Weidmüller legt im vergangenen Jahr ein leichtes Wachstum hin und sieht sich für Technologieentwicklungen gut aufgestellt – unter anderem mit einem neuen Ethernet-Standard.
„Wir haben in einem schwierigen Marktumfeld eine ganz gute Perfomance hingelegt“, ist André Sombecki, Finanzvorstand der Weidmüller Gruppe, überzeugt. Das Elektrotechnikunternehmen aus Deutschland blickt auf ein durchwachsenes Geschäftsjahr zurück. Für 2019 hat der Zentralverband der Elektroindustrie einen Umsatzrückgang von 1,8 % für die Branche vermeldet. Weidmüller wirtschaftete besser und erzielte mit 830 Millionen Euro Umsatz ein Wachstum von knapp 1 %. Während die erste Jahreshälfte „sehr gut“ war, drückte das zweite Halbjahr deutlich auf das Ergebnis.
Was ist - von der aktuellen Pandemie abgesehen - für die nächsten Jahre zu erwarten? „Der Einstieg in Zukunftsmärkte wie der Elektromobilität, aber auch die weitere Automatisierung und das Geschäft mit IIoT-Lösungen werden uns hier in Zukunft helfen“, ist Vorstandssprecher Volker Bibelhausen optimistisch. Eine erste AC-Ladesäule wurde im Oktober 2019 vorgestellt. Der eher späte Einstieg in Infrastrukturlösungen für E-Mobilität soll mit optisch ansprechenden Produkten wettgemacht werden. Das sind zum Beispiel Ladesäulen im Retrolook einer Parkuhr, die in historischen Altstädten gefragt sind.
Der größte Bereich im Portfolio des deutschen Herstellers, „Cabinet Products“ hat mit einem Wachstum von 1 % zufriedenstellend performt. Licht und Schatten gab es in den Geschäftsfeldern intelligenter Komponenten und Lösungen, Geräte- und Feldverdrahtung sowie OEM-Fertigung – letzteres ist stets von Sondereinflüssen im Großkundengeschäft abhängig. Dabei stützten die Regionen USA (118 Mio. Euro Umsatz, ca. +1 %) und vor allem Asien (208 Mio. Umsatz, +5 %) das stagnierende Europageschäft (EMEA: 504 Mio. Euro, -1 %). Mit 53 Millionen Euro investierten die Deutschen zuletzt mehr als 6 % des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Gleichzeitig wurden knapp 60 Millionen Euro in die Modernisierung und den Ausbau des Produktionsnetzwerks gesteckt – beispielsweise in Form einer 14.000 m² großen Fertigungsanlage in China.
Erwartungen und "SPE"
Der Ausblick für das Jahr 2020 gestaltet sich aufgrund der aktuellen Lage schwierig. Im ersten Quartal verzeichnete Weidmüller eine Auftragslage auf Vorjahresniveau. Im April hat sich diese aufgrund der Corona-Krise deutlich abgeschwächt. Über Kurzarbeit ab Mai denkt man derzeit sowohl in Deutschland als auch in Österreich nach, bestätigt Österreich-Geschäftsführer Wolfgang Weidinger: „Viele unserer Kunden hatten in den vergangenen Wochen Betriebsurlaub und sind selbst vom Geschäftsrückgang ihrer Kunden betroffen.“ Er geht von einer Besserung der Wirtschaftslage ab Juni aus.
Bild: Wolfgang Weidinger, Geschäftsführer Weidmüller Österreich, geht von einer Besserung der Wirtschaftslage ab Juni aus.
Große Hoffnung legt das Weidmüller-Team in den Industriestandard „Single Pair Ethernet (SPE)“, an dem branchenweit Gerätehersteller, Maschinenbauer, Chip- und Sensorspezialisten arbeiten. Im Konsortium mit Mitbewerber Phoenix Contact und Marktbegleitern wie Reichle & De Massari, Sick und Rosenberger sollen die Marktreife des Standards und damit erste Produkte in Serie vielleicht sogar heuer noch kommen – „abhängig von der Unterstützung großer Player in der Industrie“, erläutert Weidinger.
SPE liefert als neuer Ethernet-Standard für die Industrie durchgängige IP-Kommunikation – auf Feldebene ebenso wie im Unternehmensnetzwerk. Die Technologie schafft Breitbandverbindungen, kommt mit einem einzigen Adernpaar aus und wird vom Sensor bis in die Cloud eine mächtige Alternative zu Feldbussystemen bieten. Um die neue Datenübertragung über erste Demonstratoren hinaus in den Markt zu bringen, muss vor allem noch die Sensor-Community gewonnen werden, heißt es.