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Strategisches Anti-Claim-Management - Teil 2
Claim- und Anti-Claim-Management sind in der Bauwirtschaft »Part of the game«. Kein größeres Bauprojekt kommt ohne Mehrkostenforderungen des Auftragnehmers aus. Aber nicht jede Forderung muss vom Auftraggeber geschluckt werden. Mit präventivem und strategischem Anti-Claim-Management kann man sich vorbereiten. In der letzten Ausgabe des Bau & Immobilien Report haben wir uns angesehen, was es in der Vergabe- und Vertragsphase zu beachten gilt. Dieses Mal werfen wir gemeinsam mit Alexander Strehn, ATEUS Rechtsanwälte, und Daniel Deutschmann, Heid & Partner Rechtsanwälte einen Blick auf die Abwicklungsphase.

Häufige Ursachen für ausuferndes Claim- und Anti-Claim-Management sind Fehler in der Vergabephase und mangelhafte Dokumentation. Die meisten Bauherren setzen sich erst dann mit Anti-Claim-Management auseinander, wenn die Mehrkostenforderung des Auftragnehmers am Tisch liegt. »Dann kochen schnell die Emotionen hoch, wenn die Mehrkostenforderungen für den Auftraggeber nicht nachvollziehbar oder zu hoch erscheinen«, erklärt Alexander Strehn, ATEUS Rechtsanwälte.
Mit »strategischem Anti-Claim-Management« setzt man sich in allen Projektphasen mit dem Thema Claims und Anti-Claims auseinander. Es erstreckt sich über die Vergabephase, die Vertragsphase und die Abwicklungsphase. »Diese ganzheitliche Betrachtungsweise hilft, unangenehme Überraschungen und Claims zu vermeiden«, erklärt Daniel Deutschmann, Heid und Partner Rechtsanwälte. Schon in der Vergabephase muss der Auftraggeber darauf achten, dass die Datenlage stimmt, um Claims auf ihre Plausibilität hin prüfen zu können. Die meisten Probleme in der Abwicklungsphase basieren auf Fehlern in der Vergabe- und Vertragsphase.
Die folgende Tabelle zeigt, was es in der Abwicklungsphase zu beachten gilt.
Anti-Claim-Management in der Abwicklungsphase: Was es zu beachten gilt:
Interne Prozessbeschreibung für Abwicklung Mehrkostenforderungen (MKF)
Beschreibung: Gemäß den Verbesserungsvorschlägen des Rechnungshofes, Management von öffentlichen Bauprojekten (2018), ist jeder AG dazu verpflichtet, eine interne Prozessbeschreibung für Abwicklung Mehrkostenforderungen zu erstellen. In dieser Beschreibung sind Wertgrenzen, das Vier-Augen-Prinzip, standardisierte Abläufe usw. verbindlich festzulegen.
Vorteile: Rechnungshofkonform, Klarheit für die Mitarbeiter des AG in Zusammenhang mit Claims.
Transparente Herleitung MKF auf Preisbasis des Vertrages
Beschreibung: Der Rechnungshof fordert weiters eine transparente Herleitung der Mehrkostenforderung auf Preisbasis des Vertrages. Lediglich Vergleichsangebote von anderen Unternehmen sind nicht ausreichend. Die Grundlage für die Prüfung der Mehrkostenforderung der Höhe nach bilden die Kalkulationsblätter des Auftragnehmers und die sachgerechte Herleitung der Preiskomponenten mit einer Detailkalkulation.
Vorteile: Rechnungshofkonform, ein im Zeitpunkt des Vergabeverfahrens verhandelter Preis bleibt auch im Zuge von Zusatzleistungen verbindlich.
Zeitnahe Prüfung und Begründung der Preisangemessenheit erforderlich
Beschreibung: Der AG ist gemäß dem Rechnungshof auch dazu verpflichtet, Claims zeitnah zu prüfen. Darüber hinaus muss jeder Claim durch Berater des AG bauwirtschaftlich und rechtlich entsprechend begründet werden. Bearbeitungsfristen von Mehrkostenforderungen sind zu vereinbaren und einzuhalten, um Bauzinsen zu verhindern. Wenn eine Mehrkostenforderung dem Grunde nach oder der Höhe nach aufgrund mangelnder übermittelter Unterlagen nicht prüffähig ist, ist der AN darüber zu informieren und die Bearbeitungsfrist auszusetzen.
Vorteile: Rechnungshofkonform, mindert die eventuell zu zahlenden Bauzinsen. Implementierung eines AG-Teams (Bauwirtschaft und Recht) zur MKF-Prüfung mit ausreichend Ressourcen, um die MKF zeitnah zu prüfen. Die AG-Bauleitungen haben aufgrund des Tagesgeschäfts in der Regel nicht ausreichend Zeit und teilweise auch nicht das Know-how für komplexe Themen, die zahlreichen MKFs mitzuprüfen (siehe) Verlagerung der Prüfungsebene auf das AG-Claim-Team, insbesondere wenn auf der Baustelle keine rasche Einigung möglich ist.
Akontierung / Akontierungstopf / Bau- und Verzugszinsen
Beschreibung: Die Erstellung und Prüfung von komplexen MKFs erfordert auf beiden Seiten Zeit. Oft werden die Bauleistungen z. B. bei Leistungsstörungen jedoch schon erbracht und es fallen Bau- oder allenfalls sogar Verzugszinsen an.
Vorteile: Ist der MKF dem Grunde nach anerkannt, kann sich der AG mit Akontierungen helfen. Sind zahlreiche MKFs dem Grunde und der Höhe nach in Prüfung, deren Ergebnis jedoch noch offen, ist zur Vermeidung von Zinsen und zur Sicherung des Cashflows beim AN ein Akontierungstopf denkbar. Der AG kann nach Prüfung die freigegebenen MKFs aus dem Akontierungstopf herauswidmen.
BVergG ist zu beachten
Beschreibung: Auch nach dem Vergabeverfahren sind öffentliche AG in bestimmten Bereichen weiter an die vergaberechtlichen Vorgaben gebunden. So können nachträgliche Vertragsänderungen (z. B. Claims) nur dann ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens direkt beim bestehenden AN beauftragt werden, wenn die Voraussetzungen des § 365 BVergG vorliegen. In den meisten Fällen wird sich bei Bauaufträgen ein geeigneter Ausnahmetatbestand finden lassen (die wesentlichen Tatbestände sind: Änderung ist < 15 % der Auftragssumme; Zusatzleistung; unvorhergesehene Leistung; Option). Der öffentliche AG ist aber jedenfalls dazu verpflichtet, dies vor Beauftragung der Mehrkostenforderung im Detail gutachterlich zu prüfen und entsprechend zu dokumentieren.
Vorteile: Rechnungshofkonform, aus vergaberechtlicher Sicht zwingend erforderlich.
SOLL-IST-Vergleiche
Beschreibung: Soll-Ist-Vergleiche von Mengen und Kosten dienen als Unterstützung bei der Abrechnungskontrolle und Steuerungsinstrument der Projektentwicklung.
Diese müssen zeitnah, vollständig und regelmäßig durchgeführt werden.
Vorteile: Rechnungshofkonform, dient als Steuerungsinstrument bei Projekt- und Vertragsabwicklung. So kann bei Teilrechnungen eine Mengenfehlentwicklung festgestellt werden. Im Zuge der Schlussrechnung ist eine Analyse und Korrektur von möglichen Fehlverrechnungen möglich.
Abrechnungskontrolle
Beschreibung: Regelungen zum Rechnungsablauf und Zuständigkeiten samt Kontrollumfang sind in internen Richtlinien des AG zu regeln, sodass es zu keiner Verzögerung bei der Abrechnungskontrolle kommt. Als Nachweis und Bestätigung der Abrechnung können Abrechnungspläne, Aufmaßblätter, Regieberichte, Rechnungen und Lieferscheine vom AG eingefordert werden.
Vorteile: Rechnungshofkonform, Verhinderung von Abrechnungsmängeln und Fehlverrechnungen.
Dokumentation
Beschreibung: Wesentliche Projektentscheidungen sind vom AG zu dokumentieren. Die Dokumentations-, Berichts- und Meldepflichten sind AG-intern und mit dem AN gesondert zu regeln. Der Projektablauf ist bei Ausführung nachvollziehbar, vollständig und übersichtlich zu dokumentieren.
Vorteile: Rechnungshofkonform, im Falle einer Mehrkostenforderung hat der AG nachvollziehbare Grundlagen für die Prüfung dem Grunde und der Höhe nach.
Beauftragung
Beschreibung: Leistungsänderungen sind generell mit Mehrkostenforderungen zu beauftragen. Eine Mehrkostenforderung ist dem Grunde nach zu bewilligen, bevor es zur Leistungserbringung durch den AN kommt. Mehrkosten sind in eigenen Obergruppen im Leistungsverzeichnis zu erfassen.
Vorteile: Prüfbericht samt Begründung für die nachprüfende Kontrolle sollte gleich im Zuge der MKF-Bearbeitung erfolgen.
Hier geht es zu Teil 1 der Serie: https://www.report.at/bau/strategisches-anti-claim-management
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