Mit dem Ministerratsbeschluss hat die Novelle zum Bundesvergabegesetz eine wichtige Hürde genommen. Über die Details wurde hinter den Kulissen lange verhandelt. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, mit dem auch die Skeptiker gut leben können. Die wichtigsten Änderungen: das verpflichtende Bestbieterprinzip und Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping.
Nach dem Beschluss im Ministerrat ist die Novelle des Bundesvergabegesetzes jetzt zur Begutachtung im Verfassungsausschuss. Noch im Herbst soll es im Parlament verabschiedet werden.»Damit ist uns eine schwere Geburt gelungen«, sagt der Sprecher der Sozialpartnerinitiative, Gewerkschaft Bau-Holz Bundesvorsitzender Josef Muchitsch. Denn der Weg bis zum Ministerratsbeschluss war alles andere als einfach. Skeptiker gab es viele. Die Stadt Wien zählte ebenso dazu wie Kommunen und Teile der Industrie. Die Stadt Wien hätte gerne die aktuellen Rahmenbedingungen beibehalten, weil »je nach Anwendungsgebiet das Best- oder das Billigstbieterprinzip die bessere Lösung ist«. Die Kommunen fürchteten die steigende Komplexität, mit der vor allem kleine Gemeinden überfordert sein könnten, und in der Industrie machte man sich Gedanken über eine überbordende Administration und eine Verschiebung der Kräfte zugunsten der Auftraggeber.
Insgesamt haben an der Novelle 126 Stakeholder mitgearbeitet und ihre Ideen eingebracht. »Da mussten natürlich auch Kompromisse eingegangen werden«, sagt Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister Bau. Mit dem vorliegenden Ergebnis und begleitenden Maßnahmen scheinen nun alle ganz gut leben zu können. So gab es etwa für die Industrie Entschärfungen bei den Punkten »Subvergaben«und »verpflichtende Eigenleistungen«(siehe auch Seite 24) und in den Bauakademien sollen künftig Schulungen sowohl für Baumeister als auch Gemeindevertreter durchgeführt werden, um der höheren Komplexität Rechnung zu tragen. Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer, der immer wieder vor der steigenden Komplexität warnte, ist mittlerweile fast ein Fan des Bestbieterprinzips. Denn in den letzten Jahren habe sich herausgestellt, dass die Fokussierung auf den Billigstbieter nicht immer optimal gewesen sei. »Da gab es einerseits qualitative Probleme, andererseits sind dann oft im Nachhinein zusätzliche Kosten aufgetaucht, die das Projekt am Ende verteuert haben«, so Mödlhammer.
Schritt in die richtige Richtung
Das Herzstück der Novelle ist die Einführung eines verpflichtenden Bestbieterprinzips. Demnach müssen im Baubereich bei öffentlichen Vergaben ab einer Auftragssumme von einer Million Euro neben dem Preis und Eignungskriterien zwingend auch qualitative Zuschlagskriterien berücksichtigt werden (siehe Kasten). Gänzlich neu ist das nicht, denn schon jetzt hatten öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit nach dem Bestbieterprinzip zu vergeben. »Eigentlich hätte das Billigstbieterprinzip nur in Ausnahmefällen angewendet werden sollen. Tatsächlich wurden aber rund 80 Prozent der öffentlichen Aufträge so vergeben«, weiß Martin Schiefer von Heid Schiefer Rechtsanwälte. Für ihn ist die Novelle des Bundesvergabegesetzes in Verbindung mit dem neuen Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz ein großer Schritt in die richtige Richtung. »Insbesondere die Regelungen zur vollen Transparenz bei Subvergaben, die verpflichtende Anwendung des Bestbieterprinzips bei Bauaufträgen über einer Million Euro und der Ausschluss von Unternehmen, welche mehrfach gegen arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen verstoßen haben, werden die Praxis bei der Vergabe von Bauleistungen nachhaltig positiv verändern«, ist Schiefer überzeugt und geht sogar noch einen Schritt weiter: Für ihn kann die Novelle auch als erster Schritt zur Gegenfinanzierung der Steuerreform gesehen werden.
Frömmel hofft, dass durch die Kleinlosregelung auch kleine, regionale Gewerbebetriebe von großen Bauvorhaben direkt profitieren können und nicht mehr nur als Subauftragnehmer von Gesamtanbietern an den Projekte partizipieren können. 80 Prozent des Auftrags müssen aber nach wie vor als Gesamtpaket ausgeschrieben werden, eine Splittung des Gesamtauftrages in einzelne Kleinlose ist nicht möglich.
Eignungskriterien
Das sind unternehmensbezogene »KO-Kriterien«, welche der Überprüfung der Zuverlässigkeit, Befugnis und Leistungsfähigkeit der Bewerber/Bieter dienen:
- Zur Leistungserbringung erforderliche Befugnis: Baumeister, Ziviltechniker usw.
- finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: Mindestumsatz, Haftpflichtversicherung, Bonitätsbewertung
- technische Leistungsfähigkeit: Referenzprojekte, Nennung von Schlüsselpersonal
Zuschlagskriterien
Müssen angebotsbezogen und abgestuft bewertbar sein und einen qualitativen und/oder quantitativen Angebotsvergleich ermöglichen. Neben dem Gesamtpreis für die Leistung können zur Ermittlung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes z.B. die folgenden qualitativen Zuschlagskriterien herangezogen werden (Auswahl):
- Betriebsaufbau- und Betriebsablauforganisation
- Wartungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskonzept
- Termin- und Ressourcenpläne
- Gerätekonzept/Geräteeinsatzplan
- Betriebskonzept
- ökologische Bauführung
- Qualitätssicherungskonzept
- Projektaufbau- und Projektablauforganisation
- Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
- Einsatz von älteren Arbeitnehmern und Lehrlingen
- Verlängerung der Gewährleistungsfrist
- Bauzeitverkürzung
Die wesentlichsten Änderungen
Lohn- und Sozialdumping
Verpflichtende Abfrage beim Komptenzzentrum für Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung. Bei Verstößen werden Unternehmen temporär von öffentlichen Vergaben ausgeschlossen.
Subunternehmen
Verpflichtung zur Bekanntgabe aller wesentlichen Subunternehmer im nagebot. Wechsel oder Hinzuziehung neuer Subunternehmer nur mit Zustimmung des Auftraggebers.
Stärkung Bestbieterprinzip
Verpflichtende Anwendung des Bestbieterprinzips bei Aufträgen, dessen geschätzter Auftragswert mindestens 1 Million Euro beträgt.
Kernleistungen
Gewährleistung, dass die vom Auftraggeber als „kritisch“ beurteilten Leistungsteile vom Bieter selbst und nicht durch Dritte erbracht wird.
Kleinlosregelung
Leichtere Zugang für KMU zu Aufträgen im Oberschwellenbereich. Damit können auch Teilleistungen unter 100.000 Euro direkt vergeben werden.