Dienstag, Mai 07, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Ernst Vejdovszky, Vorstand S Immo AG, über seine Abneigung gegenüber antizyklischem Investment, den lukrativen deutschen Markt und warum er trotz schlechter Konjunkturprognosen positiv ins neue Jahr blickt.

Von Bernd Affenzeller

Report: Wie würden Sie das abgelaufenen Immobilienjahr in Österreich charakterisieren?

Ernst Vejdovszky: In Summe war das abgelaufene Immobilienjahr ein gutes. Im Bereich Wohnen, sowohl Miete als auch Eigentum, ist der Peak aber eigentlich schon überschritten. Hier sehen wir vor allem im hochpreisigen Segment schon wieder einen Rückgang und auch die Mieten sind an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr weiter nach oben geht. Hier ist in den nächsten zwei bis drei Jahren mit einer Stabilisierung oder sogar einem leichten Rückgang zu rechnen. Anders ist das im Bereich günstiger Wohnungen, die vor allem in Wien immer noch sehr stark nachgefragt sind.

Report: In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Wettstreit, wer die höchsten Quadratmeterpreise erzielt. Das ist Ihren Ausführungen folgend zu Ende. Wurden die ausgerufenen Preise tatsächlich erzielt?

Vejdovszky: Dieser Markt ist definitiv gesättigt. Und diese kolportierten Preise wurden auch nicht erreicht. Das ist aber keine Besonderheit des österreichischen Markts. Wenn neue, spektakuläre Projekte am Markt sind, werden natürlich auch hohe Preise ausgerufen. Das ist ganz normal. Aber erzielt werden diese Preise in der Regel nicht.

Report: Das heißt, der Wiener Wohnungsmarkt ist für Sie auch nicht mehr interessant?

Vejdovszky: Es gibt schon Bereiche, die nach wie vor spannend sind. Leistbare Eigentumswohnungen, die vom Käufer auch selbst bewohnt werden, mit Quadratmeterpreisen zwischen 4.000 und 5.000 Euro sind sicher auch in Zukunft interessant. Da überlegen wir aktuell auch ganz konkret ein Projekt. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen.

Report: Die S Immo konzentriert sich derzeit stark auf den Berliner Markt, der seit einigen Jahren einen enormen Preisschub verzeichnet. Haben Sie gar keine Angst vor einer Blase?

Vejdovszky: Die Gefahr einer Blase sehe ich nicht, aber natürlich erreicht eine solche Entwicklung irgendwann ihren höchsten Punkt. Ich glaube aber nicht, dass das in Berlin schon der Fall ist. Da wird es noch zwei Jahre lang Preissteigerungen geben, aber wir kaufen nicht mehr ein. Wir haben in Berlin mehr als 100 Häuser. Aus diesem Bestand identifizieren wir eine Anzahl von Objekten, in denen einzelne Wohnungen verkauft werden. Dieser Prozess läuft derzeit und betrifft rund 15 Häuser. In diesen Häusern haben wir einen Vermietungsstopp verhängt, weil eine leere Wohnung natürlich deutlich mehr wert ist als eine vermietete. Daneben glauben wir aber auch, dass im Bürobereich in Berlin noch viel Luft nach oben ist. Da war schon in den letzten zwei Jahren eine sehr positive Entwicklung erkennbar und das wird sich auch fortsetzen. In diesem Bereich investieren wir auch weiterhin, weil die Preise für Investoren attraktiv sind. Viel attraktiver als in Wien.

Report: Was erwarten Sie vom Berliner Markt in den nächsten Jahren?

Vejdovszky: Im Mietwohnbereich sehe ich noch ein leichtes Plus für die nächsten zwei Jahre, bei Eigentumswohnungen sollte das positive Entwicklungspotenzioal sogar noch etwas länger andauern. Und auch im Gewerbebereich sehe ich noch über einen längeren Zeitraum eine Aufwärtstendenz.

Report: In der Vergangenheit haben Sie sich auch in Hamburg stark engagiert. Dieses Interesse scheint mittlerweile erloschen. Aus welchem Grund?

Vejdovszky: Wir haben unsere Mannschaft in Berlin sitzen. Deshalb macht es auch Sinn, sich auf diesen Markt und die nähere Umgebung zu konzentrieren. Aus den anderen Regionen ziehen wir uns sukzessive zurück. In Hamburg etwa ist derzeit einfach ein Preisniveau erreicht, das die Stadt für Investoren deutlich weniger attraktiv macht.

Report: Welche Rolle spielen andere deutsche Metropolen?

Vejdovszky: Wir bearbeiten den Markt, der von Berlin aus in zwei Autostunden erreichbar und damit gut zu managen ist. Das trifft etwa auf Rostock zu, auch auf Leipzig. Dort haben wir auch einen Immobilienbestand und sehen jetzt in letzter Zeit eine durchaus erfreuliche Entwicklung. Wir analysieren die Städte sehr genau in Hinblick auf Faktoren wie Zuzug, Altersverteilung oder wirtschaftliche Entwicklung. Wenn das alles passt, kann man in dieser Region zu immer noch sehr günstigen Preisen einkaufen. Das trifft etwa auf Rostock zu. Das ist eine sehr junge Stadt, mit vielen Studenten, Zuzug und einer aufblühenden Wirtschaft. Ich glaube auch, dass Leipzig wieder kommt. Das war lange Zeit ein sehr schwieriger Markt, aber jetzt ist das tiefe Tal durchschritten.

Report: Sind in diesen Städten weitere Zukäufe geplant?

Vejdovszky: Ja, da gibt es ganz konkrete Pläne. Denn in diesen Städten bekommt man Wohnungen mit einer Rendite von sieben Prozent auf einem sehr niedrigen Mietniveau.

Report: Wie ist der aktuelle Stand der Dinge bei Ihrem osteuropäischen Vorzeigeprojekt The Mark in Bukarest?

Vejdovszky: Das ist ein Projekt, wo wir jetzt die Baubewilligung betreiben. Die Entscheidung über den Baubeginn wird in den nächsten sechs Monaten fallen.

Report: In der Vergangenheit haben Sie für The Mark eine hohe Vorverwertung angestrebt. Wie sieht es damit aus?

Vejdovszky: Persönlich glaube ich gar nicht, dass die Vorverwertung eine so große Rolle spielt. Wenn man in einer Stadt wie Bukarest eine positive Entwicklung abschätzen kann, dann wird man starten.

Report: Und wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung ein?

Vejdovszky: Da gibt es ein kleines Fragezeichen. Die makroökonomischen Daten sind positiv, aber der Russland-Ukraine- Konflikt schwebt wie ein Damoklesschwert über der Konjunkturentwicklung. Aber der Bedarf an hochwertigen Büroimmobilien ist sicher gegeben.

Report: Gibt es schon wieder Interesse internationaler Unternehmen, sich in Bukarest niederzulassen?

Vejdovszky: Ja, das Interesse sehe ich schon, aber wirklich im großen Stil investiert haben bislang nur die Südafrikaner.

Report: Osteuropa gilt generell als Sorgenkind. Wie schätzen Sie die Lage in der ehemaligen Boomregion ein?

Vejdovszky: Ich glaube, dass die Talsohle überall durchschritten ist. Sogar in Ungarn sehen wir mittlerweile eine Aufwärtsbewegung. Einzig Bulgarien wird aus heutiger Sicht noch länger schwierig bleiben. Wir sind zwar mit unseren Bestandsimmobilien zufrieden, aber etwas Neues werden wir dort nicht machen.

Report: Können Sie sich mittelfristig vorstellen, in die Ukraine zu gehen?

Vejdovszky: Nein. Wir waren schon dort, haben den Markt intensiv geprüft und hatten sogar eine eigene Tochtergesellschaft vor Ort, aber das Thema ist für uns erledigt. Auch wenn man die aktuelle Lage nicht vorhersehen konnte, aber die Korruption ist in der Ukraine ein so weit verbreitetes Übel, dass ein seriöses Arbeiten unmöglich ist.

Report: Gibt es generell Überlegungen, in neue Märkte zu gehen?

Vejdovszky: Nein, wir konzentrieren uns auf die Märkte, in denen wir schon vertreten sind, primär auf Deutschland, aber natürlich auch Österreich, die Slowakei oder Rumänien.

Report: Fehlt der Mut zu antizyklischem Investment?

Vejdovszky: Wir haben da eine klare Linie. Wir versuchen in einer sehr hohen Phase zu verkaufen. Im Einkauf warten wir auf ein klare Aufwärtssignal. Wir kaufen nicht dann, wenn wir glauben, dass der Markt am tiefsten Punkt sein muss. Denn das kann auch böse schiefgehen.

Report: Sie haben eben beschlossen, ein weiteres Aktienrückkaufprogramm zu starten, weil der aktuelle Börsekurs signifikant unter dem inneren Wert des Unternehmens liege. Welches mittelfristige Kursziel verfolgen Sie?

Vejdovszky: Ich bin fest überzeugt, dass die Aktie derzeit unterbewertet ist. Wir liegen irgendwo im Bereich von 6,20 bis 6,30 Euro. Wir werden von sechs verschiedenen Analystenhäusern gecovert und da liegt das mittelfristige Kursziel bei 7 Euro. Das sollten wir im nächsten Jahr locker erreichen, vielleicht sogar überschreiten.

Report: Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Jahr 2015?

Vejdovszky: Ich blicke eigentlich sehr positiv ins nächste Jahr. Unsere Branche profitiert sehr von den niedrigen Zinsen. Wenn Fremdkapital nur zwei Prozent kostet und ich damit eine Immobilie kaufen kann, die fünf oder sechs Prozent bringt, dann bleibt ein Gewinn für das Eigenkapital über.

Report: Sie planen also weitere Zukäufe. In welchem Ausmaß?

Vejdovszky: Definitiv, und zwar in der Größenordnung von rund 200 Millionen Euro. Davon mehr als die Hälfte in Deutschland, der Rest in Österreich und in den anderen Bestandmärkten.

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