Mittwoch, Mai 01, 2024

Multifunktionalität im Bauwesen stellt für Beton die Herausforderung von morgen dar. Dazu gibt es ein innovatives Forschungsprojekt an der Universität Kassel: Beton soll zum Bau von Fassadenelementen dienen und zugleich genutzt werden, um aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen.

Von Karin Legat

Fähigkeit, Überblick und Leis­tungsfähigkeit sind einige der Synonyme von Intelligenz. Kann dies auch auf Werkstoffe zutreffen? Wer das entschieden verneint, wurde bereits auf der BAU 2015 in München eines Besseren belehrt. Vorgestellt wurde DysCrete, Beton, der durch die Beschichtung z.B. mit Fruchtsaft (!) und weiteren Komponenten zum Sonnenkraftwerk wird. Utopie? Der Bau & Immobilien Report hat hinter den DysCrete-Vorhang gesehen.
 
Energielieferant Beton

DysCrete ist ein elektrisch leitfähiger Beton, der mit Lagen aus gefärbtem Titandioxid, Elektrolyt und einer transparenten, leitfähigen Oberfläche beschichtet ist. Das Ergebnis ist eine Farbstoffsolarzelle, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandelt. »DysCrete liefert einen Beitrag zu einer nachhaltigen und dezentralen Energieversorgung«, hebt Heike Klussmann, Leiterin der Forschungsplattform »Bau Kunst Erfinden«, hervor. »Die Farbstoffsolarzelle ist eine innovative Solarzellentechnologie«, ergänzt Thorsten Klooster, Projektleiter Forschung. Ihre Anwendung auf Werkstoffen wie Beton wurde bislang außer Acht gelassen, da die Aufmerksamkeit v.a. glasbasierten, transluzenten Modulen galt. Der Vorteil der hier eingesetzten sog. Grätzel-Farbstoffzellen liegt darin, dass sie auch diffuses Licht umwandeln können. »Das beruht auf der Struktur der nanokristallinen Halbleiterschicht«, informiert Johannes Arend vom Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens und Bauchemie der Uni Kassel, an dem die wissenschaftlichen Grundlagen erarbeitet werden. Damit gibt es im Vergleich zu herkömmlichen PV-Systemen kaum mehr Einschränkungen bezüglich der baulichen Nutzungen. Zum Wirkungsgrad meint Klooster: »Da sich mittels DysCrete nahezu alle harten Oberflächen in einer Stadt energetisch aktivieren lassen könnten, ist der angestrebte Effizienzgrad von etwa zwei Prozent aufgrund der vergleichsweise geringen Herstellungskosten und der Applikation im Druck- oder Sprühverfahren vermutlich ausreichend.«

Energiebatterie Beton

Gernot Brandweiner, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Beton -und Fertigteilwerke, VÖB, sieht viel Potential für DysCrete, v.a. da er preisgüns­tiger als klassische PV ist. Bereits zum Einsatz kommen andere Formen von intelligentem Beton. »Überschüssige Energie aus der Solaranlage kann etwa als Wärme in Betonteilen gespeichert und bei Bedarf entnommen werden«, so Brandweiner. In einem aktuellen Forschungsprojekt wird die Integration umliegender Betonteile in die Bauteilaktivierung untersucht. Weiter geforscht wird im Bereich Beton-Wärmedämmung. »Leichtbeton kann wiederum in einer einschaligen Wandaufbauweise eingesetzt werden und damit tragende und gleichzeitig dämmende Funktion übernehmen«, berichtet Christoph Ressler, Geschäftsführer des Güteverbandes Transportbeton und der Betonakademie. Neben der statischen Funktion, für die Beton nach wie vor primär herangezogen wird, sieht Ressler hohes Potenzial für Beton in den Bereichen Energiespeicher, mit ultrahochfestem Beton für den Spezialanwendungs- und Sanierungsbereich, im niederrangigen Straßenbau und rund um das Thema Verkehrssicherheit. »Zemente, die in hellem Farbton gehalten sind, können für höhere Sicherheitsaspekte in Straßentunnels sorgen. Beschichtungen, die in regelmäßigen Abständen saniert werden müssen, könnten entfallen.«

VÖB: Konjunkturbarometer

Die Mitgliedsunternehmen des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB) gehen laut Umfrage aufgrund wirtschaftspolitischer Unsicherheit und der weiterhin schwachen Konjunktur mit stabilen bis negativen Ausblicken in das neue Geschäftsjahr 2015. Die Hälfte der Mitgliedsbetriebe rechnet mit einer »eher zufriedenstellenden« (gleich bleibend oder leicht steigenden) Entwicklung ihres Unternehmens. 43 % sehen für 2015 dagegen eine »weniger zufriedenstellende« Entwicklung auf sie zukommen. Diese Ambivalenz schlägt sich auch auf die abgefragten Mitarbeiterzahlen nieder. Während der überwiegende Teil der Befragten mit gleichbleibenden Mitarbeiterzahlen rechnet, gibt ein Drittel an, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter sinken wird. Die Einschätzungen über die Entwicklung der gesamten Beton- und Fertigteilbranche sind demgegenüber weitaus negativer: Hierbei gibt die Hälfte der Befragten an, dass sie mit Umsatzrückgängen für die Branche rechnet. Im Vergleich zum Jahr 2014 sehen sogar mehr als die Hälfte (57 %) eine »weniger zufriedenstellende« Entwicklung auf die gesamte Branche zukommen.

Meistgelesene BLOGS

Firmen | News
01. März 2024
Unter dem Motto „Mission Zukunft - Transformation der Wirtschafts- und Energiesysteme" veranstalten die Deutsche Handelskammer in Österreich in Kooperation mit Fraunhofer Austria Research das Deutsch-...
Nicole Mayer
26. Jänner 2024
Der Bewerb um die höchste staatliche Auszeichnung für Unternehmensqualität in Österreich ist eröffnet. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) sucht Quality Austria wieder...
Firmen | News
25. März 2024
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unternehmen weltweit erkennen zunehmend die Bedeutung von KI für ihre Produktivität und W...
Alfons A. Flatscher
26. Jänner 2024
Ganz oben auf der Agenda unserer Leser*innen steht: Neues schaffen! Wir haben gefragt, 150 Leser*innen haben uns qualifizierte Antworten geliefert. (Zum Artikel: Chancen überall, nicht erst ab 2025) D...
Katharina Bisset
07. Februar 2024
Ab 14. Februar 2024 müssen alle Pflichten des Digital Services Act von betroffenen Unternehmen umgesetzt werden – aber was bedeutet dies konkret? Der Umfang der Pflichten hängt davon ab, welche Dienst...
Firmen | News
14. März 2024
Bereits zum dritten Mal verleiht die auf Informationssicherheit spezialisierte Zertifizierungsinstanz CIS - Certification & Information Security Services GmbH die begehrte Personenauszeichnung „CI...
Mario Buchinger
22. Jänner 2024
In der Consulting- und Coaching-Branche gibt es sicher einige Leute, die kompetent Organisationen unterstützen können. Aber viele der Coaches und Consultants nützen meist nur sich selbst. Worauf Unter...
Alfons A. Flatscher
21. März 2024
 Mit KI-Technologien bleibt kein Stein auf dem anderen. Ganze Berufsstände, die sich bisher unangreifbar fühlten, geraten plötzlich in eine Krise. Legionen von Programmierern arbeiten gerade an d...

Log in or Sign up