. Erklärtes Ziel der Region ist es, den Holzbau weiter zu stärken und Innovationen voranzutreiben. Der Bau & Immobilien Report hat sich vor Ort selbst ein Bild gemacht und mehrere Referenzprojekte und Unternehmen besucht.
Einer der spektakulärsten Belege der Südtiroler Holzbaukunst ist die Berghütte Oberholz. Auf 2096 Meter thront sie über dem Ski- und Wandergebiet Obereggen am Fuße des imposanten Latemar-Massivs. Wobei der Begriff »Hütte« dem Bau nicht wirklich gerecht wird. Wie ein umgestürzter Baum mit drei Verästelungen schmiegt er sich in die Landschaft, ist gleichermaßen dezent und markant. Im hinteren Teil unterirdisch verlaufend, mündet das Bauwerk schließlich in drei auskragende Stuben mit geschosshohen Fensterfronten. In einer dieser Stuben trifft der Bau & Immobilien Report einen der Architekten der Berghütte Oberholz, Pavol Mikolajcak, Bauherr Benjamin Kirchmaier, Geschäftsführer der Obereggen Latemar AG, und Walter Capovilla, Geschäftsführer der ausführenden LignoAlp – Damiani-Holz&Ko AG.
Viele Gründe sprechen für Holz
Dass die Berghütte Oberholz einmal als Referenz für den Südtiroler Holzbau gelten sollte, war ihr nicht in die Wiege gelegt. »Der Baustoff Holz war in der Ausschreibung nicht zwingend vorgegeben«, erzählt Kirchmaier. Es wurden auch Projekte abgegeben, die andere Baustoffe in den Mittelpunkt rückten. Dass die Wahl letztlich auf einen Entwurf aus Holz fiel, hat neben ökologischen Überlegungen auch kulturelle Gründe. »Hier in dieser Gegend und in diesem Tal hat die Holzwirtschaft immer schon eine zentrale Rolle gespielt«, so der Bauherr. Kulturelle Überlegungen haben auch den Architekten angetrieben. »Berghütten sind historisch betrachtet meist Holz- oder Holz-Hybrid-Bauten. Es gibt eine gewisse Erwartungshaltung, der wir gerecht werden wollten«, sagt Mikolajcak, der die Hütte gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Pichler entworfen hat.
Wobei auch die Berghütte Oberholz streng genommen ein Holz-Hybrid-Bau ist. Das Gebäude kombiniert Stahlbeton mit einer vorgefertigten Holzkonstruktion aus Rippenträgern, die mit dazwischenliegenden Paneelen ausgestattet ist. Diese holzverkleideten Elemente wurden an der hangseitigen Stahlbetonwand sowie an den räumlich gekrümmten Stahlträgern in den Dachkehlen befestigt. Im Außenbereich haben sich die Architekten für Lärchenholz entschieden, im Innenbereich für Fichtenholz, der Bodenbelag und die Möbel sind in Eiche gehalten. »Alle verwendeten Holzmaterialien stammen aus nachhaltig bewirtschafteten und PEFC-zertifizierten Wäldern«, erklärt Kirchmaier.

Schauplatz Berghütte Oberholz: Report-Chefredakteur Bernd Affenzeller im Gespräch mit einem der Architekten der Hütte, Pavol Mikolajcak, Bauherr Benjamin Kirchmaier, Geschäftsführer der Obereggen Latemar AG, und Walter Capovilla, Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens LignoAlp - Damiani-Holz&Ko AG (v.r.n.l), in einer der markant auskragenden Stuben.
Realisiert hat das heutige Referenzobjekt das Südtiroler Holzbauunternehmen LignoAlp – Damiani-Holz&Ko AG. Zu den größten Herausforderungen zählten neben der extravaganten Architektur und der Hanglage auf über 2.000 Meter Seehöhe auch die äußerst sportlich bemessene Bauzeit. Gerade einmal vier Monate wurden dem Team zugestanden. Entsprechend wichtig war ein perfektes Zusammenspiel der Beteiligten. »Bei solchen architektonischen Vorgaben sind wir als Holzbaubetrieb auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen«, erklärt Capovilla. »Das hat zum Glück perfekt funktioniert, wir haben immer offen und konstruktiv miteinander geredet«, so der LignoAlp-Geschäftsführer. Um den engen Zeitplan einzuhalten, wurden die einzelnen Portale vorgefertigt. Während am Berg die Stahlbetonbereiche errichtet wurden, entstanden bei LignoAlp die Portal-Elemente. »Wir haben Mockups gebaut und es wurden Probesitzungen durchgeführt«, erinnert sich Capovilla, dass nichts dem Zufall überlassen wurde.
Kaum Förderungen
Anders als in Österreich spielen Förderungen in Südtirol eine untergeordnete Rolle. Die einzig nennenswerte Förderschiene ist der Holzbaufonds für öffentliche Bauprojekte. Zugang zu diesem Fonds haben öffentliche Gebietskörperschaften wie Gemeinden, Bezirksgemeinschaften oder Eigenverwaltungen von Gemeinnutzungsgütern. Dass die öffentliche Hand damit zum Vorreiter in Sachen Holzbau werden soll, lässt sich an der Dotierung nicht unbedingt ablesen. Bis 2030 werden jährlich gerade einmal 1,2 Millionen Euro ausgeschüttet. »Aber selbst das wird nicht abgeholt«, erklärt Capovilla. Ende Juni gab es lediglich für drei Gemeinden Förderzusagen in der Höhe von 451.000 Euro, weshalb die Einreichfrist verlängert wurde.
Mindestens genauso wichtig wie die öffentliche Hand sind für den Südtiroler Holzbau private Auftraggeber, speziell aus dem Tourismus. »Auch wenn die Baukosten vielleicht etwas höher sind, ist der Faktor Zeit in unserer Branche enorm wichtig«, ist Kirchmaier überzeugt. »Ein Nassbau wäre in der kurzen Bauzeit nicht möglich gewesen.« Auch für Aufstockungen würde sich Holz aufgrund der geringeren statischen Belastung eignen.
Ein weiterer Unterschied zu Österreich ist das fast schon harmonische Miteinander der verschiedenen Baustoffe. »Die Entscheidung trifft letztendlich der Bauherr. Es gibt aber keinen Kampf zwischen den Baustoffen. Bei einem Großteil der Projekte ist der jeweilige Baustoff ohnehin alternativlos«, stellt Architekt Mikolajcak nüchtern fest. Es gibt in Südtirol auch keine übergeordneten Interessenvertretungen. »Das müssen die Unternehmen selbst in die Hand nehmen«, weiß Capovilla. Natürlich versuche jeder, die Vorzüge seines Baustoffs hervorzuheben, Grabenkämpfe gebe es aber keine.
Weitere Referenzen
Haus der Berge

Das »Haus der Berge« ist eine weithin sichtbare Landmark in Sexten, dem »Dorf der drei Zinnen«. Für den Bau wurde von Holzius ausschließlich Holz aus Sextner Wäldern verwendet – Fichten und Lärchen, die dem Sturmtief Vaia im Herbst 2018 zum Opfer gefallen waren. Zur Sicherstellung der Rückbaubarkeit wurde großer Wert auf eine leimfreie, sortenreine und kreislauffähige Produktion der Vollholzelemente gelegt.
Hotel La Briosa

Dass das La Briosa in Bozen eine Referenz für den Südtiroler Holzbau ist, offenbart sich erst auf den zweiten Blick. Hinter einer mehr als 100 Jahre alten Fassade aus Steinmauerwerk und rauem Putz versteckt sich ein waschechter Holzbau. Dafür mussten die werksseitig vorgefertigten Vollholzelemente präzise an historischen Baubestand angepasst werden. Aufgrund des geringeren Gewichts von Holz war es möglich, die Stockwerke zwei bis fünf auf einen Teil der alten Bausubstanz und einem einzigen zusätzlichen Ausleger aufzubauen, ohne weitere vor- oder nachgespannte Strukturen installieren zu müssen. 2023 wurde das La Briosa mit dem »Wood Architecture Prize« für experimentelle Holzarchitektur ausgezeichnet.
Hotel Blaslahof

Rund 250 m³ Vollholzelemente kamen bei der Hof-Erweiterung des Blaslahofs im Gsiesertal zum Einsatz. Das aus mehreren ineinander verschachtelten Chalets bestehende Blasla-Dörfl wurde in nur sieben Monaten aus Holz aus dem hofeigenen Wald komplett leim- und metallfrei errichtet. Die Außenwände bestehen aus Lärchenholz, im Innenbereich wurden die Wände nicht verkleidet und das eingesetzte Fichtenholz unbehandelt auf Sicht belassen. Auch die Inneneinrichtung besteht nur aus Vollholzmöbeln – teilweise in Lärche, teilweise in Zirbe.
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