Mittwoch, Mai 01, 2024

Auch öffentliche Gebäude und Einrichtungen kommen in die Jahre. Bei Bezirksämtern, Gerichten oder Universitäten muss der »Midlife-Crisis« besonders entgegengewirkt werden, stehen diese Gebäude doch Tag für Tag im öffentlichen Blickfeld. Der Schlüssel für die perfekte Repräsentanz lautet: Instandhaltung bzw. Sanierung. Von Karin Legat.

Fenster schließen nicht mehr, Dachziegel sind locker, Elektrokabel springen aus ihrer Führung – all das sind Situationen, in denen der Hausherr gefordert ist, für die Wiederherstellung eines betriebsfähigen Zustandes des Gebäudes zu sorgen. Ein rücksichtsvoller Umgang mit dem Bauobjekt zögert eine Sanierung zwar hinaus, die Nutzungsdauer kann aber nicht endlos verlängert werden. »Durchschnittlich ist ein öffentliches Gebäude 30 bis 35 Jahre im Gebrauch. Ausschlaggebend ist die Nutzerfrequenz«, erläutert Ernst Eichinger, Pressesprecher der Österreichischen Bauimmobiliengesellschaft BIG. »Täglich frequentieren bis zu 500.000 Personen unsere Gebäude. Da ist die laufende Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der einzelnen Ausstattungselemente von enormer Bedeutung.« Die BIG führt aus diesem Grund mindestens eine Inspektion ihrer gesamten Immobilien pro Jahr durch. »Es ist eine Art Gesundheitscheck der Liegenschaften. Es wird der Zustand der bautechnischen- und  haustechnischen Anlagen, der Brandschutzausstattung, Barrierefreiheit etc. dargestellt. Darauf basierend werden die Sanierungsmaßnahmen ermittelt.« Zwischen 2006 und 2008 haben sich Instandhaltungsmaßnahmen in der Höhe von durchschnittlich 140 Millionen Euro pro Jahr ergeben. »Für die Jahre 2009 bis 2011 sind jeweils 180 Millionen Euro budgetiert, da zur Konjunkturbelebung einige Projekte vorgezogen werden. Danach wird das Budget wieder sinken«, berichtet der BIG-Sprecher. Auch Generalsanierungen werden wirtschaftsbedingt in den kommenden drei Jahren früher umgesetzt. Die BIG ist mit 2.500 Objekten einer der bedeutendsten Immobilieneigentümer Österreichs. Zum Portfolio zählen Regierungsgebäude ebenso wie Schulen und Universitäten, der Verkehrswert der Immobilien liegt bei neun Milliarden Euro. Die BIG tritt nicht als einziger Vermieter für Gebäude der öffentlichen Hand auf, private Vermieter und Landesorganisationen sorgen ebenso für die Erhaltung und Entwicklung öffentlicher Gebäude.

Sicherheit und Barrierefreiheit
»Sicherheit spielt bei allen Sanierungsmaßnahmen eine entscheidende Rolle, schon alleine aus Haftungsgründen genießt sie bei uns hohe Priorität«, betont Eichinger und verweist in diesem Zusammenhang auf den Bereich Brandschutz. Besonderes Augenmerk wird hier auf den Feuerwiderstand von Baustoffen gelegt, auf Fluchtwegplanung und Notbeleuchtung sowie auf die uneingeschränkte Benutzbarkeit von Brandschutztüren. Die Herstellung der Barrierefreiheit von Gebäuden genießt ebenfalls Priorität. »Das Behindertengleichstellungsgesetz richtet sich primär an die im Gebäude angebotenen Leistungen. Nichtsdestotrotz fühlen wir uns diesem Bereich verpflichtet, wir pochen nicht auf die Buchstaben des Gesetzes.« Für barrierefreie Zugänge investiert die BIG daher heuer fünf Millionen Euro. Mit Sanierung ebenfalls direkt verbunden sind Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs. »Uns könnte es egal sein, ob der Mieter im Winter zum Fenster hinaus heizt, wir zahlen ja seine Energiekosten nicht. Trotzdem haben wir ein Contractingprogramm gestartet, mit dem wir versuchen, den Energieverbrauch in den Gebäuden niedrig zu halten, z.B. durch Schulungen oder Investitionen zugunsten Wärmedämmung und Energiereduktion«, sagt Eichinger.

Die Wirtschaft stärken
Seit 18 Jahren zeichnet die BIG für Sanierungen an öffentlichen Gebäuden verantwortlich und wurde dabei mit den unterschiedlichsten Sanierungsmaßnahmen konfrontiert. »Wir unterscheiden generell zwischen Instandhaltung, Generalsanierung und Funktionssanierung. Bei der Instandhaltung werden einzelne Sanierungsmaßnahmen vorgenommen, z.B. Sanierung von Sanitäranlagen, Böden und Elektroinstallationen sowie der Tausch von Fenstern und Brandschutztüren. »Fast alle Bauvorhaben der Instandhaltung und thermischen Sanierung werden über regionale Klein- und Mittelbetriebe abgewickelt und kommen somit der heimischen Wirtschaft zugute«, so Eichinger. Bei einer Generalsanierung dagegen kann das Gebäude in Einzelfällen sogar bis auf die Grundmauern entkernt werden. Dementsprechend aufwendig sind die Leistungsarbeiten. Je nach Projektumfang dauert eine Generalsanierung im Schnitt ein bis zwei Jahre. Bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, ist eine enge Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt erforderlich. »Optimalerweise wird das BDA schon vor Beginn der Planung einbezogen«, erklärt Eichinger.
Zu den wichtigsten Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden zählen u.a. Dachsanierung, Thermische Sanierung, Fassadensanierung oder Mauerwerkssanierung.
Die Umsetzung dieser und weiterer Sanierungsmaßnahmen an allen öffentlichen Gebäuden österreichweit erfordert umfangreiche Personalressourcen der Immobilienbesitzer. Die Bundesimmobiliengesellschaft verfügt aktuell über 17 Hausverwaltungsteams in ganz Österreich, dauerhaft sichert die BIG mit ihren Investitionen bundesweit rund 10.000 Arbeitsplätze. »Wir sind zwar zentral organisiert, aber dezentral aufgestellt. Mit unseren Mitarbeitern sind wir direkt vor Ort und können prompt reagieren. Eine kaputte Stiege muss rasch repariert oder erneuert werden, beim Brandschutz darf man keine Minute vergeuden«, meint der BIG-Sprecher. 5.000 Einzelmaßnahmen wurden von der BIG im vergangenen Jahr durchgeführt Dazu kommen noch Großprojekte, also Funktionssanierungen, Erweiterungen oder Neubauten. Im Durchschnitt investiert das Unternehmen damit mehrere hundert Millionen pro Jahr (rund 412 Mio. lt. Geschäftsbericht 2008). Sanierungsaufträge treffen von Wien bis Vorarlberg ein, da die BIG auf kein Bundesland konzentriert ist.  Derzeit sind 91 Großprojekte in Abwicklung bzw. Vorbereitung: Wien 20, Niederösterreich 18, Burgenland 5, Ober­österreich 10, Steiermark 15, Salzburg 7, Tirol 8 und Kärnten bzw Vorarlberg je 4. »Planungsaufträge vergeben wir hauptsächlich über Architekturwettbewerbe. Dies spiegelt das Bekenntnis der BIG zu einer hochwertigen Baukultur wider und stellt die architektonische und innovative Qualität bei allen Bauvorhaben sicher«, betont Eichinger. In den letzten Jahren wurden einige herausragende Generalsanierungsprojekte umgesetzt, darunter der Justizpalast Wien, das Salzburger Bezirksgericht und der Rechnungshof Wien (siehe Kasten). Der »Midlife-Crisis« wurde bei diesen Bauobjekten erfolgreich entgegengetreten. Gemeinsam mit vielen anderen sanierten Bundesgebäuden werden sie die öffentliche Hand in den nächsten Jahren repräsentieren. Ernst Eichinger bringt es auf den Punkt: »Das Nachher ist immer schöner als das Vorher.«

 

Best Practice: Generalsanierungsprojekte der BIG

Justizpalast Wien: Neben der Generalsanierung wurde bei diesem denkmalgeschützten Gebäude eine Restaurierung durchgeführt, der Justizpalast wurde dabei auch gleich erweitert. Auflage war die Bewahrung des künstlerisch und historisch wertvollen äußeren und inneren Erscheinungsbilds. Die großzügige Generalsanierung erfolgte bei laufendem Gerichtsbetrieb. Heute genießen Mitarbeiter und Besucher die Vorzüge der statischen Sanierung und erreichen ihre Ziele im Justizpalast über zusätzliche Stiegenhäuser bzw. neue Aufzüge. Die umfassende Neugestaltung der Brandschutzmaßnahmen und die behindertengerechte Erschließung aller Flächen und Gebäudeteile runden den Qualitätsgewinn ab. Eine Erweiterung der Büro- und Nutzflächen mit versenktem Buchspeicher, verglastem Bibliotheksgebäude, eine Aufstockung in Stahl-Holz-Leichtkonstruktion sowie eine Alu-Glas-Fassade lassen den Justizpalast als zeitgemäß funktionelles Gerichtsgebäude in Erscheinung treten.
-Bauherr: BIG
-Generalplaner: atelier.23
-Baubeginn: 1992 (Fassade), 2002 (Innengeneralsanierung, Ausbau)
-Fertigstellung: 2007

Salzburger Bezirksgericht: Ein arbeitsintensives Projekt stellte 2009 das Bezirksgericht Salzburg dar, eine ehemalige Polizeikaserne. Im Sinne der Ressourcenschonung und wirtschaftlichen Realisierung wurde dieses Objekt nicht generalsaniert, sondern behutsam adaptiert, d.h. bestehende Räumlichkeiten für eine neue Nutzung ausgerichtet. Charakteristische und wertvolle Elemente wie Eingangstor, Stiegenaufgang oder Innenhofportale blieben erhalten. Die Adaptierungsarbeiten haben bereits 1999 begonnen, eine Dekade später präsentiert sich das Gebäude als architektonisch gelungenes Justizgebäude. Eine gläserne zweigeschoßige Eingangshalle mit Sicherheitskontrolle und Servicecenter empfängt den Besucher, die Verbindungswege wurden auf ein Minimum reduziert – eine Brücke verbindet das Erdgeschoß mit dem ersten Obergeschoß, bildet die Querverbindung zwischen Ost- und Westflügel mit den am stärksten vom Publikum frequentierten Ebenen. Für die bessere Orientierung sorgt ein Farbkonzept mit unterschiedlichen Gangbodenfarben in den einzelnen Geschoßen. Das Fußbodenniveau wurde teilweise zugunsten einer Archiverweiterung um ca. 2 m abgesenkt, eine Zwischendecke eingezogen. Bei allen Arbeiten vertrauten die Architekten auf ökonomische Metall- und Glasleichtkonstruktionen, auf Sicherheits- und wärmedämmende Verglasung.
-Bauherr: BIG
-Generalplaner: Architekturbüro halle 1
-Baubeginn: 09/08
-Fertigstellung: 06/09

Rechnungshof Wien: Das in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts errichtete Gebäude wurde einer umfassenden Generalsanierung unterzogen. Der Rechnungshof präsentiert sich heute als modernes, zeitgemäßes Bürogebäude mit einem offenen Erdgeschoßbereich (raumhohe Verglasung), speziellem Akustikputz (für eine bessere Akustik) und verglasten Besprechungsboxen, die aus vorher als Archiv genutzten Innenbereichen umfunktioniert wurden. Alle haus- und brandschutztechnischen Anlagen erneuerte das Team mit Fokus auf eine energietechnische Optimierung.
-Bauherr: BIG
-Generalplaner: atelier.23
-Baubeginn: 02/08
-Fertigstellung: 03/09

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