Montag, April 29, 2024

Angekündigte Katastrophen bleiben in der Regel aus. Das gilt auch für die befürchtete Flut an Einsprüchen durch das Bestbieterprinzip, wie eine erste Evaluierung der Asfinag zeigt. Im Gegenteil: Durch das Bestbieterprinzip ist die Qualität der Angebote generell gestiegen. Mit dem Gemeindebund ist jetzt auch einer der schärfsten Kritiker von den Vorzügen des Bestbieterprinzips überzeugt.

Seit 1. März 2016 ist die Novelle zum Bundesvergabegesetz in Kraft und hat für die Branche einige Neuerungen bei öffentlichen Aufträgen gebracht. Dazu zählen mehr Transparenz bei Subvergaben, Verschärfungen im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping, ein stärkeres Augenmerk auf Eigenleistungen sowie das verpflichtende Bestbieterprinzip. Es war vor allem das Bestbieterprinzip, das bei vielen öffentlichen Auftraggebern für Skepsis und Stirnrunzeln gesorgt hat. Zu komplex, zu aufwendig und vor allen zu anfällig für Einsprüche wäre das neue Instrument. Schon früh zum Bestbieterprinzip bekannt hat sich hingegen die Asfinag.

Seit September 2015 kommt bei allen Bauausschreibungen über einer Million Euro freiwillig das Bestbieterprinzip zum Einsatz. Insgesamt 18 Qualitätskriterien – und damit sogar um fünf mehr als die Sozialparter-Initiative »Faire Vergaben« als Initiator des neuen Vergaberechts vorgeschlagen hat – hat die Asfinag definiert. Bei in Summe 98 Vergabefahren im Umfang von 720 Millionen Euro wurden zwei bis sechs dieser Kriterien in die Ausschreibung aufgenommen und abhängig von den Schätzkosten und den Gewerken mit drei bis zehn Prozent gewichtet.

Die erste Bilanz zeigt, dass das neue System nur in drei Fällen zu einer Neureihung geführt hat und sich der Zweitbilligste durch Qualitätsmerkmale an die Spitze gesetzt und den Zuschlag erhalten hat. Ein Indiz dafür, dass die Qualitätskriterien zu gering gewichtet sind, ist das laut Asfinag Vorstand Alois Schedl aber nicht. »Im Gegenteil. Durch das Bestbieterprinzip haben sich die Angebote generell verbessert. Jene Bieter, die den Preis optimieren, denken verstärkt auch über die Qualität nach.« Auch die befürchteten Einsprüche sind ausgeblieben.

Kritiker an Bord

Die größten öffentlichen Auftraggeber sind nicht die Asfinag oder die ÖBB, auch nicht der Bund oder die Länder, sondern die insgesamt 2.100 österreichischen Gemeinden. Sie investieren  mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dem Bestbieterprinzip sei Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer anfangs »durchaus euphorisch« gegenübergestanden. Allerdings wich seine Euphorie aufgrund der zu erwartenden Komplexität rasch einer großen Skepsis. »Ich habe mich auch darüber geärgert, dass vor einigen Monaten ein Leitfaden zur Anwendung des Bestbieterprinzips erschienen ist, der vorwiegend  für die großen Auftraggeber ÖBB und Asfinag gedacht war.« Kleinere Gemeinden und auch Auftragnehmer hätten aber ganz andere Anforderungen und Bedürfnisse.

Deshalb wurde jetzt gemeinsam mit den Sozialpartnern eine eigene Version speziell auch für kleinere Gemeinden erarbeitet. Das Ergebnis ist ein verschlankter Bestbieterkriterien-Katalog, der Vorschläge für je zwei Zuschlagskriterien aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt enthält. »Das Ziel war, die Gemeinden bürokratisch zu entlasten und trotzdem für Rechtssicherheit zu sorgen. Das ist mit dem neuen Leitfaden gelungen«, zeigt sich Mödlhammer zufrieden.


Zuschlagskriterien für Gemeinden

Gemeinsam mit dem Gemeindebund haben die Sozialpartner Vorschläge für jeweils zwei Zuschlagskriterien aus drei Bereichen erarbeitet.

Wirtschaft: 

Fachliche Qualifikation des Schlüsselpersonals
Reaktionszeit Bauphase

Soziales:

Erhöhte Arbeitssicherheit
Beschäftigung von Lehrlingen und älteren Arbeitnehmern

Umwelt:

Reduktion von Transportkilometern und LKW-Transporten
Technische Ausstattung der Fahrzeuge

Info: Speziell mit den Punkten »Reaktionszeit Bauphase« und »Reduktion von Transportkilometern und LKW-Transporten« ist es möglich, vergaberechtskonform regionale Unternehmen zu fördern. 

Meistgelesene BLOGS

Firmen | News
01. März 2024
Unter dem Motto „Mission Zukunft - Transformation der Wirtschafts- und Energiesysteme" veranstalten die Deutsche Handelskammer in Österreich in Kooperation mit Fraunhofer Austria Research das Deutsch-...
Nicole Mayer
26. Jänner 2024
Der Bewerb um die höchste staatliche Auszeichnung für Unternehmensqualität in Österreich ist eröffnet. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) sucht Quality Austria wieder...
Alfons A. Flatscher
02. Jänner 2024
... das Alte geht. Die Welt ist im Wandel. Wir wandeln uns mit. Der REPORT ist im Wandel und erscheint in neuem Kleid: Mit neuem Layout, auf besserem Papier und mit einer Weiterentwicklung des inhaltl...
Firmen | News
25. März 2024
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unternehmen weltweit erkennen zunehmend die Bedeutung von KI für ihre Produktivität und W...
Alfons A. Flatscher
26. Jänner 2024
Ganz oben auf der Agenda unserer Leser*innen steht: Neues schaffen! Wir haben gefragt, 150 Leser*innen haben uns qualifizierte Antworten geliefert. (Zum Artikel: Chancen überall, nicht erst ab 2025) D...
Katharina Bisset
07. Februar 2024
Ab 14. Februar 2024 müssen alle Pflichten des Digital Services Act von betroffenen Unternehmen umgesetzt werden – aber was bedeutet dies konkret? Der Umfang der Pflichten hängt davon ab, welche Dienst...
Firmen | News
14. März 2024
Bereits zum dritten Mal verleiht die auf Informationssicherheit spezialisierte Zertifizierungsinstanz CIS - Certification & Information Security Services GmbH die begehrte Personenauszeichnung „CI...
Mario Buchinger
22. Jänner 2024
In der Consulting- und Coaching-Branche gibt es sicher einige Leute, die kompetent Organisationen unterstützen können. Aber viele der Coaches und Consultants nützen meist nur sich selbst. Worauf Unter...

Log in or Sign up