Montag, April 29, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report nennt Christian Weinhapl, Geschäftsführer Wienerberger Ziegelindustrie, konkrete Zahlen, welche Rolle das Vorzeigeprodukt Porotherm W.i. in Sachen Absatz und Umsatz spielt, berichtet von schwierigen Gesprächen mit den Energielieferanten in Sachen Energieeffizienzgesetz und fordert von der Massivbau­branche ein pointierteres Auftreten im Wettbewerb der Baustoffe.

Report: Die Wienerberger Gruppe hat für das erste Halbjahr 2015 sehr erfreuliche Zahlen präsentiert und rechnet auch mit einer positiven Gesamtentwicklung 2015. Wie geht es der Wienerberger Ziegel­industrie in Österreich?

Christian Weinhapl: 2014 war für die gesamte Baubranche aufgrund der milden Witterungsverhältnisse ein atypisch gutes Jahr. Entsprechend hoch lag die Latte vor allem im ersten Halbjahr. Das erste Quartal 2015 hat uns auch einen deutlichen Rückstand zum Vorjahr beschert, aber seit April verzeichnen wir eine sehr positive Entwicklung. Mit Ende September konnten wir zu den Vorjahresergebnissen aufschließen. Ob wir das Gesamtjahr knapp unter oder knapp über dem Vorjahresergebnis abschließen, wird vor allem vom Wetter abhängen. Aber wenn man die realistische Chance hat, ein sehr gutes Vorjahresergebnis noch zu übertreffen, ist das eine schöne Entwicklung.

Report: Worauf führen Sie die positive Entwicklung zurück?

Weinhapl: Das hat aus meiner Sicht weniger mit den Baubewilligungen zu tun als mit dem Trend zur einschaligen Bauweise im Einfamilienhausbereich. Von zahlreichen Messen und Verkaufsgesprächen wissen wir, dass es eine zunehmende Diskussion über Vollwärmeschutz gibt. Dämmstärken von 25 bis 30 Zentimetern stimmen viele nachdenklich. Und da haben wir mit unserem mit Mineralwolle gefüllten Ziegel Porotherm W.i. das richtige Produkt zur richtigen Zeit.

Report: Wie entwickeln sich die Absatzzahlen des Porotherm W.i.?

Weinhapl: Wir hatten ein sehr ambitioniertes Budget. Das werden wir zwar nicht ganz erreichen, aber gegenüber dem Vorjahr ist auch Dank der intensiven Marktbearbeitung und unserer Werbeoffensive ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen.

Report: Welche Rolle spielt der Porotherm W.i. prozentuell bei Umsatz und Absatz?

Weinhapl: Absatzmäßig entfallen knapp sieben Prozent auf den W.i., der Umsatzanteil liegt deutlich höher. Vom Deckungsbeitrag her ist das sicher neben dem Planziegel und dem Dryfix das Produkt der Zukunft. Damit haben wir national auch nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal.

Report: Und international?

Weinhapl: In Deutschland haben mittlerweile viele Anbieter ein ähnliches Produkt im Sortiment. Da spüren wir auch auf dieser Produktlinie schon wieder einen heftigen Preiskampf.

»Es ist irritierend, dass sich Politiker und Entscheidungsträger für die Unterzeichnung der Holzbau-Charta ohne vorherigem Faktencheck hergeben.«

Report: Viele Unternehmen und Branchen klagen aktuell über die Standortfaktoren in Österreich. Wird der Produktionsstandort Österreich für die Ziegelbranche auf Dauer zu halten sein?

Weinhapl: Der Ziegel ist ein transportkostenintensives Produkt. Wir haben einen wirtschaftlich sinnvollen Aktionsradius von maximal 250 Kilometern. Es wird deshalb immer eine lokale Produktion geben. Aber natürlich kann es zu einem Konzentrationsprozess kommen. Auch wir mussten in den letzten Jahren entsprechende Maßnahmen setzen. Der Marktbereinigungsprozess in Österreich ist sicher noch nicht abgeschlossen.

Es gibt Überkapazitäten von zumindest 20 bis 25 Prozent. Ein regionaler Ziegelhersteller musste letztes Jahr die Produktion zur Gänze einstellen und auch wir haben Winterstillstände und fahren in Fürstenfeld nur noch die halbe Werkskapazität. Schwierig wird es vor allem für die Produzenten, die nicht im hochwertigen Segment positioniert sind.

Report: Hat sich die Aufregung rund um das Energieeffizienzgesetz schon etwas gelegt?

Weinhapl: Die Verärgerung ist nach wie vor sehr groß. Ich kann nicht verstehen, warum Unternehmen, die schon durch den Emissionshandel verpflichtet sind, Einsparungen vorzunehmen, noch einmal durch das Energieeffizienzgesetz getroffen werden und doppelt bestraft werden, wenn Einsparungsziele nicht erreicht werden.

Report: Wie laufen die Gespräche mit den Energielieferanten?

Weinhapl: Mit den bestehenden Energielieferanten sind wir noch nicht einig, wie wir mit dem Thema umgehen wollen. Wir haben heuer auch den Gasliefervertrag mit acht Anbietern neu ausgeschrieben. Von denen hieß es unisono, dass die 0,6 Prozent an Einsparungen von der Industrie kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Sollte das nicht der Fall sein, müssten wir die Strafe von 20 Cent pro nicht eingesparter Kilowattstunde zahlen.

Da reden wir schon von 200.000 bis 250.000 Euro pro Jahr. Wir gehen aber davon aus, dass wir die 0,6 Prozent schaffen werden und uns daraus keine Mehrkosten entstehen werden.
Ärgerlich ist aber, dass es immer noch keine Durchführungsverordnung gibt. Wir sollen bis Mitte Februar die Einsparungsmaßnahmen bekannt geben, aber noch gibt es keine Formulare und keine Klarheit über Anrechenbarkeiten. Das ist einfach absurd.

Report: Die Holzbaulobby ist aktuell sehr offensiv. Mit der von Ministern und zahlreichen Nationalratsabgeordneten unterzeichneten Holzbau-Charta wird ein 20-Prozent-Anteil von Holz bei der Umsetzung der Wohnbauoffensive gefordert. Dazu kommt eine aggressive vergleichende Werbung, Stichwort ökologischer Fußabdruck. Müsste die Massivbaubranche nicht auch etwas forscher nach außen auftreten, um nicht weiter an Boden zu verlieren?

Weinhapl:  Das ist ein schwieriges Thema. Nehmen wir die Holzbau-Charta. Es ist durchaus legitim, die Forderung einer Branche darzulegen. Warum sich so viele, auch prominente Unterzeichner auch aus der Politik und öffentlichen Stellen, die eigentlich eine wettbewerbsneutrale Position einnehmen sollten, gefunden haben, ist mir allerdings schleierhaft. Denn da hätte ich mir schon erwartet, dass man sich im Vorfeld über die tatsächliche Faktenlage erkundigt.

Völlig absurd ist natürlich, dass man dann aus der Zahl der Unterstützer und der vermeintlich von ihnen repräsentierten Zahl an Menschen einen 20-Prozent-Anteil von Holz bei der Umsetzung der Wohnbauoffensive fordert. Das ist einfach nur absurd, fast schon kokett. Wir haben uns bislang darauf konzentriert, auf politischer Ebene Dinge richtigzustellen. Denn die Aussage, dass Holz per se eine ökologischere Bauweise ist, stimmt ja einfach nicht. Das zeigen ja auch zahlreiche Studien, wenn man den gesamten Lebenszyklus betrachtet.

Report: Was sind Ihre konkreten Kritikpunkte?

Weinhapl: In die verschiedenen Bewertungstools, die es gibt, muss eine realistische Langzeitbetrachtung einfließen. Dazu kommt, dass für die ökologische Beurteilung derzeit hauptsächlich der OI3-Index herangezogen wird. Der zielt stark auf den Einsatz fossiler Energie ab. Alles andere wird weitgehend ausgeklammert. Ziel muss es sein, neben diesem OI3-Index andere Indikatoren in die Bewertung miteinfließen zu lassen. Auf europäischer Ebene gibt es ja auch schon Anstrengungen, die Indikatoren zu erweitern.

Aber das Skurrilste ist, dass in vielen Gebäudebeurteilungen Dach und Keller gar nicht in diese Bewertung einfliessen. Wir haben also nur „einen“ Indikator, der nur auf „einen“ Teil des Gesamtgebäudes und das „nur in der Errichtungsphase“abzielt. Das ist ein dreifacher Supergau für langlebige Gebäude.

Report: Wie sollte die Massivbaubranche also aus Ihrer Sicht nach außen auftreten? Sind Sie zu brav?

Weinhapl: Das ist die zentrale und schwierige Frage, wie man all das am bes­ten nach außen kommuniziert. Unser Ansatz war immer, den Nutzen des eigenen Produkts in den Vordergrund zu stellen und nicht andere anzuschwärzen. Natürlich gibt es auch bei uns Stimmen, die eine aggressivere Argumentation fordern. Und die werden lauter. Weil es anscheinend nichts oder nur wenig nützt, vorwiegend auf Lobbyingebene die Politiker und Beamten zu informieren. Das Problem ist, dass die Kommunikation mit dem Endkonsumenten immer eine Budgetfrage ist. Und ich wage zu behaupten, dass das Kommunikationsbudget der Massivbauweise und der Holzbaubranche in etwa dem Faktor 1:10 entspricht. Trotzdem oder gerade deswegen bin ich überzeugt, dass wir in Zukunft pointierter in der Argumentation werden müssen.

Auf den Porotherm W.i. entfallen bereits 7 % des Absatzes, der Umsatzanteil ist deutlich höher.

Report: In der Steiermark gibt es eine De-facto-Quote für Holzbauten. Fürchten Sie, dass dieses Beispiel Schule machen könnte?

Weinhapl: Zum Teil hat es ja bereits Schule gemacht. In Kärnten gab es ähnliche Ansinnen, aber das hat Landesrätin Gaby Schaunig als juristisch nicht haltbar wieder zurückgenommen. Ich sehe aber schon auch in anderen Ländern Tendenzen, den Holzbau politisch zu unterstützen. Aber das ist nicht die Aufgabe der Politik. Die Politik sollte vielmehr übergeordnete Ziele vorgeben.

Der Weg dorthin ist aber den Planern und Bauherren freizustellen.
Dieses Problem haben wir ja auch in vielen Ländern bei der Wohnbauförderung. Wenn aber – wie bereits im Baurecht mit dem dualen Weg verankert - die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes beurteilt würde, käme man zu ganz anderen Lösungen.

Report: Kann der Ziegel im mehrgeschoßigen Wohnbau noch Marktanteile gewinnen oder konzentriert man sich lieber ganz auf den Einfamilienhausbereich?

Weinhapl: Wir werden weiterhin beide Marktbereiche aktiv bearbeiten. Natürlich hat für uns das Einfamilienhaus das größte Potenzial. Aber auch das Objektgeschäft entwickelt sich sehr positiv. Das hat sicher auch mit dem Projekt 2226 von Architekt Eberle zu tun. Das hat schon für Rückenwind gesorgt und in der Fachöffentlichkeit den Ziegel auch für das Objektgeschäft noch interessanter gemacht. Der Anteil des Ziegels im Objektgeschäft ist außerhalb Wiens durchaus hoch. Das liegt vor allem daran, dass in Wien mit deutlich mehr Geschossen gebaut wird und das mit Ziegel statisch nicht so einfach zu lösen ist. Österreichweit liegt der Anteil im mehrgeschossigen Wohnbau aber bei rund 40 Prozent.

Mit Produkten wie dem Porotherm W.i. sind wir dank der schlankeren Konstruktionsweisen auch für das Objektgeschäft gut gerüstet. Das geht bis zu sechs, sieben Zentimetern in der Wanddicke. Das ist für einen Bauträger natürlich attraktiv, wenn er pro Geschoss plötzlich 20 Quadratmeter mehr verwertbare Fläche bekommt. Und auch im Bereich Fertigteilbau arbeiten wir in Kooperation mit anderen Unternehmen laufend an neuen Entwicklungen, um den Anforderungen des Objektbaus gerecht zu werden.

Report: Mit welcher mittel- und langfristigen Geschäftsentwicklung rechnen Sie in Österreich?

Weinhapl: Für das nächste Jahr haben wir schon ein kleines Mengenwachstum in die Budgetplanung eingepreist. Aber da wird natürlich auch viel von der Wohnbauoffensive der Regierung abhängen.

Report: Angekündigt wurde die Wohnbauoffensive im März, passiert ist bislang nichts. Rechnen Sie mit einer Umsetzung im versprochenen Ausmaß?

Weinhapl: Laut Nationalbank soll die Wohnbauoffensive positive Effekte in der Höhe von bis zu einem Prozent des BIP haben. Insofern wäre es fast fahrlässig, wenn es zu keiner entsprechenden Umsetzung kommt. Die Frage ist natürlich, inwieweit die Länder ihre eigene Bautätigkeit zurückfahren, wenn ohnehin über die Wohnbauoffensive des Bundes gebaut wird. 


 

Seestadt Aspern: innovatives Projekt

aspern Die Seestadt Wiens gilt seit Beginn an als Ort innovativer Stadtplanung. Hier werden neue Konzepte für eine Stadt der Zukunft entwickelt. Das Nebeneinander von Arbeiten und Leben, städtischer Peripherie mit erstklassigen Verkehrsverbindungen in das Zentrum Wiens, einem innovativen Nahversorgungsgebiet gepaart mit einem modernen Mobilitätskonzept sind nur ein paar Beispiele. Hinzukommt ein Grundversorgung im schulischen, medizinischen und auch kulturellen Bereich.

All das und mehr kommt natürlich sowohl den BewohnerInnen der Seestadt als auch den Firmen, die sich in der Seestadt niederlassen, zugute. In der Seestadt stehen einige innovative Projekte vor der Verwirklichung: Schon die Planung des HoHo Wien, des weltweit höchsten Holzhochhauses sorgt schon vor der Errichtung für großes internationales Echo. Auch das High-Tech Unternehmen Hörbiger, das in der Seestadt gerade ihre österreichische Zentrale errichtet, ist ein Beispiel für die Innovationskraft in der Seestadt. Österreichs erste Pilotfabrik 4.0 ensteht in der Seestadt, ein wesentlicher Baustein für die heimische Wirtschaft, um das dringend benötigte Umfeld zur Entwicklung von "Industrie 4.0"-Produktionstechnologien zu schaffen.

Der Innovations- und Wirtschaftsstandort aspern Seestadt wird laufend weiter ausgebaut. Einer der zentralen Vorteile für Unternehmer in der Seestadt: sie befinden sich in bester Nachbarschaft mit Zukunftsbranchen. Zum Beispiel im Technologiezentrum aspern IQ arbeiten und forschen viele technikorientierte Pioniere: Die Technologietransfergesellschaft researchTUb bietet anwendungsorientierte Forschung für die Wirtschaft an. In der Forschungsgesellschaft Aspern Smart City Research (ASCR) erforschen Siemens, Wien Energie und Wiener Netze gemeinsam energieeffiziente Gebäudetechniken und Stromnetze. Vernetzung und Synergien mit der Nachbarschaft stehen hier im Vordergrund und beleben den Wirtschaftsstandort. Sowohl Start-ups als auch große Industriezentralen profitieren von diesem Standortvorteil.

 

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