Samstag, April 20, 2024

Gebäudetechnik ist innovativ und vielschichtig, umfasst Gastransporte, Abwasserbeseitigung ebenso wie Elektrotechnik, Leittechnik und Wärmeversorgung. Auf ihrem Pfad findet sich laufend Neues.

Zur Erreichung der Klimaschutzziele muss der Gebäudebestand bis 2040 CO2-neutral, der Gesamtenergieverbrauch reduziert und fossile durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Die Schiene dafür lautet: moderne Gebäudetechnik. Sie sorgt für eine effiziente und nachhaltige Nutzung von Energie und für den optimalen Komfort für die Nutzer*innen. »Darüber hinaus hat die Technologie einen großen Einfluss auf die Lebenszykluskosten und die Werterhaltung des Gebäudes«, betont Martin Lang, Head of Siemens Regional Services and Solutions.

Über das Ausmaß an Leistungen besteht eine unterschiedliche Sichtweise. »Hier haben sich die Parameter verändert«, betont Thomas Romm vom Architekturbüro forschen planen bauen. »In den 90er und 2000er Jahren haben wir Gebäude mit einer sehr komplexen Gebäudeversorgung und einer sehr umfangreichen Gebäudetechnik geplant.« Damit ergibt sich eine hohe Wartungsintensität; gleichzeitig ein für ihn limitierender Faktor im Gebäude. Robuste Systeme, die weniger komplex und damit langlebiger sind, müssten wieder vorangetrieben werden. Alle Bereiche der Haustechnik sind betroffen. Die IG Lebenszyklus Bau formuliert den Anspruch an die Gebäudetechnik ähnlich:

- passend für das Gebäude und die Nutzung
- verständlich für die Betriebsführung
- robust; geringe Störungen und Schäden sind leicht reparierbar
- bedarfsorientiert dimensioniert
- wirtschaftlich konkurrenzfähig
- von der Planung bis in den Betrieb überprüfbar.

Einen Schritt zurück in der Qualität der Gebäudetechnik sieht Thomas Romm dadurch nicht, denn z. B. mit Bauteilaktivierung könnten Systeme im dualen Modus geführt werden. »BTA arbeitet mit Außenluft, man erspart sich notwendige Lüftungsanlagen.« Sie könne zum Kühlen ebenso eingesetzt werden wie zum Heizen. Mit thermischen Plug-ins lässt sich die Leistung der Anlage laut Thomas Romm bei Bedarf wesentlich erhöhen.

Photovoltaik
Vera Immitzer, PV Austria

»Die Nachfrage nach PV-Lösungen ist heuer im Vergleich zum Vorjahr bereits um das Fünffache gestiegen«, berichtet Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria, und nennt als Gründe neben der Unsicherheit rund um die Energieversorgung den grünen Gedanken und die steigenden Energiepreise. Rund um die Erhöhung des Wirkungsgrades der PV-Zelle gebe es viel Forschung. »Aktuell liegt der bei rund 20 Prozent. In der Forschung erreicht man bereits über 40 Prozent, aber der Schritt vom Labor in die Praxis ist ein gewaltiger, da sehr kleinteilig geforscht wird. Bis die wirkungsvollere PV-Zelle am Markt ist, können Jahre vergehen.«

PV-Integration

Thomas Zelger, Stiftungsprofessor für energieeffiziente und nutzerInnenfreundliche Gebäude und Stadtquartiere an der FH Technikum Wien, verweist auf Fortschritte bei der thermischen Bauteilaktivierung. »Die Technologie gibt es schon lange, aber die Materialien werden permanent optimiert.« Phase Change Materials, PCM, ändern im Bereich von 23 bis 26 Grad ihren Aggregatzustand, wodurch sich die Energiedichte erhöht. Wärme kann über lange Zeit relativ verlustfrei gespeichert werden, z. B. in der Gebäudearchitektur. Diese Innovationen sind noch relativ kostenintensiv, daher nicht stark in der Umsetzung.

Viel Potenzial erkennt Zelger für die Integration von Photovoltaik in Bauteile. »Da gibt es viel Spielraum, auch hinsichtlich der gestalterischen Qualität, was wiederum Architekt*innen anspricht.« Eine Innovation bildet z. B. eine klassische Jalousie, die mit PV beaufschlagt ist. Nun gelte es, die Stellung der Lamellen bezogen auf die Belichtung, den Sonnenschutz und die Stromproduktion zu optimieren. Für solaren Strom bieten sich auch hybride Solarthermiesysteme. In Österreich werden diese laut Zelger noch nicht eingesetzt, »es gibt aber bereits tolle Projekte.«

Speicher
Susanne Lampl, Fronius International GmbH

»Vor dem Hintergrund der zunehmenden Elektrifizierung gewinnen Speicher immer mehr an Bedeutung. Für Kunden wird immer wichtiger, dass sie den Strom selbst erzeugen und nutzen können. Dabei gilt es, den gesamten Lebenszyklus zu betrachten, das umfasst den Energieaufwand, den CO2-Abdruck ebenso wie z. B. Transportwege, Langlebigkeit und die Möglichkeit zur Reparatur«, informiert Produktmanagerin Susanne Lampl und verweist auf die Stromspeicher-Inspektion 2022 der HTW Berlin. Anhand realer Referenzfälle wurden 21 Solarstromspeicher geprüft, für insgesamt sechs Photovoltaik-Speichersysteme gab es Bestnoten, davon zwei mit Fronius Wechselrichtern.

Bauteilaktivierung
Gunther Graupner, ZAB

Baumeister und Architekt Gunther Graupner, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Bau, spricht die Rolle von Gebäudetechnik in der Sanierung an. »Wird vollumfänglich saniert, das heißt wird die gesamte Haustechnik getauscht, ist es leichter. Wenn einzelne bestehende Systeme mit neuen Systemen zusammengeführt werden, wird es hochkomplex«, betont er und verweist auf ein Projekt zur Lebenszykluskosten-Betrachtung. »Den Einzelkomponenten wie Wärmepumpe oder Lüftungsanlage wird hohes Vertrauen entgegengebracht. Werden die Technologien kombiniert, ist das Vertrauen in das Zusammenwirken noch gering.« Graupner fordert daher die Zusammenführung des Haustechnikbereichs in einer Branche.«

Aufzug

Im Bereich der Aufzugsanlagen steht die Digitalisierung im Zentrum. Wolfgang Hofmann, Direktor Verkauf Neuanlagen bei Kone, nennt als Herzstück seines Unternehmens die Kone Cloud. »Unsere Aufzüge und Rolltreppen sind ständig verbunden. Mit den Daten versuchen wir, die Anlagen zu sichern und verfügbar zu halten. Störungen lassen sich so leicht voraussagen, Techniker können fehleranfällige Teile bereits vorab tauschen.« Über die Cloud werden 200 Parameter geschickt. Zusätzlich bietet sie eine Schnittstelle nach außen, die z. B. für Reinigungs-, Überwachungs- und Transportroboter in Hotels und Betrieben eingesetzt wird.

Fassaden
Stefanie Federspiel, ÖFHF

Fassaden stehen in enger Wechselwirkung mit der technischen Ausrüstung des Gebäudes. Sie überzeugen heute gestalterisch und durch ihre thermische Effizienz, eignen sich bestens als außenliegende bautechnische Schallschutzmaßnahme. Stefanie Federspiel, ÖFHF, sieht noch viel Entwicklungspotenzial v. a. in Verbindung mit Photovoltaik. Als Innovation nennt sie z. B. intelligente Fassaden, die mit Sensoren arbeiten und automatisiert auf Wetteränderungen reagieren.

Wärmepumpen
Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria

Richard Freimüller ist besonders darüber erfreut, dass Wärmepumpen zunehmend in der Sanierung Einsatz finden. Und er räumt sofort mit der Fehlinformation auf, dass Wärmepumpen und Heizkörper nicht kombiniert werden können. »Studien widerlegen diese Aussage. Fußboden-, Wand– und Deckenheizungen sind gute Voraussetzungen für die Wärmepumpe. Aber ich kann auch mit Heizkörpern arbeiten. Mittlerweile werden bereits Versuche durchgeführt, mit Wärmepumpen und Heizkörpern zu kühlen.« Für einen klimaneutralen Gebäudebestand sei eine rasche Verdopplung auf 60.000 installierte Wärmepumpen jährlich notwendig. Als genutzte Ressourcen nennt Freimüller zu 80 Prozent Luft, der Rest verteilt sich auf Sole und Wasser/Wasser.

Solarwärme

Noch heizen zwei Drittel der heimischen Haushalte mit fossilen Energieträgern, d. h. mit Erdgas oder Öl. »Die Wärmewende nimmt aber Fahrt auf«, berichtet Roger Hackstock, Geschäftsführer des Branchenverbandes Austria Solar. Solarwärme, Wärmepumpen, Pellets und Hackschnitzelheizungen, Nah- und Fernwärme sind Heizsysteme der Zukunft. Bei privaten Kleinanlagen machen sich vor allem die Preissteigerungen bei Öl und Gas bemerkbar. Hackstock berichtet vom zunehmenden Wunsch der Kunden nach einer Gesamtenergielösung.

»Solarthermie wird immer mehr Teil eines Energiepakets, Kühlung wird verstärkt Thema, ebenso die Kombination mit Wärmepumpen.« Dementsprechend wird die Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke verstärkt. Mit Blick nach Graz verweist Roger Hackstock auf das Forschungsprojekt Ship2Fair am BEST Kompetenzzentrum. »Hier wurde ein selbstlernender Algorithmus für Solarwärme entwickelt, der den Energieertrag der nächsten Stunden voraussagt und damit die Gesamteffizienz der Anlagen steigert.«

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