Saturday, May 17, 2025

Mehrwert für Manager

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Viele Menschen erleben den Arbeitsalltag als stressig, nervenaufreibend und wenig erfüllend. Doch es gibt Möglichkeiten, den Job aktiv so zu gestalten, dass er besser zu den eigenen Stärken und Bedürfnissen passt: Job Crafting kann den eigenen Aufgabenbereich durch kleine, gezielte Anpassungen so verändern, dass die Arbeit wieder Freude macht.

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Job Crafting – oder auf Deutsch Arbeitsgestaltung – ist ein Prozess, der in unserem Leben eine zentrale Rolle spielt. Die menschliche Neigung, unsere Lebensumstände stetig verbessern zu wollen, begleitet uns seit jeher. Die externe Dimension des Job Crafting spricht unsere Motivation an, unseren Arbeitskontext so zu gestalten, dass wir uns wohler fühlen. Verbesserungen in diesem Bereich können sich sowohl positiv auf unsere Leistung als auch auf unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen auswirken. Job Crafting umfasst somit alle Ansätze und Strategien, mit denen wir unsere Arbeit aktiv und bewusst so gestalten können, dass sie unseren Bedürfnissen und Wünschen besser entspricht.
 
Innere Bedürfnisse
Job Crafting liegen verschiedene Bedürfnisse zugrunde. Zum einen geht es bei den Treibern des Job Crafting um das Kohärenzgefühl, das von Aaron Antonovsky geprägt wurde. Er beschreibt die Motivation, die den Menschen antreibt, das Leben als verstehbar, handhabbar und sinnvoll zu gestalten. Ein weiteres wichtiges Grundbedürfnis ist das Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit, das auch in der Glücksforschung immer wieder im Fokus steht. Dies beschreibt, dass es für die Gesundheit und das Glücksempfinden der Menschen wichtig ist, soziale Kontakte zu pflegen.

Das Bedürfnis nach Kontrolle und Kompetenz hingegen beschreibt den Wunsch der Menschen, ihr Leben so zu beeinflussen, dass sie ihre Werte und Ziele verfolgen können. Wenn uns das gelingt, empfinden wir ein Gefühl von Kontrolle und Kompetenz, das mit dem Teil des Kohärenzgefühls verwandt ist, welches die Handhabbarkeit umschreibt.

Das letzte Bedürfnis in diesem Kontext ist das Streben nach einem positiven Selbstbild. Wir alle entwickeln ein Bild von uns selbst. Wir fragen uns, wer wir sind, was unsere Stärken sind. Wir Menschen sehnen uns danach, positiv wahrgenommen zu werden und wertvoll zu sein. Diese Sehnsucht treibt uns an, unser Selbstbild zu stärken und unseren Selbstwert zu steigern, was natürlich einer ewigen Spirale gleichkommt. Denn in unserer Entwicklung wird sich auch unsere Erwartung an uns selbst immer weiter entwickeln und verändern.
 
Gewinn für alle
Das Wissen über Job Crafting ist besonders spannend für jene Mitarbeitenden, die merken, dass ihre Arbeit sie unzufrieden macht, erschöpft oder genervt zurücklässt und die bereit sind, etwas aktiv zu verändern. Job Crafting bietet ihnen Möglichkeiten, die Arbeits- und Beziehungsgestaltung selbst in die Hand zu nehmen, um Zufriedenheit, Engagement und Leistung zu steigern.

Angesichts des Fachkräftemangels und der Suche nach motivierten Mitarbeitenden ist das Verständnis von Job Crafting auch für HR-Fachkräfte von großer Bedeutung. Durch gezielte Anpassungen können HR-Verantwortliche nicht nur Stellenprofile attraktiver gestalten, sondern auch die individuellen Stärken und Bedürfnisse von Mitarbeitenden besser berücksichtigen, was zu höherer Mitarbeiterbindung und reduzierten Fluktuationsraten führen kann. Ein solcher Ansatz fördert zudem ein gesundes Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeitende die Freiheit haben, ihre Rollen aktiv zu formen, was das Unternehmensimage stärkt und eine positive Unternehmenskultur unterstützt.

Für Führungskräfte ist Job Crafting insofern von zentralem Wert, weil es ihnen hilft, die Zusammenarbeit in ihren Teams zu stärken und individuell zu fördern. Wenn Mitarbeitende ihren Arbeitsbereich aktiv an ihre Stärken und Bedürfnisse anpassen können, führt dies oft zu einer produktiveren und harmonischeren Teamdynamik. Führungskräfte, die Job Crafting nicht nur aktiv unterstützen, sondern auch vorleben, tragen dazu bei, das Potenzial und die Motivation ihrer Teams zu steigern und das allgemeine Arbeitsklima nachhaltig zu verbessern.

 

Praktische Schritte für den Arbeitsalltag

Diese Veränderungen können Ihnen helfen, Ihre Arbeit besser mit Ihren individuellen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.

1. Ein Blick auf die innere Balance
Machen Sie sich Ihre Stärken, Fähigkeiten und Talente bewusst. Bei welchen Arbeiten kommen diese zum Tragen und welche Aufgaben machen Sie nicht gerne? Überlegen Sie sich aber auch, welche der beschriebenen Grundbedürfnisse aktuell befriedigt sind und welche eventuell gerade zu kurz kommen.

2. Wo drückt der Schuh am stärksten?
Überlegen Sie sich, welchen Aspekt Ihrer Arbeit Sie verändern müssten, damit der größte Leidensdruck wegfallen würde. Alternativ können Sie sich auch fragen, mit welcher Veränderung Sie am schnellsten mehr Wohlbefinden erfahren könnten. Was kostet Sie (zu) viel Energie? Welche Gedanken im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit belasten Sie am stärksten? Das kann einen inhaltlichen Teil Ihrer Arbeit oder eine Arbeitsbeziehung betreffen.

3. Was packe ich an?
Picken Sie sich nun den Aspekt Ihrer Arbeit heraus, den Sie verändern möchten. Wie genau möchten Sie diese verändern? Was soll in Zukunft anders sein? Was wäre ein erster logischer Schritt in diese Richtung? Halten Sie Ihr Ziel – und seine verschiedenen Etappen – schriftlich fest.

4. Wer wird von Ihren Entscheidungen berührt?
Wir leben in einer komplexen Welt und sind stark mit anderen Menschen verbunden. Verändern wir etwas in unserem Leben, hat das möglicherweise Auswirkungen auch auf andere. Überlegen Sie sich deshalb, welche Personen von Ihrer Veränderung betroffen sein könnten. Gibt es eventuell Menschen, die Sie über Ihr Vorhaben informieren müssen?

5. Schauen Sie regelmäßig zurück
Reservieren Sie in Ihrer Agenda bewusst Zeit für Reflexion und überprüfen Sie Ihre Fortschritte. Welche besonderen Erfolge haben Sie auf Ihrem Weg bereits erlebt? Nehmen Sie sich Zeit, diese zu feiern. Möglicherweise traten aber auch unerwartete Schwierigkeiten auf. Überlegen Sie, wie Sie diese Hürden überwinden können, und ziehen Sie bei Bedarf eine vertraute Person für einen Austausch hinzu.

 

Buchtipp

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Andrea Barrueto und Eveline Baumgartner Meier:
Job Crafting. Arbeit besser gestalten.
Business Village 2024
ISBN: 978-3-86980-768-3

 

Die Autorinnen

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Andrea Barrueto engagiert sich als Coach, Dozentin und Beraterin für persönliche, teamorientierte und kulturelle Entwicklungen. Ihre Stärke liegt in der Erfassung komplexer Zusammenhänge und der Integration verschiedener Perspektiven.
https://barrueto.ch

Eveline Baumgartner Meier ist seit über 20 Jahren als Arbeits- und Organisationspsychologin, Atemtherapeutin und Coach tätig. Sie begleitet Menschen in beruflichen und privaten Veränderungssituationen und kombiniert psychologische und körperorientierte Methoden.
www.potenziale-erkennen.com 

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