Sonntag, April 28, 2024

Den aktuellen »As-built«-Zustand einer großen prozesstechnischen Anlage in der Dokumentation abzubilden ist eine Herkules-Aufgabe. Nicht selten ist die eigentliche Änderung an der Anlage schneller erledigt als die nachfolgende Anpassung der Dokumentation. Am Beispiel BASF kann man sehen, wie ein elektronisches Dokumentationssystem helfen kann, Fehler beim Informationstransfer zu vermeiden.

Michael Brendelberger ist bei der BASF Ludwigshafen zuständig für den Bereich Prozessleittechnik-Planung und hat die Einführung des elektronischen Dokumentationssys­tems begleitet: »Seit wir unsere Anlagen digital dokumentieren, haben wir eine aktuelle, verlässliche und allen zugängliche ›As-built‹-Dokumentation.« Aber so ein Umstieg von Papierdokumentation auf digitale Dokumentation stellt eine herausfordernde Hürde für die Unternehmenskultur dar.

Smartes Bedienkonzept

Im Wesentlichen gibt es bei digitaler Dokumentation zwei Nutzergruppen: die Mitarbeiter vor Ort in der Anlage und die Kollegen in der Dokumentationsverwaltung, die Einträge u.a. auf Plausibilität prüfen und Revisionsprozesse anstoßen. Beide Bereiche haben völlig unterschiedliche Anforderungen an die Dokumentation. Bei BASF kommt das Dokumentations-Tool LiveDOK der Rösberg Engineering GmbH zum Einsatz, das laut Brendelberger diesen unterschiedlichen Anforderungen Rechnung trägt: »Wer vor Ort in der Anlage arbeitet, erhält eine einfache, klar strukturierte Eingabemaske.

Mit einer Redlining-Palette von Handschrifteingabe über Markieren, Durchstreichen bis hin zu dynamischen Stempeln und vielem mehr kann man Änderungen schnell vornehmen. Für die Nachverfolgbarkeit werden das Änderungsdatum und der Name des Mitarbeiters dabei automatisch hinterlegt.« Der Dokumentationsverwaltung hingegen stünden umfangreiche Funktionalitäten zur Verfügung, die z. B. das Revisionieren von Dokumenten oder die Änderungsplanung unterstützen. »Trotz seiner umfangreichen Funktionalität ist das Tool einfach zu bedienen und wurde deshalb von unserem Anlagenpersonal schnell akzeptiert.«

Den ganzen Workflow im Blick

Das in Ludwigshafen eingesetzte Tool bildet zudem den gesamten Dokumentationsworkflow ab, von der Datenerfassung bis hin zum Revisionieren. Vor dem Einsatz der digitalen Lösung war gerade auch der Revisionsprozess aufwendig und oft mit vielen Rücksprachen verbunden, weil zum Beispiel handschriftliche Änderungen nicht lesbar waren oder Informationen zum Änderungsdatum bzw. dem verantwortlichen Mitarbeiter fehlten. Beim digitalen Tool sind solche Prozesse strikt vorgegeben, der Anwender wird also vom System »gezwungen«, alle relevanten Informationen einzutragen. Auch darin sieht Brendelberger Vorteile: »Eine große Zeitersparnis stellen wir beim Revisionieren der Dokumente nach Roteintragungen fest.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Änderungen sehr schnell in die Dokumentation einfließen und wir in der Anlage immer mit der aktuellen Dokumentation unterwegs sind. Bevor wir das Dokumentationstool im Einsatz hatten, zog sich der Übergang von Roteintrag zu einer revisionierten Neufassung oft über einen längeren Zeitraum hin. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass alle den Roteintrag schon vor der Revision sehen und somit immer über den aktuellen Stand informiert sind.« Nach einem Roteintrag sind Dokumente für die weitere Bearbeitung nicht gesperrt, sondern können auch bis zur nächsten Revision wie die normale Dokumentation weiterverwendet werden. Das Tool bietet hierfür entsprechende Konzepte, die eventuell auftretende inhaltliche Konflikte aufzeigen und verwalten.

Revisionen werden nun nicht mehr nach einem starren Zeitraster vorgenommen, sondern abhängig von Umfang und Art der durchgeführten Änderungen. Brendelberger erläutert: »Wir sind jetzt flexibler geworden in unserer Vorgehensweise und damit effektiver. Die Größe der zu revisionierenden Datenpakete können wir beliebig variieren. Für die interne Verarbeitung halten wir die Pakete möglichst klein und aktuell. Für externe Werkvertragsfirmen sammeln wir die Datenpakete und verschicken sie gezielt. Auf diese Weise haben wir den Aufwand für Pflege und Änderung der Dokumentation sowie unser Revisionsmanagement verringert.«

Prozesse optimieren, Zeit sparen

Die Betriebssteuerung erhält also per Knopfdruck einen Überblick über alle Änderungen der Anlage. Da man Änderungen beliebig klassifizieren kann, lassen sich hier auch Informationen hinterlegen und damit weitere Prozesse anstoßen. Brendelberger nennt ein Beispiel: »Ein weiterer Pluspunkt ist, dass wir alle Anlagenänderungen per Knopfdruck ausdrucken können. Das hilft uns bei der vorausschauenden Instandhaltung erheblich.«

Aber nicht nur bei Datenerfassung und Revisionieren wird Zeit eingespart. In vielen Fällen wurden Ortsbegehungen unnötig, bei einer Anlagengröße wie der BASF in Ludwigshafen ein entscheidender Vorteil. »Früher mussten wir außerdem in der Papierdokumentation nach den entsprechenden Unterlagen suchen und konnten nicht immer sicher sein, ob auch wirklich das aktuelle Dokument abgelegt ist. Mit der Volltextsuche finden wir jetzt das gewünschte Dokument sekundenschnell. Bei Störungen können wir schnell eingreifen und die defekten Komponenten austauschen.«

Den Überblick behalten

Jede in der Anlage verbaute Komponente wird als »Anlagen-Asset« bezeichnet. Zu jedem Asset lässt sich die komplette Dokumentation abspeichern. Gerade bei verschleißenden Komponenten wie Sensoren, Ventilen, Antrieben usw. bringt die Dokumentationssoftware dem Asset-Management Vorteile, denn damit kann per Abfrage herausgefunden werden, welche Komponente wo in der Anlage verbaut ist.  Wird eine neue Anlage gebaut oder gibt es an einem Anlagenteil große Änderungen, sind oft viele Gewerke beteiligt. Bei früheren Projekten wurde für jedes ein Ordner mit den notwendigen Arbeitsaufträgen und der entsprechenden Papierdokumentation bereitgestellt. Am Ende der Woche erhielt der Projektmanager diese Dokumente zurück, mit entsprechenden Vermerken zum aktuellen Stand und eventuellen Problemen bei der Ausführung. Dabei den Überblick zu behalten, war nahezu unmöglich. Heute wird auch hierfür das Dokumentationstool genutzt. Auch die Interaktion zwischen den einzelnen Gewerken funktioniert besser, weil eventuelle Roteinträge eines Mitarbeiters sofort für alle sichtbar sind.

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