Sonntag, April 28, 2024
Der Anfang ist (nicht) das Ende
Will man Investoren überzeugen, sind gute Planung und Transparenz essentiell. Neue Finanzierungsmodelle wie Mezzanine-Kapital können außerdem helfen. (Fotocredit: iStock)

Stetig steigende Zinsen, noch immer rückläufige Transaktionen, geringes Wirtschaftswachstum: Der Immobilienmarkt durchläuft gravierende Änderungen, wodurch Bauträger und Entwickler zum Umdenken in Sachen Strategie und Projektfinanzierung gefordert sind. 

Text: Wolfgang Maurer & Petra Loho

Die Geschäftsbedingungen für Bauträger und Immobilienentwickler sind derzeit nicht einfach. Aber anstatt den Kopf in den Sand zu stecken oder das Handtuch zu werfen, muss die Devise »neu denken, schnell handeln« lauten – neu denken in Bezug auf Finanzierungsmöglichkeiten, schnell handeln hinsichtlich Strategieänderungen.   

Neue Projekte

In Sachen Finanzierung von gewerblichen Immobilienprojekten hinkt Österreich internationalen Entwicklungen nach und ist immer noch zu sehr auf den traditionellen Weg über die Banken fokussiert.  Doch Innovationen in der Finanzbranche, neue Technologien und progressive Finanzierungsmodelle veränderten den Kapitalgebermarkt und öffneten auch in Österreich die Türen zu alternativen Geldquellen. Diese Möglichkeit zur Diversifizierung und der Verwendung von Mezzanine-Kapital reduziert die Abhängigkeit von Banken und gewährt den Zugang zu einer breiten Palette von Investoren. »Es war Goldgräberstimmung die letzten zehn Jahre«, resümiert ein steirischer Immobilien-Profi, der über 300 Immobilien im eigenen Bestand führt. »Die Zinsen waren niedrig, man hat fast keine Eigenmittel gebraucht, die Bank hat eigentlich jede Immobilie finanziert.«

Doch jetzt ist die Welt eine andere. Weil alternative Finanzierungsoptionen wie Mezzanine-Kapital das Eigenkapital schonen, zog der Grazer Experte diesen Weg der Kapitalbeschaffung in Betracht. »Wir waren schon über ein Jahr an einer Immobilie dran«, erzählt der Steirer. »Aber ich brauchte mehr Kapital, um in diesem Markt erfolgversprechende Immobilien aufzufangen und in dieser Situation zu wachsen«. Die Zinssteigungen machten den Kaufpreis eines Objekts mit 48 Wohnungen in der steirischen Hauptstadt für einen Ankauf besonders attraktiv. Der Steirer entschied sich, alternatives Kapital für die Strukturierung der Investition zu verwenden. Mit dem durch die Mezzanine-Finanzierung freigebliebenen Eigenkapital konnte der Geschäftsmann noch zwei weitere Projekte umsetzen – eine Chance, die durch eine Bankenfinanzierung undenkbar gewesen wäre. 

Laufende Projekte

Bei laufenden Immobilienprojekten gibt es immer wieder Herausforderungen, die den Entwicklungsprozess, den Zeitplan und die Rentabilität beeinträchtigen können. Besonders Liquiditätsengpässe, unerwartet hohe Kosten oder Budgetüberschreitungen können die Finanzierung des Projekts gefährden.

Es ist wichtig, dass Immobilienentwickler diese möglichen Probleme antizipieren, sorgfältige Risikobewertungen durchführen und Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen. Ein kritisches Element ist die zeitgerechte, offene und ehrliche Kommunikation mit den Investoren. Nur so kann der Dialog über mögliche Lösungen in Form von kompletten Finanzierungsumstrukturierungen, niedrigeren Zinssätzen oder längeren Laufzeiten eröffnet werden. Die Aufnahme von kurzfristigen Überbrückungskrediten, die Einbringung von zusätzlichem Eigenkapital oder die Anwerbung von neuen Investoren stehen ebenfalls zur Wahl. Dabei sollte jedoch nicht nur das konkret in Schieflage geratenen Projekt betrachtet werden, sondern das gesamte Immobilienportfolio und der damit verbundene Cashflow analysiert werden.

Fertiggestellte Projekte

Eine gut durchdachte Exit-Strategie, die nicht nur kurzfristige Gewinnziele, sondern auch langfristige Unternehmensziele berücksichtigt, ist ein unverzichtbarer Bestandteil eines erfolgreichen Immobilienentwicklungsprojekts. Sie bietet Orientierung, minimiert Risiken, maximiert Renditen und trägt zur finanziellen Gesundheit des Entwicklers bei. Obwohl unvorhergesehene Marktturbulenzen sogar die besten Pläne und Strategien über den Haufen werfen.

Vor einer solchen Herausforderung stand ein junger Projektentwickler in Niederösterreich. Nach einer gesicherten Ankaufs- und Ausbaufinanzierung errichtete seine Firma im Bezirk Mödling eine Wohnanlage mit 53 Wohneinheiten und zwei Büros, inklusive begrüntem Innenhof und Tiefgarage. Ein Globalverkauf sollte die Finanzierungspartner ablösen. Allerdings drückten die stark steigende Inflation und strengere Kreditauflagen den Kaufappetit. Die schwache Nachfrage nach Eigentum führte zu einer Änderung der Exit-Strategie. Der Entwickler übernahm die Wohnanlage in den Bestand, um durch Vermietung Erlöse zu generieren. 

Doch bis der für die Bestandsfinanzierung notwendige Vermietungsgrad erreicht war, schnallten die Zinsen weiter in die Höhe, was eine komplexe Restrukturierung der gesamten Finanzierungsstrategie erforderte. Der neue Plan resultierte in eine Neun-Millionen-Euro-Bestandsfinanzierung mit einem LTV von knapp 80 %, die Ablösung der Fremdbanken der Bauträgerphase und die Refinanzierung des von dem Bauträger eingesetzten Eigenkapitals.  

Perfekte Präsentation

Banken, Fonds, institutionelle und private Investoren setzten mit ihrem Kapital nach wie vor auf gewerbliche Immobilienprojekte. Um eine Finanzierung zu erhalten, ist eine professionelle Vorbereitung oft schon die halbe Miete: Projekte müssen erstklassig für die potentiellen Kapitalgeber dargestellt werden. Wobei nicht nur die Höhe der Bilanzsumme eines Immobilienentwicklers zählt, sondern auch die Art und Weise, wie man sich bei der Suche nach Kapital präsentiert.

Für Bauträger und Projektentwickler gilt es, Zuversicht bei Investoren und Finanzierungspartnern aufbauen zu können. Das setzt eine transparente Darstellung von Erfahrung, Erfolgen und eine überzeugende Vorstellung des Immobilienprojekts voraus. Außerdem überzeugen detaillierte Pläne, hochwertige Visualisierungen, und aussagekräftige Machbarkeitsstudien alte und neue Investoren. Extrapunkte gibt es für einen effektiven Risikomanagementplan, der Finanzprognosen und Sensitivitätsanalysen enthält. Solch ein Plan trägt nicht nur zur Überwachung der finanziellen Gesundheit des Projekts bei, sondern stärkt das Vertrauen von Kapitalgebern und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Finanzierung.

Keine Frage, die Entwicklung eines Immobilienprojekts ist ein umfangreiches Unterfangen, das Kompetenzen in vielen unterschiedlichen Fachgebieten erfordert. Besonders in der frühen Phase der Entwicklung sind die Einflussmöglichkeiten auf die Kapital- und Lebenszykluskosten, die Komfortparameter und den Ressourcenverbrauch am größten. Daher empfiehlt es sich, frühzeitig externe Experten und Berater hinzuzuziehen. Das bringt in Sachen Strategie schon vor kritischen Entscheidungen Vorteile in Form von frischen Lösungsansätzen. Mit dem Zugang zu einem Netzwerk von privaten und institutionellen Investoren und alternativen Finanzierungsmöglichkeiten erschließen Finanzierungsexperten für Entwickler die für das jeweilige Projekt geeigneten Kapitalpartner.


Die Autor*innen

Wolfgang Maurer ist CEO der Median Capital, Petra Loho für Marketing und PR zuständig.


Finanzierungs-Lexikon


(Foto: iStock)

1. Mezzanine-Kapital

Mezzanine-Kapital schließt die Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Mezzanine-Finanzierungen sind hinsichtlich der Rückzahlungsbedingungen und der Struktur flexibel. Es kann auf die spezifischen Anforderungen des Projekts zugeschnitten werden, sodass Entwickler die Finanzierung an den Cash­flow und den Zeitplan des Projekts anpassen können.

Vorteile: Eigenkapitalschonend durch Diversifizierung der Kapitalstruktur, schnelle Ausführung, Flexibilität
Was ist wichtig: Mezzanine-Finanzierungen sind gegenüber vorrangigen Verbindlichkeiten nachrangig und mit höheren Zinssätzen versehen.  Konditionen: LTV 75–95 %, LZ 6–36 Monate, 12–15 %

2. Whole Loan

Alternative Kapitalgeber wie Versicherungen, Fonds und Pensionskassen finanzieren in einer Tranche mit hypothekarischer Besicherung im ersten Rang bis zu 95 % LTC und ersetzen so Bankfinanzierung und Mezzanine-Kapital.

Vorteile: Nur ein Finanzierungspartner, keine Interkreditorenvereinbarung, schnelle Umsetzung und Dokumentation
Was ist wichtig: Längere Laufzeiten bedeuten zwar niedrigere monatliche Zahlungen, aber insgesamt höhere Zinskosten. 
Konditionen: LTV 75–80 %, LZ 5–30 Jahre, 7–10 %

3. Bridge Loan (Zwischenfinanzierung) 

In einem volatilen Markt ist die Schnelligkeit der Finanzierungszusage von maßgeblicher Bedeutung für den Erfolg des Entwicklers. Die Bridgefinanzierung bietet Projektanten z. B. die rasche Sicherstellung des Ankaufs einer Liegenschaft.

Vorteile: Überbrückung von Liquiditätsengpässen, Flexibilität bei der Refinanzierung, Anpassung an individuelle Bedürfnisse wie Laufzeit
Was ist wichtig: Im Vergleich zu langfristigen Finanzierungsoptionen haben Zwischenfinanzierungen in der Regel höhere Zinsen und Gebühren. Daher sollten sie nur als vorübergehende Lösung betrachtet werden und in Kombination mit einem klaren Plan für die langfristige Finanzierung des Projekts eingesetzt werden.
Konditionen: LZ 3–9 Monate, 15–20 %

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