Mittwoch, September 18, 2024

Der Unipark Nonntal der Paris-Lodron-Universität-Salzburg wird mittels Geothermie und Betonkernaktivierung beheizt und klimatisiert.

Für eine bestmögliche Energieeffizienz setzten die Planer zusätzlich auf ein umfassendes Raumautomationssystem zur bedarfsgerechten Steuerung von Heizung, Klima, Lüftung, Licht und Beschattung.

Insgesamt knapp 500 Räume auf 17.000 m2 Nutzfläche umfasst der Unipark Nonntal, der den Großteil der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Salzburger Universität beherbergt. Schon rein äußerlich setzt der Bau mit seinem von Säulen getragenen Obergeschoß und der Fassade aus hunderten Metalllamellen, die den Lichteinfall steuern, neue Maßstäbe. Innen erzeugen ungewöhnliche Lichtkonzepte und transparente Elemente ein Gefühl von Weitläufigkeit.

Eine andere Besonderheit bleibt dagegen unsichtbar: Wärmepumpen einer Geothermieanlage versorgen den futuristischen Bau mit Heizenergie, die mittels Betonkernaktivierung verteilt wird. Die Klimatisierung wird, wie die Beleuchtung und die Lüftung, über ein durchgängiges Raumautomationssystem reguliert. »Dahinter steht die Überzeugung, dass ein modernes Gebäude nur dann nachhaltig und energieeffizient betrieben werden kann, wenn sich der Bereich Gebäudetechnik optimal steuern lässt«, erklärt Matthäus Rieger, technischer Leiter des Uniparks.

Das verwendete Automationssystem der evon GmbH folgt einem zentralisierten Ansatz: Statt einer kleinteiligen Struktur, die jedem Bereich eigene Kontrollknoten zuordnet, wird die gesamte Gebäudetechnik als durchgehende Einheit erfasst und auf einigen zentralen Leitständen zugänglich gemacht. So konnte die in der Ausschreibung veranschlagte Zahl von 60 Steuerungspunkten auf zwölf Betriebszentralen reduziert werden, wovon jeweils zwei im Sinne der Ausfallsicherheit parallel laufen. Dies erleichtert die Administration des Gesamtsystems.

Virtuelle SPS

Zur Benutzerfreundlichkeit trägt laut Rieger auch bei, dass die gesamte Raumautomatisierungslösung auf standardisierten Technologien wie etwa dem Microsoft .NET-Framework oder SQL-Datenbanken basiert und entweder nach SPS Standard IEC-61131-3 oder in Hochsprachen wie C# programmiert ist. Anwender mit grundlegenden IT-Kenntnissen finden sich so schnell zurecht und können die Software nach ihren Vorstellungen nutzen, etwa um eigene Reports aus den SQL-Datenbanken zu erzeugen.

»Das Programm ist für mich als technischen Leiter so weit geöffnet, dass ich alle Parameter, Sollwerte, Schiebekurven und Ähnliches für die optimale Betriebsführung einstellen kann«, berichtet Rieger aus der Praxis. »Vorausgesetzt natürlich, dass man die Hardwarekomponenten im Gebäude sowie die Funktionen kennt und versteht.«

Selbst der Export und Import von Anlagenparametern nach und aus Excel ist möglich, wodurch Einstellungen unkompliziert abgeändert oder Dokumentationen erstellt werden können. Auch lässt sich die Software dank dieser Offenheit einfach mit anderen Systemen verknüpfen.

Um eine schnelle Entwicklung und Inbetriebnahme sowie eine hohe Verfügbarkeit der Gebäudeleittechnik zu gewährleisten, werden in XAMControl die SPS-Einheiten virtualisiert. Das heißt die eigentlichen Automatisierungsfunktionen werden zunächst losgelöst von der Feldebene programmiert und getestet, bevor sie in die tatsächlichen Steuerungen in der Laufzeitumgebung ausgerollt werden.

Die Verteilung der Daten auf den verschiedenen Hardwareplattformen übernimmt dabei das automatische Routing des Systems. »Prinzipiell könnten die Controller so auch völlig virtuell laufen und die Feldbaugruppen steuern, solange eine Netzverbindung besteht«, erklärt Andreas Leitner, einer der Geschäftsführer von evon. »In der Praxis nutzen wir diese Option aber hauptsächlich zur schnellen Überbrückung von Störungen und zum Aufbau von Redundanzen.«

Ist beispielsweise ein Steuergerät defekt, kann seine Funktion entweder im virtuellen Raum weitergeführt oder einfach auf eine andere SPS übertragen werden. Ebenso können redundante Systembestandteile einfach als solche definiert werden und gleichen sich dann selbsttätig mit der Life-Konfiguration ab. Darüber hinaus lassen sich auf diese Weise auch Änderungen in Raumkonzepten flexibel in die Steuerung übernehmen.

Regulierung der Gebäudetechnik

Im Fall des Uniparks wurde sogar auf eigene Steuerserver verzichtet, stattdessen laufen auch diese als Virtualisierung auf der großen Serverfarm der Universität.  Hier kommen die Informationen und Befehle von 11.700 Datenpunkten zusammen, von denen 6.300 über Beckhoff-Klemmen und 5.400 über KNX und TCP/IP kommunizieren.

Letztere umfassen dabei auch Teile der universitären Medientechnik. So kann der Vortragende etwa je nach Bedarf über ein Touch-Panel aus verschiedenen vorprogrammierten Raum- und Lichtszenen auswählen. Generelle Parameter wie die Hörsaal-Lüftung werden dagegen vom Gebäudeleiter individuell je nach Veranstaltung und Vorlesung über Uhrenkanäle eingestellt. Selbst die Wärmepumpen und die Kältemaschine können von den Bedienzentralen aus überwacht und kontrolliert werden.

Auch die Sollwerte für die Raumtemperatur werden über die Leittechnik bestimmt. »Jeder Nutzer kann aber übergeordnet seine Raum-temperatur um ± 3°C verändern«, so Rieger. Solche individuellen Einstelloptionen gelten ebenso für die Beschattung der rund 400 Fachbüros im zweiten und dritten Obergeschoß durch die Sonnenschutzlamellen, die ansonsten über Helligkeitssensoren dreimal täglich je nach Sonnenstand und Gebäudeseite reguliert werden.

Die XAMControl-Raumautomation von evon hat sich seit der Einweihung des Neubaus im Januar 2012 bewährt, wie der technische Leiter berichtet: »Was die Energieeffizienz betrifft, ist das System perfekt abgestimmt für den optimalen Betrieb dieses Hauses und funktioniert ausgezeichnet.«

Zusätzlich wird am Unipark Nonntal aber auch die von evon in Zusammenarbeit mit der TU Wien entwickelte SmartMSR-Regelung getestet. »Dabei handelt es sich um ein prädiktives, modellbasiertes Steuerungssystem, das nicht nur in Abständen den Ist-Zustand gemäß den Soll-Vorgaben nachregelt, sondern Entwicklungen vorausberechnen und entsprechend frühzeitig agieren kann«, so Leitner.

In der Prozesstechnik wird bereits mit solchen meist sehr komplexen Systemen gearbeitet, für die Gebäudeleittechnik wurden sie nun angepasst und in der Nutzung vereinfacht. »Ziel der intelligenten Regelung ist, in den nächsten Jahren die Betriebskosten weiterhin zu minimieren«, fasst Technikleiter Rieger die Erwartungen an das laufende Projekt zusammen.

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