Freitag, April 26, 2024
Der Architekt in Zeiten von BIM

In den letzten 30 Jahren hat der Architekt kontinuierlich an Befugnis und Entscheidungshoheit verloren. Das ändert sich jetzt. Dank Building Information Modeling wächst der Einfluss der Architekten wieder. Er wird zum Koordinator und Treiber des gesamten Planungs- und Modellierungsprozesses.

Als Generalist, Baumeister und Koordinator stand der Architekt über Jahrhunderte hinweg für den gesamten Planungsprozess, den Bau und die Steuerung der Baustelle ein. Grundlegend veränderte sich diese gewachsene Rolle erst mit der Spezialisierung auf Bauwerkstypologien. Mit der Entwicklung der Ingenieurtechnik im 18. Jh. etablierten sich dann Planer-Fachdisziplinen. Sie bedeuteten letztlich die »Aufspaltung« des Baumeisters zum Architekten, Hochbauer, Wasserbauer, Statiker oder TGA-Fachplaner. Der Architekt wurde damals Bestandteil eines Entwerfer- und Planer-Gefüges.


Mit diesem Status konnten sich die Architekten bis in die 1980er-Jahre gut arrangieren. Sie hatten ihre Rolle im Planungs- und Bauprozess als Vermittler zwischen Planungspartnern oder als Projektsteuerer und schufen über die Jahre fruchtbare Allianzen zwischen Architekt und Ingenieur. Ihre Zusammenarbeit befand sich in einem subtilen Gleichgewicht, das jedoch kippte. Der Architekt verlor in den letzten 30 Jahren an Entscheidungshoheit und Befugnis und sah sich neuen Protagonisten wie dem (Gesamt)Projektsteuerer, dem externen Controller oder dem Bauherrnvertreter gegen. Kostensensibilität, wachsende Komplexität der Bauabläufe sowie neue Auftraggeberstrukturen sind wesentliche Gründe hierfür.

Architekt als BIM-Verfasser

Aktuell wächst der Einfluss der Architekten wieder. Building Information Modeling (BIM) ist hierfür der Treiber. Die sich festigende digitale BIM-Planungsmethode ermöglicht es, komplexe Planungs- und Bauabläufe in der Hand des Architekten zu bündeln. Dass dies möglich wird, ist, vereinfacht gesagt, dem 3D-Gebäudemodell zu verdanken. Digitale Gebäudemodelle dienen als zentrale Daten- und Informationspools für den Planungsprozess und die Bauphase bis in den Betrieb. Der Verfasser eines BIM-Modells ist der entwerfende Architekt. Er pflegt die Teilplanungen der Ingenieure ein und verwaltet sie. Damit kommt ihm eine umfassende Steuerungsrolle zu. Neue Arbeits- und Handlungsfelder ergeben sich daraus; erste Spezialisierungen von Architekten auf BIM-Planungsleistungen zeigen, wohin die Reise geht.

Koordinator und Treiber

Bild oben: Sébastien Le Prestre arbeitete Ende des 17. Jahrhunderts im Dienste des Sonnenkönigs Ludwig XIV und war einer der ersten Ingenieure im heutigen Sinne. In über 50 Dienstjahren plante er 33 Festungsbauten, lieferte für über 400 Projekte Planungsleistungen und modernisierte unzählige Festungsanlagen in Europa. 

 

Die Modellkoordination, die der Architekt leistet, ist wesentlich und neu im BIM-Prozess. Seine Koordinationsleistung dient schlussendlich der Erstellung des sogenannten »as built«-Modells (das Datenmodell, in dem das tatsächlich erstellte Bauwerk und alle Anpassungen im Planungs- und Bauverlauf erfasst sind). Die Rolle des Architekten als Koordinator macht ihn zum Treiber im gesamten Prozess, denn er legt gemeinsam mit dem Bauherrn fest, welche Daten sein Gesamtmodell umfassen soll (über die sog. Auftraggeber Informationsanforderung, kurz: AIA) und welche Teilmodelle mit welchen Daten und wann von den Fachplanern zu liefern sind (erfasst im BIM Projektabwicklungsplan, kurz: BAP).

Dass in der Datenerfassung, Koordination und Verwaltung des Gebäudemodells wichtige Pluspunkte zur konventionellen 2D-CAD-Planung liegen, erkennen ebenso die Software-Hersteller. CAD-Planungssoftware, Statikprogramme, AVA-Lösungen, Projektsteuerungs-Tools oder FM-Programme verankern BIM und machen es über das plattformübergreifende IFC-Format zur Basis eines verlustarmen Datenaustausches.

Graphisoft beispielsweise, Hersteller der BIM-Software Archicad, sieht den essenziellen Nutzen für den Architekten schon lange. Für Holger Kreienbrink, Leiter Produktmanagement, ist klar: »BIM ist ein Werkzeug, das es dem Architekten mit dem Gebäudemodell erlaubt, ungeahnte Transparenz und Tiefgang in seine Planung zu bringen – wenn er das wirklich will. Der BIM-Prozess macht es möglich. Und die Bandbreite der Nutzungen, die das virtuelle Gebäudemodell für ihn bieten kann, ist aktuell noch gar nicht abzusehen.«

Meistgelesene BLOGS

Firmen | News
01. März 2024
Unter dem Motto „Mission Zukunft - Transformation der Wirtschafts- und Energiesysteme" veranstalten die Deutsche Handelskammer in Österreich in Kooperation mit Fraunhofer Austria Research das Deutsch-...
Nicole Mayer
26. Jänner 2024
Der Bewerb um die höchste staatliche Auszeichnung für Unternehmensqualität in Österreich ist eröffnet. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) sucht Quality Austria wieder...
Alfons A. Flatscher
02. Jänner 2024
... das Alte geht. Die Welt ist im Wandel. Wir wandeln uns mit. Der REPORT ist im Wandel und erscheint in neuem Kleid: Mit neuem Layout, auf besserem Papier und mit einer Weiterentwicklung des inhaltl...
Firmen | News
25. März 2024
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unternehmen weltweit erkennen zunehmend die Bedeutung von KI für ihre Produktivität und W...
Katharina Bisset
07. Februar 2024
Ab 14. Februar 2024 müssen alle Pflichten des Digital Services Act von betroffenen Unternehmen umgesetzt werden – aber was bedeutet dies konkret? Der Umfang der Pflichten hängt davon ab, welche Dienst...
Alfons A. Flatscher
26. Jänner 2024
Ganz oben auf der Agenda unserer Leser*innen steht: Neues schaffen! Wir haben gefragt, 150 Leser*innen haben uns qualifizierte Antworten geliefert. (Zum Artikel: Chancen überall, nicht erst ab 2025) D...
Firmen | News
14. März 2024
Bereits zum dritten Mal verleiht die auf Informationssicherheit spezialisierte Zertifizierungsinstanz CIS - Certification & Information Security Services GmbH die begehrte Personenauszeichnung „CI...
Mario Buchinger
22. Jänner 2024
In der Consulting- und Coaching-Branche gibt es sicher einige Leute, die kompetent Organisationen unterstützen können. Aber viele der Coaches und Consultants nützen meist nur sich selbst. Worauf Unter...

Log in or Sign up