Dienstag, November 12, 2024

2009 war für Österreichs Immobilienwirtschaft ein Jahr der negativen Superlative. Gekennzeichnet war es von einer rapid absinkenden Vermietungsleistung auf dem Büroimmobiliensektor, einer ebenso gesunkenen Neubauleistung und einem starken Einbruch auf dem Immobilieninvestmentmarkt.


Wie die zwei Wiener Immobiliendienstleister EHL und CB Richard Ellis unisono feststellten, wurden im Vorjahr 1,3 Milliarden Euro in Österreich investiert. Das bedeutet einen Rückgang von 38 % im Vergleich zu 2008 und den Rückfall auf das Niveau von 2003. Auffällig ist laut Constanze Daburon vom CBRE dabei, neben einem im vierten Quartal verzeichneten Aufwärts­trend, in dem sich das Volumen gegenüber dem dritten Quartal verneunfacht hat, das sinkende Interesse internationaler Investoren: 77 % des Investvolumens stammen aus Österreich. Vor allem Investoren und Fonds außerhalb des deutschsprachigen Raums würden volatilere Märkte als Wien bevorzugen, wo die Risken und damit auch die erzielbaren Renditen höher sind. Im Vorjahr wurden mit Büroimmobilien, die in Wien 38 % des Investmentmarktes ausmachen, Renditen von durchschnittlich 5,65 % erzielt. Während CBRE für heuer einen Anstieg der Preise und damit einen Rückgang der Renditen auf 5,5 % erwartet, geht Franz Pöltl von der EHL Investment Consulting davon aus, dass sich die Renditen von Topimmobilien bei 5,75 % und in schlechteren Lagen bei 6,75 % einpendeln werden. An Bedeutung gewinnen werden laut Pöltl vor allem institutionelle Investoren, die Umsätze würden aber noch nicht das Niveau vor der Krise erreichen, ist er überzeugt. Daburon erwartet sich heuer ein Investvolumen von 1,9 Milliarden Euro, was dem Jahr 2005 entsprechen würde.

>> Wenig Neuflächen <<
Auf dem Wiener Markt wird sich der Rekordtiefstand an Neuentwicklungen im Bürobereich auch heuer noch fortsetzen und laut EHL 185.000 m2, laut CB Richard Ellis 218.000 m2 betragen. Das wäre ein Plus von 30 % gegenüber dem vergangenen Jahr. Laut CBRE sind davon 46 % bereits vorvermietet. Im Vorjahr wurde mit 265.000 m2 vermieteter Büroflächen ebenfalls der niedrigste Wert seit 2005 erreicht. Rund 45 % davon hätten Vermietungen von weniger als 1.000 m2 betroffen, so Daburon. Ausgelassen habe mit weniger als 10 % Anteil der öffentliche Sektor. Vor allem das letzte Quartal 2009 brachte einen absoluten Tiefstand bei der Vermietung, vergleichbar mit den 90er-Jahren, so CBRE. Die Spitzenmiete in der Inneren Stadt ist im Vorjahr auf 22,25 Euro pro m2 gesunken, sollte aber heuer leicht auf 22,50 anziehen, so Daburon. Eine Stabilisierung der Nachfrage nach Büroflächen erwartet sich EHL-Geschäftsführer Michael Ehlmaier frühestens im zweiten Halbjahr 2010. CBRE-Geschäftsführer Andreas Ridder rechnet nicht vor Jahresende damit, da die Nachfrage erfahrungsgemäß zeitversetzt nach einer Wirtschaftserholung einsetze.

>> Osteuropa differenzieren <<
Mit einem Rückgang der Vermietungsleistung von 34 % am Wiener Immobilienmarkt liegt die österreichische Hauptstadt übrigens schlechter als der westeuropäische Schnitt von 30 % und beinahe gleich mit dem CEE/SEE-Raum. Besser steht Wien beim Leerstand da: Bedingt durch den stark gebremsten Neubau – hier differieren die Angaben der beiden Institute für 2009 zwischen 171.000 und 190.000 m2 – ist die Leerstandsrate mit 4,8 % (laut CBRE) stabil geblieben, während sie in Westeuropa von 7 % auf 8,5 % und in Zentraleuropa sogar von 6 % auf das Doppelte gestiegen ist. Für Ridder aber kein Grund zur Panik: Zwar sei in dieser Region viel mehr gebaut worden, als derzeit der Markt hergibt, dieser sei aber dynamischer, weil auch der Nachholbedarf an neuen Büroflächen größer sei und daher die schneller wieder anziehende Nachfrage den hohen Leerstand schneller auffüllen werde. Heimischen Immobilienentwicklern kann Ridder deshalb Städte wie Warschau empfehlen, während er von Developments in Städten wie Belgrad, Bukarest oder Sofia – wo aktuell noch immer sehr viel gebaut wird – dringend abrät. Wie überhaupt der sogenannte osteuropäische Raum zunehmend differenziert zu betrachten sei, so Ridder: Länder wie Polen oder Tschechien entsprechen vom Wirtschaftswachstum bereits den westeuropäischen Standards, während Länder wie Rumänien oder die Ukraine auch immobilienwirtschaftlich immer noch schlecht dastehen, so Ridder. In dieser Region war mit minus 50 % auch der größte Wertverlust von Immobilienportfolios zu verzeichnen, während es in Westeuropa –20 %
und in Österreich nur –8 % waren. Notverkäufe habe es dennoch keine gegeben, meint Ridder. Vielmehr würden zahlreiche neue Immobilienfonds Geld einsammeln – Ridder schätzt das Gesamtvolumen auf fünf Milliarden Euro – und sich auf die Suche nach Immobilien begeben. Auf der Suche nach mehr Ertrag könnten diese »Vulture Funds« dabei auch bis nach Indien oder China gehen.

>> Trend zum Eigentum <<
Der Wohnimmobilienmarkt hat nach Darstellung von EHL mit einem Trend zum Eigentum zu rechnen, und zwar sowohl als eigengenutzte Wohnung als auch als wertbeständige Anlage des Vermögens. Allerdings werde dieser Trend zum Eigentum durch die weiterhin sehr zurückhaltende Kreditvergabe durch die Banken gebremst, wie EHL-Wohnimmobilienexpertin Sandra Bauernfeind meint.
Aber auch vonseiten der Käufer werde die Aufnahme von Krediten wegen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und der Sorge um den Arbeitsplatz nicht mehr so leicht aufgenommen. Bei den Baubewilligungen hat EHL einen Rückgang von über 2000 im ersten Halbjahr 2008 auf weniger als 1.000 im Vergleichszeitraum 2009 verzeichnet, was für heuer und nächstes Jahr einen weiteren Rückgang der Fertigstellungen bedeute. In Folge werde es einen Nachfrageüberhang und damit einen Anstieg des Preisniveaus bei Wohnungen geben, so Bauernfeind. Die Mieten im frei finanzierten Wohnbau werden in guten Lagen weiter um 4 bis 5 % steigen.

 

 

25.01.2010

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