Montag, Mai 06, 2024
Baumaschinen: Es geht bergauf

Der Baumaschinenmarkt hat die Talsohle endgültig durchschritten. Sowohl Verkauf als auch Miete verzeichnen ein kräftiges Wachstum. Weiter auf der Überholspur sind Kompaktmaschinen. Digitale Lösungen spielen hierzulande in der Praxis noch kaum eine Rolle. Dafür ist der österreichische Markt für viele Hersteller ideale Spielwiese und Testlabor – mit schrulligen Eigenheiten.

Was sich 2017 angekündigt hat, wurde im abgelaufenen Jahr eindrucksvoll bestätigt. Der Baumaschinenhandel hat das jahrelange Jammertal endgültig durchschritten. Der allgemeine konjunkturelle Aufschwung sorgt auch bei den Baumaschinen für Rückenwind. Schon bei der Mawev-Show im Frühjahr war vereinzelt fast so etwas wie Euphorie spürbar. Die Stimmung unter den mehr als 26.000 Fachbesuchern war ausgesprochen gut, im Gegensatz zu früheren Jahren saß aber heuer auch die Geldbörse locker. Bei vielen Herstellern wurden die Erwartungen hinsichtlich der direkt auf der Messe verkauften Geräte deutlich übertroffen. Selbst der bekannt kritische Geschäftsführer von Kuhn Baumaschinen, Stefan Kuhn, zeigte sich sehr zufrieden. »Die Stimmung bei den Kunden war sehr gut, was auch zu dem einen oder anderen erfolgreichen Vertragsabschluss geführt hat.« Und auch bei Zeppelin gingen deutlich mehr Maschinen über den Ladentisch als erwartet.

Besonders optimistische Branchenvertreter spekulierten zu diesem Zeitpunkt schon mit einem Mengenwachstum für 2018 von bis 25 Prozent. Ganz so fulminant ist es in Summe zwar nicht gelaufen, aber an der 10-Prozent-Marke wird in allen Segmenten gekratzt, teilweise wird sie auch deutlich übersprungen. Für eine Branche, die seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 wahrlich nicht viel zu lachen hatte, ist das ein mehr als respektables Ergebnis. Vom Aufschwung profitieren Hersteller, Händler und Vermieter gleichermaßen. Ohne exakte Zahlen nennen zu wollen, sagen Gerhard Egger, Obmann des Verbands Österreichischer Baumaschinenhändler Mawev, und Christian Heigl, Geschäftsführer des Vermietungsspezialisten Cramo, fast wortgleich: »2018 war ein sehr gutes Jahr. Da kann sich keiner beklagen.«

Wachstumsmarkt Kompaktmaschinen

Bild oben: »Die Auslastung unserer Mietparks war heuer in allen Maschinenklassen gut, besonders im oberen Kompaktsegment gab es eine starke Nachfrage«, berichtet Cramo-Geschäftsführer Christian Heigl.

Besonders starke Zuwächse gab es auch in diesem Jahr wieder im Bereich der Kompaktgeräte. »Dieser Trend ist schon länger erkennbar und setzt sich fort«, erklärt Heigl. Waren diese Kompaktmaschinen früher ein reines Nischenprodukt, sind heute rund 60 Prozent aller Baumaschinen kleiner als acht Tonnen Einsatzgewicht. Neben Raupen- und Mobilbaggern ist dieser Trend immer öfter auch bei Radladern erkennbar. »Auf vielen Baustellen werden heute kleine Radlader als Hilfsgeräte eingesetzt, nicht als Ersatzmaschinen, sondern zusätzlich«, weiß Egger. Während früher Vielzweckmaschinen stark nachgefragt wurden, gilt heute eine starke Spezialisierung der Maschinen als Qualitätssiegel für eine gut ausgestattete Baustelle. Cramo hat daraus frühzeitig die entsprechenden Lehren gezogen und seinen Mietpark während der letzten Jahren nach und nach bereinigt. »Wir haben kaum noch große Maschinen im Angebot«, sagt Heigl.  Zum einen sei die Nachfrage kontinuierlich zurückgegangen und auch die Margen waren alles andere als erfreulich. »Große Maschinen ökonomisch in der Flotte zu halten, ist schwierig«, sagt Heigl.

Dass viele Bauunternehmen vor allem große Maschinen gerne im eigenen Fuhrpark haben und heuer verstärkt zugegriffen haben, bestätigt auch Egger. »Bei den großen Mobil- und Raupenbaggern gab es ebenso signifikante Zuwächse wie bei großen Radladern.« Das hat mitunter auch rein pragmatische Gründe. Während man auf einen kompakten Bagger oder Radlader schnell einen halbwegs geschickten Mitarbeiter setzen kann, braucht es für die großen Brummer ein entsprechend geschultes Fachpersonal. »Wir haben schon Kunden, die gerne auch größere Maschinen mieten würde. Aber die bräuchten dann auch den Fahrer dazu, damit können wir nicht dienen«, sagt Heigl. 

Vom Run auf die kompakten Geräte profitiert natürlich auch der unangefochtene Marktführer Huppenkothen. Zwar endet das Geschäftsjahr erst Ende März, Geschäftsführer Wolfgang Rigo rechnet aber wieder mit einem erfreulichen Abschluss. »Die Investitionsbereitschaft steigt weiter an, wenn auch nicht mehr so stark wie im Vorjahr«, berichtet Rigo. Dass vermehrt andere Player im boomenden Kompaktsegment mitmischen wollen, registriert man natürlich auch bei Huppenkothen. »Mit der Konzentration auf das Wesentliche, einem flächendeckenden Service, einen umfangreichen Mietpark und laufenden Verbesserungen bei den Abläufen werden wir auch in Zukunft versuchen, unsere Position zu halten«, sagt Rigo selbstbewusst. Hinter den Erwartungen liegt bei Huppenkothen lediglich das Geschäft mit Elektrogeräten, von dem man sich eigentlich viel versprochen hat. »Die große Nachfrage ist bislang ausgeblieben. Der Mietumsatz bei den batteriebetriebenen Geräten steigt aber kontinuierlich an«, so Rigo.   

Weitgehend analog

Bild oben: »Die Investitionsbereitschaft ist auch 2018 angestiegen, wenn auch nicht mehr so stark wie im Vorjahr«, berichtet Huppenkothen Geschäftsführer Wolfgang Rigo.

Interessant ist, dass digitale Lösungen in der Praxis noch kaum eine Rolle spielen. Mit Ausnahme von Grädern oder großen Schubraupen, die fast ausschließlich mit 3D-Steuerung und Laser arbeiten, sind die meisten digitalen Lösungen noch Nischenprodukte. »Wir könnten viel mehr aus unseren Maschinen auslesen, aber die Nachfrage fehlt«, sagt Heigl. Dazu kommt, dass die Baumaschinen bei einem Trendthema wie Building Information Modeling ihren Platz noch nicht gefunden haben. Zwar arbeiten alle Hersteller mit Nachdruck an Integrationsmöglichkeiten der Baumaschinen ins BIM-Modell, mehr als Teillösungen gibt es derzeit aber noch nicht (siehe auch Interview mit dem neuen Zeppelin-Geschäftsführer Stephan Bothen Seite 62).

Nationale Eigenheiten

Der österreichische Baumarkt ist speziell und so etwas wie das New York der Branche. »Wer es hier schafft, schafft es überall«, hat schon vor Jahren der damalige JCB-Geschäftsführer Erich Korn gesagt. Der Markt ist zwar klein, aber so fragmentiert, mit völlig unterschiedlichen topografischen und klimatischen Bedingungen, dass viele Hersteller die Alpenrepublik als Spielwiese und Testlabor sehen.   

Auch abseits der der geografischen Bedingungen verfügt der österreichische Baumaschinenmarkt über Eigenheiten. Für den neuen Zeppelin-Geschäftsführer Stephan Bothen war es etwa interessant, zu erkennen, dass in Österreich oftmals gemietet und erst im Nachgang gekauft wird. »Das ist in Bayern ganz anders.« Heigl streicht den hohen Anspruch der Kunden hervor. »Gerade Tiefbaukunden erwarten praktisch neue Geräte. Drei oder vier Jahre alte Maschinen gelten da schon als schwer vermittelbar. Darüber können unsere skandinavischen Kollegen nur den Kopf schütteln«, lacht Heigl. Höhere Preise und damit Margen lassen sich aber auch mit einer praktisch neuwertigen Flotte nicht erzielen. Das Gegenteil ist der Fall: Wer nicht mitspielt, ist schnell raus aus dem Geschäft.

Rekrutierungsproblem: Wenig Junge, kaum Frauen

Laut einer Studie der European Rental Association (ERA) hat der Facharbeitermangel speziell im Baumaschinen- und Baugerätevermietsektor vor allem zwei Gründe. Zum einen finden die sogenannten Millennials die Branche nur mäßig attraktiv, zum anderen sind Frauen in der Branche weiterhin unterrepräsentiert. Zudem ist die Mietbranche in der Öffentlichkeit relativ »unsichtbar«. Potenzielle Talente gehen verloren, weil sich die nächste Generation überproportional häufig Stellen in anderen Branchen sucht. Außerdem schafft das Naheverhältnis zur Baubranche falsche Vorstellungen der Tätigkeiten. All das sorgte für ein erhebliches Ungleichgewicht der Geschlechter: Weniger als 17 % der Belegschaft sind Frauen. Der Bericht stellt zwar fest, dass sich die Einstellung langsam ändert, doch muss der in der Branche vorherrschende Sexismus überwunden werden, damit sie nicht mehr als »Männerwelt« angesehen wird.

»Dieser Bericht zeigt, wie wichtig es für die Mietbranche ist, sich effektiv selbst darzustellen und sich die Werte der intelligenten Bewerberinnen und Bewerber von heute zu eigen zu machen«, sagt Michel Petitjean, Generalsekretär der ERA. Es sei eine engere Zusammenarbeit erforderlich, um die nächste Generation junger und talentierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzuziehen und zu binden.

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