Montag, April 29, 2024
Umstieg auf HANA
Symbolbild (Credit: iStock)

In ManagementKreisen ist das Thema ERP-Projekt nicht immer positiv belegt. Doch spätestens, wenn die Mainstream-Wartung der SAP Business Suite im Jahr 2027 ausläuft, führt für SAP-Kunden kaum ein Weg an der Migration auf SAP S/4HANA vorbei.

Text von Peter Treutlein, Vorstand Trovarit

SAP hat im Jahr 2015 mit dem Produktlaunch von SAP S/4HANA, dem Nachfolgerprodukt der Business Suite, eine Lösung angekündigt, mit der Kunden die digitale Transformation mit der Einfachheit der Cloud vorantreiben können. Trotzdem hatten sich in den Jahren darauf nur wenige Unternehmen entschieden, den Wechsel rasch zu vollziehen. Einer der Gründe war sicherlich die mangelnde Verfügbarkeit von Einführungsberatern mit Praxiserfahrung.

Wie ist die aktuelle Marktsituation heute, knapp acht Jahre nach der Produktankündigung? Laut einer Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) hatten sich 2023 gut 12 % der Befragten sich noch nicht entschieden und 6 % wollten nicht auf S/4HANA wechseln. 47 % der Befragten gaben an, dass sie die Migration planen, aber noch nicht damit begonnen haben. 23 % der Unternehmen waren dabei, die Lösung einzuführen, lediglich 12 % hatten S/4HANA bereits im Einsatz.

Eine von SAP mittlerweile verlängerte »Mainstream-Wartung« läuft nun bis Ende 2027 ohne zusätzliche Gebühren. Wer für die Umstellung auf S/4HANA noch mehr Zeit benötigt, kann das zusätzlich kostenpflichtige Wartungsangebot »Extended Maintenance« für die Business Suite bis Ende 2030 in Anspruch nehmen. Jenen SAP-Kunden, welche das Transformationsvorhaben noch nicht begonnen haben, stehen verschiedene technische und konzeptionelle Optionen für die Migration zur Verfügung.

Systeme transformieren

Der »Brownfield«-Ansatz verfolgt das Konzept einer schrittweisen Konvertierung und Umstellung des bestehenden Systems in Richtung S/4HANA. Die implementierte Lösung bleibt nahezu unverändert, erhält aber eine Art Upgrade. Vorhandene Daten werden im Wesentlichen weiter genutzt. Zur technischen Unterstützung der Migration stellt SAP Lösungen wie den Software Update Manager (SUM) oder die Database Migration Option (DMO) zur Verfügung. Vorteile des Brownfield-Ansatzes sind die mögliche Beibehaltung individueller Prozesse und die Integration in die vorhandene Systemlandschaft bei gleichzeitiger Modernisierung, Standardisierung und Konsolidierung des Gesamtsystems.

Der »Greenfield«-Ansatz wiederum entspricht einer grundlegenden Neuimplementierung der SAP S/4HANA-Lösung. Der Greenfield-Ansatz ähnelt dem Wechsel von einem anderen ERP-Produkt zu SAP S/4HANA. In beiden Fällen wird eine komplett neue Instanz von SAP S/4HANA aufgesetzt, indem aktuelle Geschäftsprozesse analysiert und neu konzeptioniert werden, um diese möglichst nah am Standard innerhalb der neuen Software abzubilden. Die Stammdaten der existierenden SAP- oder Nicht-SAP-Lösungen werden schrittweise in das neue System konvertiert. Bewegungs- und historische Daten werden in der Regel nicht komplett migriert, da der Aufwand für die Transformation unter Umständen erheblich ist. Den Unternehmen bietet der Greenfield-Ansatz den Vorteil, dass die über die Jahre individualisierten ERP-Systeme durch eine neue Standardversion von SAP S/4HANA abgelöst werden und parallel zur SAP-Einführung eine Optimierung der Geschäftsprozesse stattfindet.

Ein Mittelweg aus Greenfield und Brownfield stellt die selektive Migration oder auch »Landscape Transformation« dar. Experten sprechen auch vom »Color Field«-Ansatz oder einer hybriden Strategie. Gehen Unternehmen einen solchen Weg, wird zunächst das aktuelle Produktivsystem kopiert, anschließend werden alle vorhandenen, transaktionsbasierten Daten gelöscht. Das System wird dann auf SAP S/4HANA migriert. Gegebenenfalls werden erforderliche Anpassungen und Konfigurationen vorgenommen. Im Anschluss werden selektiv Daten aus dem aktuellen Produktivsystem migriert. Im Rahmen dieses Ansatzes ist es erforderlich, die Datenübernahme individuell zu steuern, indem etwa nur ein definierter Ausschnitt von Daten übernommen oder umgeschlüsselt wird. Eine Ausprägung dieses Ansatzes wurde von SNP Schneider-Neureither und IBM Services entwickelt und wird unter dem Namen Bluefield vermarket.

Welche Art der Migration, Brownfield, Greenfield oder Bluefield, für ein Unternehmen am sinnvollsten ist, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Neben der strategischen Zielsetzung des Projektes, Zielsetzung des Migrationsprojektes (also beispielsweise Prozessoptimierung, Prozessharmonisierung, »Zurück zum Standard«, Verbesserung der Daten- und Informationsqualität) spielen Aspekte wie die Bereitschaft des Unternehmens für organisatorische Veränderung eine Rolle, der Automatisierungsgrad der Geschäftsprozesse, das Projektbudget, Restriktionen hinsichtlich der Projektlaufzeit, die Konfiguration des aktuellen Produktivsystems, Anzahl und Umfang der individuellen Anpassungen und vieles mehr.

Auch in Bezug auf Betriebsmodell, Lizenzierung und Bereitstellung haben Unternehmen mehrere Optionen. Generell besteht die Möglichkeit, die Lösung On-Premises (klassisches Kaufmodell) oder als SaaS (Miet-Modell) zu lizenzieren. Letzteres bündelt SAP in RISE. »RISE with SAP« ist ein Angebotspaket, das Unternehmen dabei unterstützen soll, auf SAP S/4HANA umzusteigen, um Geschäftsprozesse in der Cloud zu erschließen und zu optimieren. SAP kümmert sich als Vertragspartner hierbei um Schritte wie Analyse, Betrieb, Support und die Auswahl und Verhandlungen mit passenden Hyperscalern.

Der Markt an potenziellen Implementierungspartnern ist groß und heterogen. (Foto: iStock)

Qual der Partnerwahl

Ein bekanntes Zitat, welches jeder Projektmanager kennen sollten, besagt: »Sag mir, wie Dein Projekt beginnt und ich sage Dir, wie es endet«. Dabei wird oft ein Hauptkostentreiber für eine unzureichende Projektumsetzung ganz zu Beginn außer Acht gelassen: Die Wahl der richtigen Sourcing-Strategie. Gerade bei SAP S4/HANA Migrationen wird häufig reflexartig nur das aktuelle SAP-Systemhaus in Betracht gezogen und eine systematische Auswahl des optimal passenden SAP-Dienstleisters in fahrlässiger Weise unterlassen. Dabei ist der Markt an potenziellen Implementierungspartnern groß und heterogen. Genügend Systemhäuser verfügen über viel Erfahrung, oft jahrzehntelange Zusammenarbeit mit SAP, verschiedene Partnerrollen und unterschiedliche Partnerstatus oder  Zertifizierungslevels gemäß des SAP PartnerEdge-Programms.

Im PartnerEdge Programm werden unterschiedliche Stufen unterschieden. Bereits Silber- und Gold-Partner müssen über umfassend geschultes Personal verfügen, einen Businessplan mit SAP abstimmen und sich gegebenenfalls ihre Lösungen zertifizieren lassen. Die höchste Stufe, Platin-Partner, ist langfristigen strategischen Partnerschaften vorbehalten. Zu diesen Partnern gehören aktuell neben großen Technologiekonzernen wie IBM und auch international aufgestellte Vertriebspartner wie NTT DATA und große Systemintegratoren wie Atos oder Capgemini.

Im Rahmen einer fundierten und wettbewerbsorientierten Sourcing-Strategie für eine SAP S/4HANA Migration sollte der Auftraggeber vor dem eigentlichen Projektstart den potenziell besten Dienstleister evaluieren, eine sichere vertragliche Vereinbarung erarbeiten und nicht zuletzt eine gute Ausgangsbasis für die anstehenden kommerziellen Verhandlungen aufbauen. So kann etwa eine Projektanfrage über »IT-Matchmaker« von Trovarit online an die potenziellen Systemhäuser versendet werden. Als Vertragsform hat sich für SAP S/4HANA Migrationen ein Modulvertrag bewährt. Über einen Rahmenvertrag werden alle phasenübergreifenden Themen festgelegt. Mit Abschluss einer Projektphase wird der Leistungsumfang und die zu liefernden Ergebnisse für die nächsten Projektphasen definiert und verbindlich in einem entsprechenden Einzelvertrag vereinbart.

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