Montag, Mai 06, 2024
Am Ende des Dämmstofflebens
Foto: Thinkstock

Entsorgung und Recycling sind zwei zentrale Themen der Dämmstoffindustrie. Während die Polystyrol-Fraktion über eine neue Technologie zum Recycling von Alt-Styropor jubelt, kämpft die Mineralwolleindustrie gegen die ungerechtfertige Gleichsetzung mit asbesthaltigen Abfälle in der Entsorgung.

In Montreal hat das Technologie-Startup Polystyvert die weltweit erste Anlage für eine lösemittelbasierte Aufbereitung von expandiertem Polystyrol/Styropor (EPS), extrudiertem Polystyrol (XPS) und kompaktem Polystyrol (PS) eröffnet. Das von Polystyvert entwickelte Verfahren ist in der Lage, Verunreinigungen, aber auch Farben, Gerüche, Graphit und vor allem HBCD aus dem Alt-Styropor zu entfernen. 2019 wird in den Niederlanden eine technologisch vergleichbare Demonstrationsanlage in Betrieb gehen. Der dort eingesetzte Recyclingprozess basiert auf dem von Fraunhofer entwickelten CreaSolv-Verfahren, bei dem zunächst Polystyrol aus EPS- und XPS-Abfällen mit einem selektiven Lösungsmittel unter Erhaltung der Polymerkette getrennt wird.

Mineralische Verunreinigungen wie Reste von Putz oder Klebespachtel werden durch Filterung entfernt.  Die getrockneten, kristallisierten Polymere fließen schließlich wieder in die Produktion von neuem PS-Schaum ein. Rund 99,7 % des POP-Stoffes HBCD können bei diesem Prozess entfernt werden. Gleichzeitig wird das im HBCD enthaltene wertvolle Brom recycelt und wiederverwertet. Auch für die Trennung von Verbundmaterialien stehen bereits erste Techniken zur Verfügung. So kommt z.B. »Powerbrush« bei der Trennung von Flachdachplatten und Bitumenbahnen zur Anwendung.

»Damit ist ein zu 100 % geschlossener Stoffkreislauf für die Styropor-Wirtschaft Realität«, fasst Clemens Demacsek, Geschäftsführer der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum GPH, die aktuellen Entwicklungen zusammen.

Mineralwolle ist kein Asbest

Mit ganz anderen Problemen müssen sich die Hersteller von Glas- und Steinwolledämmstoffen herumschlagen. Mit der geplanten Novelle des Abfallverzeichnisses erhalten Mineralwolleabfälle dieselbe Abfallschlüsselnummer wie asbesthaltige Abfälle. Dadurch würde die fachgerechte Entsorgung deutlich höhere Kosten verursachen, die bis zum 14-Fachen der früheren Preise liegen. Wissenschaftlich gestützt ist die neue Klassifizierung der Mineralwolle laut Roland Pomberger, Leiter des Lehrstuhls für Abfallverwertungstechnik an der Montanuniversität Leoben, nicht: »Dafür existiert aus wissenschaftlicher Sicht keine Veranlassung. Die Annahme, Mineralwolleabfälle seien hochgefährlich, ist falsch und wissenschaftlich widerlegt. Mineralwolleabfälle sind nicht gefährlicher als die meisten anderen Bestandteile von Bauabfällen.« Zu diesem Schluss ist auch eine Studie der Internationalen Agentur für Krebsforschung im Jahr 2001 gekommen.

Udo Klamminger, Vorstandsvorsitzender der Fachvereinigung Mineralwolleindustrie (FMI), befürchtet durch die Kostensteigerungen einen Sanierungsstopp oder gar einen Sanierungsstau und fordert deshalb eine eigene Abfallschlüsselnummer für Mineralwolleabfälle für eine praktische und fachgerechte Entsorgung. 

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