Freitag, September 13, 2024

Die Ausrüstung spielt auf allen Baustellen eine entscheidende Rolle für den Projektablauf. Sie muss ein störungsfreies und sicheres Arbeiten ermöglichen. Der Bau & Immobilien Report berichtet von einer mittelgroßen Wiener Wohnbau-Baustelle.

Von Karin Legat

Der Genossenschaftsbau, in dem meine Wohnung liegt, wird generalsaniert. Er ist seit Monaten eine Vollbaustelle. Die Fassade wurde bereits neu gedämmt, die Dämmarbeiten am Dach sind beendet. Schon bei den Fassadenarbeiten dachte ich, wie leicht ein Unfall passieren kann. Das Gerüst war nicht sehr breit, die Arbeiter zeitweise im Laufschritt unterwegs. Derzeit werden die Zufahrtswege neu betoniert, Planierraupen sind ebenso unterwegs wie Betonrüttler, die selbst im sechsten Stock den Boden vibrieren lassen. Ohrenschutz hat nur der Arbeiter, der direkt mit der Maschine arbeitet. Wenige Meter entfernte Kollegen sind ungeschützt. Heidi Vitéz von engelbert strauss, Marktführer rund um Arbeitsschutz und Berufsbekleidung in Österreich, verweist deshalb auf das gewissenhafte Tragen der Schutzausrüstung durch die Mitarbeiter am Bau. »Sie zu haben, ist zu wenig.« Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist von den Arbeitgebern auf ihre Kosten zur Verfügung zu stellen. Jede Baustelle bzw. Tätigkeit hat ihre eigenen Gegebenheiten und damit Sicherheitsvorschriften. »Gesundheit ist generell ein großes Thema – nebst durchtrittsicherer Sohle und Schutzkappe bei Sicherheitsschuhen etwa Wasserdichtheit und Atmungsaktivität«, so Vitéz. »Wir stellen unserem Baustellenpersonal eine persönliche, umfassende Schutzausrüstung zur Verfügung. Das Thema Sicherheit wird in Zukunft aber sicher weiter an Bedeutung gewinnen«, ist Andreas Fuchs, Projektingenieur Arbeitsvorbereitung bei der Strabag, überzeugt. Die Vielzahl an Sicherheitslösungen wird auch in der Informationsmappe Sicherheit am Bau der Wirtschaftskammer Österreich, die gemeinsam von Bundesinnung Bau, AUVA und BUAK erstellt wurde, dokumentiert. Die Mitarbeiter sind aber nicht nur bestmöglich zu schützen, sondern auch optimal zu versorgen. Dazu zählt vorrangig die Beistellung von Trinkwasser. Ist kein Wasseranschluss vorhanden, muss laut Michael Windisch, Leiter der BAU-Akademie Steiermark, ausreichend Mineralwasser bereitgestellt werden. Baumeister Christian Motz, Geschäftsführer von Porr, verweist auf die gesetzlichen Regelungen, die dafür sorgen, dass jedem gewerblichen Mitarbeiter eine ausreichende Fläche an Tagesunterkünften sowie ein Essplatz, eine Umkleidemöglichkeit und entsprechende Sanitäranlagen, d.h. Dusche und WC, zur Verfügung gestellt werden. Ein Erste-Hilfe-Koffer muss ebenso vorhanden sein wie Feuerlöscher. Lieb Bau Weiz hält auch regelmäßig Sicherheitsschulungen für die Arbeiter ab. »Die Sicherheitsrichtlinien werden immer strenger und deren Einhaltung wird vom Arbeitsinspektorat stetig kontrolliert. In letzter Zeit haben die europäischen CE-Normen die Sicherheitsvorschriften noch verschärft«, so Doris Enzensberger-Gasser, geschäftsführende Gesellschafterin.
 
Baustellen-Infrastruktur

Andreas Fuchs bringt es auf den Punkt: »Bei den meisten Bauprojekten ist man großem Zeitdruck ausgesetzt: Zeit ist Geld.« Enzensberger-Gasser ergänzt: »Es muss gewährleistet werden, dass der Baufortschritt nicht durch zu spät organisierte Ausstattung aufgehalten wird.« Bereits in der Angebotsbearbeitung müssen Überlegungen zum Bauablaufplan, Taktplanungen mit den dazugehörigen Ressourcen, Personal- und Geräteeinsatzplanung vorgenommen werden. Die Strabag legt laut Gerald Urban, Bereichsleiter Hoch- und Ingenieurbau, besonderen Wert auf das äußere Erscheinungsbild ihrer Baustellen. Bei dem Stichwort Sauberkeit der Baustelle kommt Kärcher ins Spiel. Das Unternehmen unterstützt Baumeister mit einer Vor-Ort-Gebäudereinigung. Besonders oft im Einsatz sind Nass Trockensauger mit Tactfiltersystemen, die automatisch abrütteln und kontinuierliches, unterbrechungsfreies Arbeiten gewährleisten, sowie Heißwasser-Hochdruckreiniger zum Reinigen der Baumaschinen. Ein zentraler Punkt auf jeder Baustelle ist laut Michael Windisch das Thema Bauschuttentsorgung. »Das wird immer diffiziler, da die Trennung immer strikter erfolgen muss.« Vor dem Hintergrund, dass gerade im Baustellenbereich besonders große Mengen an Baurestmassen anfallen, wird Trennung zum wirtschaftlichen Faktor. Die Kosten für Mischmüll sind extrem gestiegen: Die Tonne kostet 100 Euro. Wird dagegen rein mineralischer Bauschutt abgeliefert, fallen nur elf Euro pro Tonne an.
 
Sicherheit am Bau

»Arbeitssicherheit hat bei der Porr oberste Priorität: Null Unfälle lautet unsere Motto. Unsere Mitarbeiter werden umfassend geschult, unsere Arbeitssicherheitsfachkräfte stehen auf den Baustellen laufend beratend zur Seite«, schildert Christian Motz. Bei Lieb Bau Weiz kommen mobile Zaunsysteme, Video­ überwachung, Alarmanlagen und Webcams zum Einsatz. Grundlage bildet ein professionell erstellter Baustelleneinrichtungsplan, wo neben den Kränen auch Zufahrten, Lagerflächen und Leitungen dargestellt sind. Zum Thema Lagerflächen meint Stefan Skoupy, Vertriebsleiter Hoch- und Tiefbau bei Haberkorn, dass noch vor ein paar Jahren jede Baustelle mit einem eigenen Lagerplatz ausgerüs­ tet war, entweder direkt auf der Baustelle oder nahe gelegen. Heute hat meist der Handel diese Lagerhaltung übernommen – Großbaustellen ausgenommen. »Der Kunde erwartet eine schnellstmögliche Lieferung. Haberkorn liefert binnen 24 Stunden bundesweit. Von Baustellenbedarf und Absicherung über Arbeitsschutz bis hin zur Schalungstechnik bieten wir das größte Sortiment für den Hoch- und Tiefbau.« Lieb Bau Weiz setzt auf eine gute Ressourcenplanung, d.h. der Bauleiter muss rechtzeitig Maschinen organisieren, z.B. von anderen Baustellen. Damit wird Anmieten vermieden.


Wissenscheck

»Der Einweiser hält beide Arme waagrecht auf Brusthöhe seitlich ausgestreckt. Was bedeutet das Handzeichen bei der Einweisung eines Baustellenfahrzeuges?« Das ist eine der Fragen des Wissenschecks der BAUAkademie Oberösterreich. Der Wissenscheck ist ein E-Learningprogramm zum Thema Sicherheit am Bau und umfasst u.a. Baustellenorganisation, Absturz- und Baugrubensicherung sowie das Bauarbeitenkoordinationsgesetz. Lösung zu obiger Frage: Das Handzeichen bedeutet: »HALT – Beenden eines Bewegungsablaufes«. Info: www.wissenscheck.at

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