Freitag, April 26, 2024

Nachgefragt: Was prominente Branchenvertreter 2023 erwarten.

Titelbild (v.l.): Robert Schmid (Schmid Industrieholding) und Heimo Scheuch (Wienerberger AG) (Credit: F. Jana Madzigon, Wienerberger).

Robert Schmid
Schmid Industrieholding und Obmann des Fachverbands Steine-Keramik

»Das Jahr 2023 wird aus meiner Sicht das unsicherste Jahr, seitdem ich arbeite. Alles ist möglich! Totales Chaos (was man bei den derzeitigen politischen Verhältnissen eigentlich erwarten sollte), aber auch gute wirtschaftliche Zeiten wären möglich. Ziemlich überzeugt bin ich, dass in nächster Zeit ein gewisser Wandel vom Neubau ins Sanierungsgeschäft kommen wird. Die Aufgabe »Energie« wird bleiben und die wesentliche Frage wird sein, ob wir es schaffen, den Menschen klarzumachen, dass die beste Energie jene ist, die nicht verbraucht wird. Das heißt: Gebt den Häusern einen Mantel, setzt baulich/thermische Maßnahmen und denkt erst in zweiter Linie an die Haustechniklösungen. Erst dämmen und dann heizen/kühlen. Das macht Sinn und beschäftigt unsere Mitarbeiter*innen, nur verstanden sollte es werden. Dann wird das Jahr 2023 ein gutes mit nachhaltigen positiven Effekten auf das Wohlbefinden der Menschen und auch des Klimas.« 

Heimo Scheuch
CEO Wienerberger AG

»Trotz vieler Herausforderungen wie hohe Energiepreise, Fachkräftemangel oder Zinserhöhungen, die es zu bewältigen gilt, sehen wir einen positiven Trend in der Bauwirtschaft. Natürlich ist es aufgrund der geopolitischen Instabilität und den damit verbundenen Auswirkungen schwierig, die Folgen auf Jahressicht abzuschätzen. Mittel- und langfristig werden aber – vor allem im Kampf gegen die Klimakrise – intelligente Lösungen für ressourceneffizientes Bauen, Renovieren und Sanieren die wichtigsten Entwicklungen für die Zukunft sein. Wienerberger setzt dazu im Rahmen seiner wertschöpfenden Wachstumsstrategie weiterhin – wie auch mit der Ende 2022 bekannt gegebenen beabsichtigten Übernahme von Terreal, einem erfolgreichen europäischen Anbieter von Dach- und Solarlösungen – auf Innovation, den Ausbau an Systemlösungen und Wachstum durch verstärkte Akquisitionen in den Bereichen Renovierung und Wassermanagement.«

Karl-Heinz Strauss
CEO der Porr Group

»Die Porr hat ein erfolgreiches Jahr 2022 hinter sich. Sie konnte in den ersten drei Quartalen ihre Produktionsleistung um 9,4 Prozent auf 4,5 Milliarden steigern und ihr Auftragsbestand wuchs auf rund 7,9 Milliarden Euro. Das ist eine ausgezeichnete Basis für eine stabile Geschäftsentwicklung in den kommenden Jahren. Das ist gut so, denn 2023 wird für die Bauwirtschaft herausfordernd. Ungelöst bleiben etwa die Situation in der Ukraine und die Unsicherheit rund um die Energieversorgung. Zugute kommt uns, dass die Preisspirale mittelfristig ein Ende nimmt. Die Rohstoffpreise haben sich stabilisiert. Gestützt wurde diese Entwicklung durch die Zinserhöhungsschritte der EZB. Mittelfristig rechnen wir damit, dass die Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur positive Impulse setzen und für eine anhaltende Nachfrage in der Baubranche sorgen werden.«

Thomas G. Winkler
CEO UBM Development AG

»Ich erwarte, dass sich 2023 zum Jahr der Wahrheit für die Branche entwickelt. Gelegenheiten sind es nämlich nur dann, wenn man sie wahrnehmen kann, anstatt sie zu produzieren. Cash und Eigenkapital müssen, wie bei der UBM, stimmen. Die größte Herausforderung für einen Developer ist der aktuelle Stillstand am Transaktionsmarkt. Der wird sich zwar in der einen oder anderen Form auflösen, aber bis dorthin bleibt es mühsam. Da hilft es jetzt auch nicht, laut im Wald zu pfeifen. Die gute Nachricht: Gebraucht werden unsere Produkte und Dienstleistungen auch in Zukunft.«

Robert Hauser
CEO Doka

»Wir blicken positiv ins heurige Jahr. Vor kurzem haben wir die vollständige Akquisition des US-Gerüstherstellers AT-PAC bekanntgegeben. Doka steht jetzt neben Schalung auch für Gerüste und bietet die dazugehörigen Lösungen dem Bau- und Industriesektor an. Für unsere Kund*innen hat dies den Vorteil, dass sie künftig beides – Schalung und Gerüst – aus einer Hand erwarten können. Nicht nur 2023, sondern auch in den kommenden Jahren wird das Thema Nachhaltigkeit Top-Priorität haben. Mit der Berechnung des Product Carbon Footprints von knapp 6.000 Produkten schaffen wir Transparenz für unsere Kund*innen entlang des gesamten Produktlebenszyklus. Wir haben damit auch einen wichtigen Meilenstein auf unserem Weg zur Netto-Null-Emission erreicht. Jetzt gehen wir diesen Weg weiter und nehmen den Corporate Carbon Footprint all unserer weltweiten Doka-Niederlassungen in Angriff.«

Klemens Haselsteiner
CEO Strabag

»Wir sind mit einem sehr komfortablen Auftragsbestand von über 24 Mrd. Euro ins neue Jahr gestartet und recht zuversichtlich gestimmt. Zwar wirkt sich die Zinswende – stärker noch als die Material- und Energiepreise – negativ auf das Baugeschäft aus. Allerdings muss man auch sagen, dass wir aus einer außergewöhnlichen Phase der Nullzinspolitik und einem damit verbundenen Bauboom kommen. Aus meiner Sicht ist die Entwicklung der Bauwirtschaft also eher als eine Normalisierung denn als eine Krise zu bezeichnen. Für das Jahr 2023 erwarten wir als STRABAG-Konzern daher keine größeren Einschnitte, wir nehmen allerdings bereits eine Verlagerung unseres Auftragsbestands hin zu mehr öffentlichen Projekten wahr.«

Holger Schmidtmayr
Vorstand der S Immo AG

»Das Jahr 2022 war von vielen Krisen gezeichnet, vom Krieg in der Ukraine über die Energiekrise zur Inflation, die sich auch 2023 weiterhin maßgeblich auswirken werden. Die Immobilienbranche steht nach Zeiten des ungebrochenen Booms vor einer Trendwende, nicht zuletzt durch die nach und nach steigenden Zinsen. Auch wenn die Schönwetterphase nun zu Ende ist, profitieren wir bei der S Immo von der langjährigen Erfahrung und Inhouse-Expertise unseres Teams. Auch von der Finanzierungsseite her sind wir stabil aufgestellt, wodurch ich mir keine großen Sorgen mache, was die operative Seite des Geschäfts angeht. Als neues Mitglied eines großen Konzerns wird das neue Jahr für die S Immo wohl auch viel Veränderung, aber ebenso viele Möglichkeiten bringen.«

Stephan Heid
Heid und Partner Rechtsanwälte

»2023 wird das Jahr sein, in dem der Green Deal der EU in allen Unternehmen und in allen Branchen ankommt. Freiwillig oder unfreiwillig. Die einen werden die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen nutzen, um sich als klimafitte Akteure vor ihren Mitbewerbern zu positionieren: in der Finanzierung, weil EU-Taxonomiekonform; in der Lieferantenbewertung, weil z.B. (teil-)dekarbonisiert; in Ausschreibungsverfahren, weil zB mit Elektro-Fuhrpark. Die anderen werden mit Nachhaltigkeitsberichtspflichten, Lieferkettensorgfaltsplichten und verschärfter Vergabe-Compliance hadern und bürokratisch nachhinken, anstelle den »Grünen Stier« an den Hörnern zu packen. Wir sind als »Lebenszyklus-Kanzlei« Anpacker und Umsetzer der grünen Wirtschaftswende. Daher wird es ein gutes Jahr 2023.«

(Bilder: Porr, UBM, Heid und Partner, Strabag, Christina Haeusler, Doka)

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