Samstag, Dezember 14, 2024
Optimistischer als erwartet
Für den DC Tower 2 in Wien hat sich das Spezialtiefbauteam der Porr 22,7 Meter in die Tiefe gegraben und damit ein sicheres Fundament für den Turm geschaffen. (Fotocredit: Michael Nowy/Porr)

Der Wohnbau liegt am Boden, kaum eine Woche vergeht ohne neue Negativnachrichten. Aber wie geht es den Gewerken unter der Erde? Wir haben uns Anfang Februar auf der Vöbu Fair bei Spezialtiefbau-Unternehmen umgehört.

Text: Sonja Meßner

Nimmt man die Atmosphäre auf dem Geotechnik-Event Vöbu Fair/ÖGT Anfang Februar als Indikator für die Wirtschaftslage, hat die heimische Spezialtiefbaubranche nichts zu meckern: Volles Haus, gute Stimmung und angeregte Gespräche beherrschten das Netzwerktreffen. Aber natürlich ist auch hier nicht alles eitel Wonne, denn ohne Hochbau fehlt die Nachfrage nach Baugrubensicherungen, Tiefengründungen, Schlitzwänden und Co. »Der Hochbau ist schon seit letztem Sommer tot«, bringt es Thomas Pirkner, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Bohr-, Brunnenbau- und Spezialtiefbauunternehmungen (Vöbu) auf den Punkt. Hinzu komme, dass bei Großprojekten wie dem Wiener U-Bahn-Ausbau die Spezialtiefbauarbeiten mittlerweile abgeschlossen sind. »Wir hoffen jetzt alle auf Investitionen im Infrastrukturbau«, betont Pirkner.

Endlich handeln

Andreas Körbler, Vöbu-Präsident und Geschäftsführer von Keller Grundbau, sieht vor allem die Regierung in der Pflicht: »Die Politik muss dringend eingreifen, sonst wird die Vollbremsung im Wohnbau noch zu einem riesigen Problem für die gesamte Bauwirtschaft.« Der Infrastrukturbau könne trotz Investitionsprogrammen das fehlende Volumen nicht abfedern, betont Körbler. Generell müsse die Politik die Abwicklung von Bauprojekten erleichtern. »Es kann nicht sein, dass wir grünen Strom wollen und dann dauert die Umweltverträglichkeitsprüfung für ein neues Kraftwerk fünf Jahre und länger.« Eine deutliche Entspannung der Nachfragesituation am Bau erwartet Körbler erst für die 2. Jahreshälfte 2025. »Unser Glück ist, dass wir breit aufgestellt sind«, erklärt der Österreich-Geschäftsführer, der zusätzlich für neun weitere Länder verantwortlich zeichnet. Derzeit ist beispielsweise ein Team aus Österreich in Norwegen bei einem Großprojekt, dem Neubau der Tangenvika Brücke, im Einsatz.

Optimismus für 2024

Breit aufgestellt zu sein, hat auch Tiroler Rohre über das schwierige vergangene Jahr hinweggeholfen. Der heimische Anbieter hat sich seit über 75 Jahren auf die Herstellung duktiler Gusssysteme für den Wassertransport und die Tiefgründung von Bauwerken spezialisiert. Während der Markt für Rohrsysteme vergleichsweise stabil lief, habe der Pfahlbereich stark gelitten, berichtet Thomas Aumüller, Leiter Pfahlsysteme bei Tiroler Rohre. »Schließlich sind wir hier zum Großteil von privaten Auftraggebern abhängig und die warten derzeit ab.« Der Nachfrageeinbruch kam für Tiroler Rohre zu einer denkbar ungünstigen Zeit, denn erst kürzlich investierte das Unternehmen aus Gründen der Kapazitätserweiterung am Standort Hall in Tirol 14 Millionen Euro in eine neue Pfahlfertigungsanlage mit elektrischem Nachglühofen. Für 2024 ist Aumüller aber wieder optimistischer. »Es sind gute Projekte am Markt, man muss sie nur bekommen.«

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»Der Preiskampf hat sich in den letzten Monaten verschärft. Während des Bau-Booms der vergangenen Jahre sind viele Glücksritter auf den Markt gedrängt, die nun mit allen Mitteln ums Überleben kämpfen.« Andreas Körbler, Geschäftsführer Keller Grundbau. (Foto: Keller Grundbau)

Großauftrag schon in der Tasche

Auch Alexander Rausch, Geschäftsführer von Bauer Spezialtiefbau, ortet für 2024 leichte Entspannung. »Der private Sektor ist zwar deutlich reduziert, aber seit Ende 2023 gibt es wieder Lichtblicke, nicht zuletzt durch die öffentliche Hand.« Einer dieser Lichtblicke ist der Neubau des Landesdienstleistungszentrum in Salzburg, für welches Rausch und sein Team den Auftrag für die Spezialtiefbauarbeiten bereits in der Tasche haben. Im Jänner erfolgte der offizielle Spatenstich für das 195-Millionen-Euro-Projekt. Die Spezialtiefbauarbeiten bergen dabei einige Herausforderungen. Unter anderem erhält das 13 Geschoße umfassende Gebäude auf einer Baufläche von 10.000 m² eine thermisch aktivierte Bohrpfahlgründung, welche in den nächsten Monaten mit bis zu drei Großdrehbohrgeräten bis in Tiefen von knapp 50 m hergestellt wird.

Preiskampf ausgebrochen

Nichts zu klagen hat Michael Nowy von der Porr Infrastruktur. »Selbst 2023 war für uns ein sehr gutes Jahr und 2024 ist ebenfalls gut angelaufen.« Der Wohnbau in Wien stagniere zwar komplett, jedoch gebe es österreichweit viele Ausschreibungen von Strom- und Energie-Anbietern, berichtet der Kalkulant. Bei all den kleinen Lichtblicken belastet Hersteller und Ausführende ein Thema dennoch besonders: Die schon lange angespannte Preissituation hat sich in den letzten Monaten weiter verschärft. Um die wenigen Projekte am Markt wird erbittert gekämpft. Thomas Aumüller von Tiroler Rohre kann und will sich nicht am Preiskampf beteiligen. »Wir sind nicht im Billigpreissegment tätig. Natürlich müssen auch wir an unsere Grenzen gehen, aber wir versuchen mit anderen Argumenten zu punkten.« Zum Beispiel benötige man für ihre Pfähle nur einen herkömmlichen Hydraulikbagger, was bei beengten Platzverhältnissen ein großer Vorteil sei. Außerdem erreiche man höhere Tagesleistungen und sorge so für eine wirtschaftliche Endabrechnung.

»Während des Bau-Booms der vergangenen Jahre sind außerdem viele Glücksritter auf den Markt gedrängt, die nun mit allen Mitteln ums Überleben kämpfen«, berichtet Körbler. Das sei aber auch ein Ansporn, sich durch Qualität abzuheben – selbst wenn in Österreich noch immer der Preis dominiere. In Skandinavien sei man hier schon weiter, denn Qualität und Nachhaltigkeit würden dort in Ausschreibungen deutlich höher bewertet, so der Keller-Grundbau-Geschäftsführer.

Intrinsische Nachhaltigkeit

Bis dies auch in Österreich der Fall ist, dürfte es noch ein langer Weg sein. »Tiroler Rohre war einer der ersten Anbieter, der bereits 2017 für seine Produkte Umweltproduktdeklarationen (EPD) erstellt hat. Inzwischen können wir auch für jedes Produkt den CO2-Fußabruck (TRM Treibhausgasrechner) über den gesamten Produktionszyklus inklusive Transport berechnen«, so Aumüller. Erste Anfragen zu diesem Service gibt es schon. Auch bei der Porr beschäftigt man sich im Spezialtiefbau bereits intensiv mit nachhaltigeren Bauverfahren im Bereich Baugrubenverbau und Tiefgründungen. »Wir versuchen bei privaten und öffentlichen Ausschreibungen, sofern möglich, dies umzusetzen und nachhaltigere Alternativen auszuarbeiten und anzubieten, jedoch ist das von vielen Auftraggebern bislang noch nicht sehr gefragt«, so Michael Nowy.

Das fehlende Interesse der Auftraggeber bremst Hersteller und Ausführende jedoch nicht, weiter in die Entwicklung nachhaltigerer Bauverfahren und Produkte zu investieren. Die Ergebnisse reichen inzwischen von CO2-ärmeren Bohrpfählen über thermisch aktivierte Mixed-in-Place-Wände bis hin zu Bohrgeräten mit alternativen Antrieben. Weitere Forschungsprojekte laufen – man will bereit sein, wenn die Nachfrage kommt.


Vöbu Fair/ÖGT 2024: Branchentreff mit Besucherrekord

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Das Vöbu-Team organisierte wieder eine gelungene Veranstaltung: Thomas Pirkner, Barbara Schwaiger und Johanna Hajda. (Foto: Vöbu/Rastegar)

Am 1. und 2. Februar traf sich die heimische Geotechnik- und Spezialtiefbaubranche zum Netzwerken und Wissensaustausch im Messezentrum Wien. Anlass waren die 13. Vöbu Fair sowie die 14. Österreichische Geotechniktagung (ÖGT), die schon seit Jahren als Kombi-Veranstaltung erfolgreich Besucher*innen und Vortragende aus dem In- und Ausland nach Wien locken. »Mit 76 Ausstellern und 1.600 Teilnehmer*innen stellte die diesjährige Veranstaltung einen neuen Rekord auf«, freut sich Gastgeber und Vöbu-Geschäftsführer Thomas Pirkner. »Besonders positiv bemerken wir auch eine starke Rückkehr der Schüler*innen aus fachspezifischen HTLs aus ganz Österreich. So können wir Fachkräften von morgen die Geotechnik näherbringen.«

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