Mittwoch, April 24, 2024

Jedes Haus kommt in die Jahre und wie andere Teile eines Gebäudes muss auch das Dach saniert werden. Neben der Neueindeckung dominiert bei Altbau-Dächern vor allem die Dämmung.

Titelbild: Die Dachsanierung der Kapuzinerkirche in Wien. (Credit: Frant Stubenvoll/Wienerberger)

Ob das Dach gut gedämmt ist, erkennt man im Winter auch ohne Wärmebildkamera auf den ersten Blick«, betont Clemens Demacsek, Geschäftsführer der Gebäudehülle + Dämmstoff Industrie 2050, lächelnd: »Bleibt der Schnee bei Minusgraden am Dach liegen, ist alles in Ordnung. Schmilzt er, fehlt vermutlich die richtige Wärmedämmung.« Dächer von Altbauten verfügen meist nur über eine sehr schlechte Dämmung oder sie fehlt überhaupt. Gerade über sein Dach verliert ein Gebäude aber einen Großteil an Wärme. Expert*innen gehen davon aus, dass eine komplette Dachsanierung bei Altbauten etwa alle 50 Jahre nötig ist. Wie umfangreich die Renovierung des Dachs ausfallen muss, kommt auf den Einzelfall an.

Tagtäglich ist das Dach als Teil der Gebäudehülle der Witterung ausgesetzt und muss starken Belastungen standhalten. Die Dachabdeckung, also Faserzementplatten und Ziegel, wird aufgrund der UV-Bestrahlung und Verwitterung porös, einzelne Dinge beginnen unter der Last von z. B. dem Rauchfangkehrer zu brechen. Das sind erste Anzeichen, dass man etwas tun muss. »Derzeit werden viele Dächer aus den 70er-Jahren saniert«, informiert Christian Wirth, Leiter Objektberatung Dach- & Fassadenprodukte bei Prefa. Er verweist darauf, dass alle Arten von Dächern einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden sollten, um Probleme so früh als möglich zu erkennen und Schäden zu vermeiden. Eine fehlende Wartung kann versicherungstechnische Folgen haben. 

Die Dachrenovierung wird spätestens dann unumgänglich, wenn offensichtlich  Feuchtigkeit eindringt. Wasser ist generell die größte Gefahr. Eine hinterlüftete Dachkonstruktion ermöglicht einen kontrollierten Luftaustausch. Dadurch wird die Bildung von Kondenswasser und Feuchte und damit die Entstehung von Schimmel verhindert. Nicht rechtzeitig erkannter Schimmelbefall, Feuchtigkeit in der Dämmung und morsche Balken, ob Warmdach oder Kaltdach, stellen eine massive Wertminderung des gesamten Objekts dar. Speziell im Übergang einzelner Gebäudeteile, d. h. vom Dach zur Giebelwand, ist Präzision gefragt. Die Anschlüsse müssen laut Franziska Trebut von der ÖGUT gut ausgeführt werden, damit keine Wärmebrücken entstehen.

Große Aufträge erwartet Wirth vom mehrgeschoßigen Bau. »In einem Gespräch hat mir ein großer Wohnbauträger in Wien gesagt, dass allein bei ihm 25 große Mehrfamilienhäuser aus den 60er- und 70er-Jahren in den nächsten fünf Jahren saniert werden müssen.« Geht man von 20 bis 30 großen Baugenossenschaften in Österreich mit jeweils 25 Objekten im Altbestand aus, ergibt das einen gewaltigen Sanierungsbedarf. Laut Eternit Geschäftsführer Hans-Jörg Kasper hängt die Lebensdauer eines Daches von mehreren Faktoren ab, wie der Lage, der Dachneigung und Witterungseinflüssen. »Grundsätzlich sollte die Lebensdauer eines Daches mindestens 30 Jahre betragen, es gibt allerdings auch Dächer mit einer wesentlich längeren Lebensdauer«, so Kasper. Bei Dächern aus Ton erreicht die Lebensdauer laut Wolfgang Wechtitsch, Leiter Produktmanagement Dach bei Wienerberger, bis zu 80 Jahre.

Energie sparen

Die Erneuerung maroder Dächer bei alten Gebäuden ist für Eternit besonders aus energetischer Sicht wichtig. Schließlich lasse sich nicht nur durch intakte Fenster und Heizanlagen viel Energie sparen, sondern vor allem durch ein intaktes Dach. Ein perfekt gedämmtes Dach trägt deutlich zur Verringerung des Energieverbrauchs bei. Es können bis zu 40 Prozent an Heizkosten gespart werden.

Generell unterscheidet man drei Dämmvarianten: Auf-, Zwischen- und Untersparrendämmung. »Zu 90 Prozent überwiegt in der Sanierung von Altbaudächern die Zwischensparrendämmung mit etwa 30 cm Dämmung. Bei einem bereits ausgebauten Dachboden kommt die Aufsparrendämmung zum Einsatz«, informiert Heinz Hackl, zuständig für Public Affairs & Sustainability bei Velux. Das Flachdach sei zwar vom Aufbau einfacher, erfordere aber höchste Präzision beim Aufbringen der Dämmschicht, ein Steildach verzeihe etwas.

»Zu 90 Prozent überwiegt in der Sanierung von Altbaudächern die Zwischensparrendämmung. Bei einem bereits ausgebauten Dachboden kommt die Aufsparrendämmung zum Einsatz«, informiert Heinz Hackl von Velux.

Vielfach wird das entstehende zusätzliche Gewicht als Problem gesehen. »Das ist eine Laienmeinung, hier liegt man falsch«, stellt Hackl klar. Wenn das Dach die Wind- und Schneelasten trägt, ist es in der Regel auch bereit für eine neue Dachdeckung. Bei einer sehr schweren Last muss man sich die Frage stellen, ob man die Dachdeckung anpasst oder den Dachstuhl ertüchtigt. Das ergibt für Prefa einen großen Vorteil, betont Wirth.

Die baurechtliche Situation hat sich geändert, die statische Dimensionierung des Dachstuhls ist heute nicht mehr zulässig. Aludächer wiegen nur ein Zehntel im Vergleich zu anderen Dachabdeckungen. »Trotz Vollschalung erzielen wir mit Prefa-Dächern weniger Gewicht als vorher.« Am Markt gibt es neben den konventionellen Dämmstoffen auch zahlreiche Dämmstoffe aus nachwachsenden Materialien, die je nach Bundesland auch gefördert werden, etwa Flachs, Schafwolle und Hanf. Zellulose besteht aus Altpapier, sie wird in Hohlräume wie z. B. den Dachstuhl eingeblasen.

Das Solardach ist eine Aluminium-Dachplatte von Prefa mit einer integrierten Photovoltaikanlage, die fest mit der Grundplatte aus beschichtetem Aluminium verbunden ist.

Bauen ohne Boden

Heinz Hackl legt großen Wert auf den Wohnraum Dachboden. Er bietet großes Potenzial. Würde man ihn sowie leerstehende Gebäude nutzen, müsste man die nächsten Jahre keinen einzigen m² neu bauen. Auch für Christian Wirth toppt der Dachbodenausbau. »Es gibt nur einen Weg für Nachverdichtung, und der führt nach oben.« Nachverdichtung gehöre gefördert, in Wien passiert das laut Prefa schon. »In der Kleinstadt, in der ich lebe, sind aber erst 20 bis 30 Prozent der Dachböden ausgebaut. Wir können es uns nicht leisten, Österreich weiter zu versiegeln.«

Die Dämmung der obersten Geschoßdecke kann auch von Laien durchgeführt werden.

Der Dachbodenausbau sei Gebot der Stunde. Eine Sanierung geht laut Dachexpert*innen meist mit einer Nutzungsänderung einher. Solange das Dach nicht maßgeblich verändert, d. h. keine neuen Schornsteine oder neue Fenster und nur die Dachhaut getauscht wird, reicht laut Christian Wirth eine Bauanzeige bei der Gemeinde. Meldepflicht entsteht, wenn das Dach in seiner Funktion verändert wird, z. B. wenn sich durch die Arbeiten eine andere Bauklasse ergibt. Dachdämmung im Altbau wird laut Franziska Trebut von der ÖGUT indirekt gefördert: »Bei einer Sanierung im Altbau darf die baubehördlich zulässige Bauhöhe durch die Dämmschicht überschritten werden.« Im Neubau gelte das nicht.


BMI Rooftop Talk 2022

Zum zweiten Mal lud BMI Austria zum Rooftop Talk. Mehr als 100 Gäste nutzten die Möglichkeit, sich bei diesem Netzwerk-Event bei hochkarätigen Vorträgen über Ansätze zum Thema »Nachhaltige Dachlösungen« zu informieren.

Den Abschluss des BMI Rooftop Talk bildete eine lebhafte Podiumsdiskussion.

Den Impulsvortrag hielt Architekt Willi Fürst von »Ortner & Ortner Baukunst«, der einen Einblick in den Veranstaltungsort, die MQ Libelle, gab. Es folgte Zukunftsforscher und Innovationsexperte Michael Dell, der zeigte, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt, um Kipp-Effekte beim Klima abzufangen. So ist er sich absolut sicher, »dass Dächer in Zukunft kühlen müssen – zum Beispiel durch Gründachanlagen«. Für Photovoltaikanlagen am Dach machte sich Vera Immitzer als Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria stark. Denn um die Klimakrise zu bewältigen, müsse der Anteil von Sonnenstrom bis 2030 von momentan 2,5 Terrawatt pro Jahr auf 13 steigen. Das könne aber nicht nur durch PV-Verpflichtungen für Dächer gelingen.

Für deutlich mehr Dachbegrünungen sprach sich der Autor, Fotograf und Naturdenker Conrad Amber aus. Am Beispiel München zeigte er, dass eine konsequente Begrünung der Dächer die Temperatur aufs Jahr gerechnet um zwei Grad senken würde. Als finaler Speaker widmete sich Wolfgang Hubner dem Thema »Das Dach als Wasserspeicher«. In der abschließenden Podiumsdiskussion mit den vier Dachthemen-Speakern wurden die bereits genannten Ansätze zusätzlich vertieft und auch das Publikum aktiv miteinbezogen.

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