Samstag, April 20, 2024

Heizen und Kühlen von Gebäuden wird zu einer immer größer werdenden finanziellen Belastung. Dämmstoffe wie EPS, Mineralwolle und Hanf sind daher eine Investition für die Zukunft.

Der von der österreichischen Energieagentur berechnete Energiepreisindex stieg im Jahresvergleich Juli 2022/21 um 48,8 Prozent. »Angesichts dieser Preislage Energiekosten zu sparen, wird damit wichtiger denn je«, betont Roland Hebbel, Geschäftsführer der Steinbacher Dämmstoffe. Werden bei einer Altbausanierung Außenwände und Dach sowie Kellerdecke gedämmt und darüber hinaus die Fenster getauscht, lässt sich die Heizkostenrechnung um bis zu 80 Prozent senken.

»Vielfach zu wenig bedacht wird, dass die oberste Geschoßdecke und das Dach beim Energieverbrauch eines Gebäudes eine entscheidende Rolle spielen, da warme Luft aufsteigt und über diese Bauteile entweichen kann«, informiert Michael Allesch, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb bei Isover. Laut Baumeister Manfred Wagner, Geschäftsführer von Rockwool, wird auch die fachgerechte Wärmedämmung haustechnischer Anlagen oft unterschätzt. »Sie verbessert die Energieeffizienz, reduziert den CO2-Ausstoß eines Gebäudes und senkt die Betriebskosten. Zudem sorgt sie für eine stabilere Raumtemperatur.« Eine gut gedämmte Gebäudehülle ist laut Vereinigung der österreichischen Zementindustrie VÖZ auch Voraussetzung dafür, dass die thermische Bauteilaktivierung als alleiniges Heiz- und Kühlsystem funktionieren kann.

Plus an Dämmung

Die thermische Sanierung ist laut GDI 2050 vom Volumen her noch lange nicht da, wo sie hingehört. »In der Studie ›Wärmezukunft 2050: Anforderungen an die Gebäudesanierung‹ wurde klar herausgearbeitet, dass der vollständige Umstieg auf erneuerbare Energieträger nur bei gleichzeitiger thermischer Gebäudehüllensanierung erreicht werden kann«, zitiert Clemens Demacsek, Geschäftsführer der GDI 2050, eine Arbeit der TU Wien. Laut der IIBW-Studie »Monitoring-System zu Sanierungsmaßnahmen in Österreich« stagniert die Sanierungsrate bei derzeit 1,5 Prozent. Simulationen mit Abschätzungen zu bisherigen Sanierungsraten und dem Anteil des Wohnungsbestands in thermisch unzureichendem Zustand zeigen allerdings den Bedarf nach zumindest 2,5 Prozent.

Laut Klima- und Energiefonds gelten 60 Prozent der Gebäude in Österreich aus energetischer Sicht als sanierungsbedürftig.

In letzter Zeit ist laut Demacsek ein Run auf Wärmepumpen in Kombination mit PV-Anlagen zu beobachten. Dabei werde nicht bedacht, dass im Winter, wenn der meiste Strom für die Beheizung benötigt wird, die Sonne nur wenig scheint. Eine gut gedämmte Gebäudehülle sei daher unbedingt erforderlich. Die richtige Sanierungsfolge laute dabei Dämmung der Gebäudehülle und erst danach Abdeckung des verbliebenen, deutlich geringeren Heizwärmebedarfs durch eine neue Heizung. Gerade beim gründerzeitlichen Altbau ist es wichtig, die oberste Geschoßdecke und das Dach stärker zu dämmen. Für Steinbacher Dämmstoffe ist die Dämmung der Rohre ein bedeutender Hebel, um Energieverluste zu minimieren.

Verkaufsschlager EPS

Nicht nur für EPS sieht die Branche weiterhin deutliches Entwicklungspotenzial. »Wenn die Klassiker den Kostenfaktor 100 haben, liegt Mineralwolle bei 150 und Hanf bei 200«, nennt Wolfgang Folie, Verkaufsleiter bei Capatect, positive Zahlen. Alternative Dämmstoffe haben immer mit den Kosten gekämpft, in den letzten Jahren ist der Preis aber aufgrund steigender Marktanteile etwas gesunken. Die Verkaufsmengen von Hanf liegen bereits über 100.000 m² pro Jahr und steigen kontinuierlich.


Dämmen mit ...

Styropor: »Das erste Halbjahr 2022 war wieder von einer starken Nachfrage nach Austrotherm-Dämmstoffen geprägt«, berichtet Geschäftsführer Klaus Haberfellner. »Bedingt durch die sich eintrübende Baukonjunktur erwarte ich in den nächsten Monaten eine geringere Nachfrage.« Es herrsche aktuell hohe Unsicherheit, Firmen könnten kaum mehr Fixpreise abgeben. Die thermische Sanierung müsse aber steigen. Wie auch Clemens Demacsek erkennt er aktuell keine Lieferengpässe. »Im Frühling gab es vor allem bei XPS-Dämmstoffen längere Lieferzeiten. Derzeit investieren wir 20 Mio. Euro in den Ausbau der Produktion in Purbach am Neusiedler See, um Kundenanfragen noch besser bedienen zu können.«

Mit Blick auf die Rückführung der Stoffe spricht er das neue Austrotherm Recyclingservice für XPS-Baustellenverschnitte an. »Saubere Verschnitte müssen die Verarbeiter nicht mehr entsorgen lassen, sondern wir holen diese ab zehn Säcken kostenlos in ganz Österreich ab. EPS-Abfälle werden bereits von Sammlern abgeholt und zu Styroporbeton verarbeitet.« Um EPS wieder zu EPS zu verarbeiten, ist Austrotherm Partner beim Forschungsprojekt EPSolutely.

Hartschaum: »Wir haben 2021 ein branchenmäßiges Mengenplus von ca. fünf Prozent erzielt, 2022 erwarten wir, die Vorjahresmenge wieder zu erreichen«, berichtet Roland Hebbel, Geschäftsführer von Steinbacher Dämmstoffe. Trotz exorbitanter Gas- und Energiepreise ist die Bau- und im speziellen die Sanierungsbranche der Fels in der Brandung, um konjunkturell nicht in eine Rezession zu fallen. Die aktuelle Lieferkettenthematik sei schwer zu beurteilen, da die weitere Gas- und Stromversorgung eine signifikante Rolle spielen. Kreislaufwirtschaft ist für ihn ein bereits gelebtes Thema. »Wir bei Steinbacher führen seit Jahrzehnten Produktionsabfälle in den Kreislauf zurück. Unser Ziel ist, den Recyclinganteil von Rohstoffen bei allen Dämmprodukten in diesem Jahrzehnt auf 50 Prozent zu steigern – ein ehrgeiziger Plan, den wir aktuell zur Hälfte bereits umgesetzt haben. Wir sind auf einem guten Weg.«

(Bild: Steinbacher Dämmstoffe)

Glaswolle:
»Wir sehen großes Potenzial für den Dämmstoff Glaswolle,« betont Michael Allesch, Geschäftsführer Vertrieb bei Isover. Durch die Komprimierung um bis zu 60 Prozent werde auch eine Reduzierung der Transportkilometer vom Werk auf die Baustelle erreicht. Zudem enthält die Isover Glaswolle 80 Prozent Recyclingglas und wird für völlig neue Anwendungsgebiete verwendet, wie das Wärmedämmverbundsystem webertherm freestyle GW. Kreislaufwirtschaft wird bei Isover seit Jahren realisiert. Der anfallende Materialverschnitt wird in die Produktion rückgeführt. »Die Herausforderung liegt bei den rund 90 Prozent Dämmmaterialien aus dem Gebäuderückbau, diese sind oft verunreinigt und unsortiert, was eine Wiederverwertung erschwert«, bedauert Allesch. Neueste Technologien werden auch hier künftig das kreislaufwirtschaftliche Führen von Isover Produkten gewährleisten.

Hanf: »Hanf steht als Rohstoff genügend zur Verfügung, die Produktion hat Luft nach oben«, verneint Wolfgang Folie, Vertriebsleiter bei Capatect, etwaige Lieferengpässe. »Aktuell sind wir noch auf den heimischen Markt konzentriert.« Flachs kann nur im Innenbereich eingesetzt werden. Dort kann Flachs von der Verfügbarkeit her Mineralfaser oder Polystyrol 1:1 ersetzen, er halte auch preislich mit. Im Außenbereich hat Hanf laut Folie das Mengenpotenzial, an Mineralwolle heranzukommen. Dazu spricht der Vertriebsleiter das Projekt Elisenstraße an, das mit Wiener Wohnen umgesetzt wurde. Die Hanffassade verschmutzt geringer, da sie sich z. B. statisch weniger auflädt. Ein gutes Zeugnis liefert Hanf auch beim Thema Kreislaufwirtschaft. »Gärtnereien und Bauern verwenden rückgebauten Hanf als Unterbau z. B. für Gewächshäuser.« Für das Bindematerial kann statt Mikrofaser auch Maische und Stärke verwendet werden, dann ist Flachs allerdings in einer anderen preislichen Liga. Folie fordert verstärkt Förderung durch die öffentliche Hand.

Steinwolle: »Im 1. Halbjahr 2022 konnten wir ein weiteres Marktwachstum bei Steinwolle feststellen«, berichtet Baumeister Manfred Wagner, Geschäftsführer von Rockwool. Wie die künftige Entwicklung verläuft, hänge allerdings von vielen politischen Einflussfaktoren ab. Die Rohstoffverfügbarkeit sei gegeben, Lieferengpässe sieht Wagner keine, Unsicherheitsfaktor ist das Thema Energie. Das weitere Potenzial für Steinwolle stuft er als sehr gut ein, da eine Gebäudedämmung mit Steinwolle einen entscheidenden Beitrag zum nachhaltigen Bauen leistet. Steinwolle sei der ideale Lösungsansatz für die Herausforderungen in puncto Klima- und Umweltschutz.

Auch bei Brand- und Schallschutz spielt Steinwolle ihre Stärken aus, was sie für Hochhäuser, Gebäude mit Menschenansammlungen sowie für den Holzbau auszeichnet. Mit dem Rücknahme-Service Rockcycle ist bereits eine funktionierende Lösung für Kreislaufwirtschaft vorhanden. »Der Konzern treibt das Thema aktiv mit sehr hoher Priorität voran und arbeitet intensiv an einem noch kleineren ökologischen Fußabdruck im Produktionsprozess«, betont Wagner.

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