Freitag, April 26, 2024

 

''Was für den Massivbau gilt, muss nicht für andere Bauweisen gelten'', so Georg Matzner, GF Österreichischer Stahlbauverband.Mit 85 % Anteil am Hochbau ist Österreich ein Massivbauland.

Folglich wird das Denken in der Planung und in der Ausführung sehr stark vom Massivbau beeinflusst. Darunter leiden andere Bauweisen, erklärt Georg Matzner, Geschäftsführer des Österreichischen Stahlbauverbands, in einem Gastkommentar.


Was zeichnet den Massivbau aus? Die Flexibilität auf der Baustelle. Ein kleiner Durchbruch in einer Ziegelwand, ja sogar in einer Stahlbetonwand kann direkt vor Ort meist ohne aufwendige Planung durchgeführt werden. Eine Art zu arbeiten und eine Denkweise, die dem Wesen des Österreichers entspricht. So ist eine genaue Planung wichtig, aber nach Ausschreibung und Baubeginn kehrt bei uns das Improvisieren ein.

Die Planung im Massivbau ist auf dieses Denken abgestimmt. Die Ausschreibung erfolgt sehr oft mit Konstruktionsentwurf oder Vorstatik. Mit vielen Erfahrungswerten für die Massenschätzung erfolgt die Ausschreibung. Die Ausführungsplanung passiert erst nach der Ausschreibung, knapp vor Baubeginn und während des Baus. Hier können laufend neue Erkenntnisse und Änderungen vom Bauherrn und den ausführenden Firmen der unterschiedlichen Gewerke eingearbeitet werden. Eine verbreitete Vorgehensweise.

Zu späte Ausschreibungen

Was für den Massivbau bewährt und gut ist, muss aber für andere Bauweisen lange noch nicht gut sein. Im Stahlbau oder auch beim Bauen mit Fertigteilen spielt sich sehr wenig auf der Baustelle ab. Die Teile werden im Werk gefertigt und auf der Baustelle »nur« mehr montiert. Änderungen vor Ort sind praktisch nicht mehr möglich. Folglich muss die Ausführungsplanung mit Fertigungsbeginn abgeschlossen sein.

In Kombination mit der oben angesprochenen üblichen Denkweise ergibt sich, dass die Stahlbauleistungen zu spät ausgeschrieben werden. Darauf, dass die Stahlkonstruktion vor der Montage auch noch geplant und im Werk gefertigt werden muss, wird öfters vergessen, weil die­se Arbeitsweise nicht der im Massivbau üblichen entspricht. Und Stahlbauleistungen werden, analog zu den anderen Bauweisen, zumeist mit einem Konstruktionsentwurf und einer Vorstatik ausgeschrieben. Die Detailstatik und die Ausführungsplanung wird der ausführenden Stahlbaufirma übertragen.

Und da liegt der Hund begraben: So sind zwar die Profilstäbe vom Planer bemessen, die Durchbildung der Details aber fehlt, was im Zuge der Detailplanung zu anderen Profildimensionen führen kann.

Die Stahlbaufirma muss daher sehr oft neu planen und das erneut mit dem Architekten abstimmen. Und weil das verzögert, machen sich die Stahlbauer damit keine Freunde. Denn wenn die Planungsdokumente endlich ankommen und man dann auf Probleme stößt, die man in der Planung nicht gesehen hat, muss ja der Stahlbauer dafür verantwortlich sein! Oder? »So ist es höchst an der Zeit, dass Stahlbauplanungen professioneller geplant und ausgeschrieben werden.
Viele gute Ingenieursbüros für Stahlbau in Österreich könnten das«, sagt DI Spreitzer vom Büro Acht. Leider werden diese aber meist nur von den ausführenden Firmen für die Ausführungsplanung und nicht im Vorfeld für die Ausschreibungsplanung vom Bauherrn beauftragt. Der Idealfall wäre (zumindest bei kleineren Projekten), dass mit einer fertigen Führungsplanung ausgeschrieben wird, die alle Ausführungsangaben inkl. Knoten für die Fertigung der Konstruktion enthält. Die ausführende Stahlbaufirma erstellt darauf aufbauend die Werkstattplanung. Oder es gibt nur eine Leistungsbeschreibung – komplett ohne Detailplanung. Dann könnten die Stahlbauer ihre volle Ingenieurskompetenz einbringen und kreative und kostengünstige Lösungen anbieten.

Die Ausschreibungen, die dazwischen liegen, führen zu suboptimalen Ergebnissen, Ärger und Frustration bei vielen Beteiligten. Bis aber der Stahlbau komplett frei ausgeschrieben wird, sind wir schon froh, wenn mit genauer Detailplanung ausgeschrieben wird.  

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