Freitag, April 26, 2024

Wenn Amazon und Alibaba mit B2B-Marktplätzen starten, bleibt das nicht ohne Wirkung: Das Thema E-Commerce für den Geschäftskunden-Vertrieb gewinnt an Brisanz. Unternehmen können die Komplexität im B2B-Onlinehandel durch ERP-Integration in den Griff bekommen.

Michiel Schipperus ist CEO des niederländischen E-Commerce-Spezialisten Sana Commerce.

Der B2B-Onlinehandel entwickelt sich rasant: Laut den Analysten von Frost & Sullivan wird der weltweite Umsatz im B2B-E-Commerce bis zum Jahr 2020 ein Volumen von 6,7 Billionen US-Dollar erreichen und damit etwa doppelt so hoch sein wie der Umsatz im B2C-Geschäft mit 3,2 Billionen US-Dollar. Die Verlagerung von B2B-Vertriebsprozessen auf Online-Kanäle muss aber sorgfälig durchdacht sein. Entscheidend ist, dass Geschäftskunden über diesen Weg ihren Einkauf auch optimal abwickeln können.

Mit Webshops mehr Effizienz im Vertrieb

Grundsätzlich beschleunigt der Online-Handel im B2B-Bereich den Marktzugang bei potenziell geringeren Vertriebskosten. Dabei geht es keineswegs darum, an der Vertriebsmannschaft zu sparen. Vielmehr gilt es, zwei Anforderungen durch B2B E-Commerce auszuschöpfen: Erstens das oft erhebliche, für Online-Bestellungen geeignete Umsatzvolumen auch auf diesen Kanal umzuleiten. Zweiter wichtiger, aber oft vernachlässigter Aspekt ist, dass der Vertrieb in Kunden-Meetings von einem leistungsfähigen B2B-Webshop direkt profitiert: Denn damit stehen kundenindividuell aktuelle Produktinformationen und Bestellhistorien ebenso zur Verfügung. Zum anderen ist klar: Werden Standardbestellungen vom Kunden online abgewickelt, kann sich der Vertrieb bei Terminen vor Ort auf komplexe Fragestellungen konzentrieren. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Webshop umfassend und in Echtzeit Unternehmensdaten nutzt, die typischerweise im ERP-System vorgehalten werden – d.h. E-Commerce mit dem ERP-System integriert und nicht nur punktuell über Schnittstellen verbunden ist.

Kurz: Strategisch eingesetzt wird ein B2B-Webshop zum Dreh- und Angelpunkt aller Vertriebs- und Marketingkanäle und schafft die Grundlage, Routineprozesse zu automatisieren, den Servicegrad zu erhöhen und – über entsprechende Analytics-Anwendungen – Kundenbedürfnisse anhand von User-Verhalten und dedizierter Erfolgsmessung von Kampagnen präziser zu identifizieren.

Webshops optimal gestalten

Der erste wichtige Schritt hin zu einem nachhaltig erfolgreichen B2B-Webshop ist zu verstehen, dass ein Geschäftskunde komplexere Anforderungen hat als ein Endverbraucher. Geprägt vom Komfort der B2C-Webshops haben Einkäufer durchaus hohe Ansprüche an Design und Benutzerführung, agieren aber nicht als Impulskäufer.  Großaufträge oder Bestellungen von Spezialartikeln sind üblich und mit Mengenrabatten oder Handelsvereinbarungen verbunden. Zumeist bestehen bereits langjährige Geschäftsbeziehungen zum Unternehmen mit regelmäßigen Käufen, weshalb individuelle Rabatte erwartet werden, basierend auf individuellen Rahmenverträgen und zahlbar auf Kredit. Zudem erfordert der B2B-Online-Handel mehr Details und Transparenz bei Auftragsabwicklung und Lieferbedingungen.

Unternehmen müssen diese komplexen Prozesse über entsprechende Funktionalitäten in ihren B2B-Webshops verlässlich abbilden können. Die Nutzung bereits bestehender Kundendaten und Business-Logiken aus dem ERP-System vereinfacht es, die vielschichtigen Anforderungen von Geschäftskunden online zu erfüllen. Oder anders formuliert: Ist der Webshop direkt mit dem ERP-System integriert, ist es erheblich einfacher, die nötigen Funktionen und Automatismen für B2B-Handelsprozesse online abzubilden.

Dazu gehören insbesondere auch folgende Aspekte:

Automatisierung von Retouren: Die Abwicklung von Rücksendungen und Reklamationen mit allen Facetten der Logis­tik, Ersatzlieferung und Verrechnung gehört zum Routine-Alltag im B2B-Geschäft und kann bei einer ERP-Integration in der Regel online lückenlos abgebildet werden.

Produktkonfigurator mit Machbarkeitsüberprüfung: Mit der Individualisierung von Produkten werden Produktkonfiguratoren unverzichtbar. Ist der Webshop mit dem ERP integriert, lässt sich der Entscheidungs- und Kaufprozess des Kunden mit automatischer Machbarkeitsprüfung unterstützen.

Log-In-Accounts für unterschiedliche Rollen und Rechte: Aufgrund unterschiedlicher Rollen und Rechte benötigen Unternehmen mehrere Log-In-Accounts für ihr Kundenkonto. Auf diese Weise lässt sich für jeden User individuell steuern, welche Art und Detailtiefe an Informationen angezeigt wird bzw. welche Funktionen freigeschaltet und welche Bestellungen ermöglicht werden.

Preis- und Rabattänderungen in Echtzeit: B2B-Kunden erwarten anhand ihres Profils die für sie gültigen Preisinformationen. Das heißt, es muss sichergestellt sein, dass Kunden bei jedem Login stets die richtigen Produkte mit den korrekten Preisen und Rabatten angezeigt werden. Mit dem ERP-System als Grundlage für E-Commerce wird jede Änderung von Preisen oder Konditionen für einen bestimmten Kunden in Echtzeit vom Webshop übernommen.

Versand und Logistik systemgestützt abwickeln: B2B-Webshops müssen Kunden unterschiedliche Versandmöglichkeiten zur Verfügung stellen und gegebenenfalls auch Kosten für den Export abbilden – alles Aspekte, die im ERP-System bereits hinterlegt sind und bei Bestellungen über den Webshop auch online für Kunden zur Verfügung gestellt werden können.

Datenanalysen für erhöhte Umsatzchancen: Die kombinierte Auswertung von Kunden- und Bestelldaten aller Vertriebskanäle mit dem Userverhalten im Webshop hilft, Kundenanforderungen besser zu verstehen und sogar Vorhersagen über das Kaufverhalten von Kunden zu treffen. Wenn aus den Daten im ERP-System ersichtlich ist, dass ein Käufer bestimmte Produkte jeweils zu bestimmten Zeiten ordert oder auch zwischen Produkten wechselt, kann die E-Commerce-Lösung anhand von Algorithmen zielgerichtet Cross- oder Up-Selling-Möglichkeiten nutzen und diese Produkte dem Kunden aktiv anbieten.

Lagerbestandsanzeige vermeidet »doppelten Verkauf«: Eine der größten Herausforderungen für den Onlinehandel liegt in der Bestandskontrolle. Wenn Produkte über mehrere Vertriebskanäle angeboten werden, besteht die Gefahr, dass sie »doppelt verkauft« werden. Durch die Integration in das ERP-System ist gewährleis­tet, dass online allen Beteiligten stets der aktuelle Lagerbestand angezeigt wird.

Fazit

Webshops für den B2B-Handel müssen komplexe und vielschichtige Funktionen abbilden, um Mehrwert zu bieten, Umsätze zu steigern und Kunden zu binden. Gleichzeitig ist klar: Alle dafür nötigen Daten und Logiken sind bereits über das bestehende ERP-System wie SAP oder Microsoft Dynamics vorhanden.
Daher ist es aus mehreren Gründen sinnvoll, auf eine vollständig integrierte Lösung aus E-Commerce und ERP zu setzen: Schnittstellenprobleme entfallen und der Aufwand für Pflege und Administration des Webshops ist deutlich geringer als für ein separates E-Commerce-System.

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