Thursday, December 18, 2025

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Bau | Immobilien

Mit der neuen EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive sollen die bestehenden Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung stark ausgebaut  werden. Ein Ende der Verhandlungen darüber lässt aber noch auf sich warten.

Bild: iStock


Alle 193 UN-Mitgliedstaaten haben sich zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele verpflichtet, fast alle Staaten das Pariser Klimaschutzabkommen ratifiziert. Der Green Deal will Europa bis 2050 zum klimaneutralen Kontinent machen, die EU-Taxonomie ist dabei zentrales Instrument zur Umsetzung. Mit dem ESG-Reporting sollen sich Unternehmen ihrer Umwelt- und Sozialauswirkungen bewusst werden und diese optimieren.

Ursprünglich galt die NFRD, Non-Financial Reporting Directive, die auf dem GRI-Standard beruhte, dafür als regulatorische Grundlage. »Unternehmen von öffentlichem Interesse wie Banken, große Versicherungen, aber auch große, börsennotierte Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden müssen bereits seit 2017 eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der NFRD erstellen«, informiert Katharina Schönauer, Partnerin und Head of ESG beim Wirtschaftsprüfer KPMG Austria.

2024 wurde die NFRD durch die umfassendere Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ersetzt und erweitert, die zur einheitlichen Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verpflichtet. Die CSRD forderte v. a. das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, d. h. die Bewertung der Auswirkungen des Unternehmens sowohl auf Umwelt und Gesellschaft wie auch auf das Unternehmen selbst, ebenso die externe Prüfung des Berichts.

»Im Februar 2025 hat die EU-Kommission dann zwei Omnibus-Verordnungen erlassen, die einerseits eine zeitliche Verschiebung von Fristen (Stop-the-Clock) geschaffen hat sowie materielle Vereinfachungen«, informiert Paul Schwarz, Geschäftsführer von Real Estate & ESG Beratung. Letztere befindet sich noch in Verhandlungen – Omnibus II. 80 Prozent der Unternehmen sollten aus dem CSRD-Anwendungsbereich genommen, eine 70-Prozent-Reduktion bei Angaben und die Verlängerung der regelmäßigen Bewertungen der Sorgfaltspflichten (CSDDD) von 1 auf 5 Jahre erreicht werden.

Bild: »Die CSRD-Atempause sollte für freiwilliges Nachhaltigkeitsreporting genutzt werden«, empfiehlt Paul Schwarz. »Es stärkt nicht nur Compliance, sondern auch den Zugang zu grüner Finanzierung.«

Vorgesehen waren auch höhere Schwellenwerte bei Arbeitnehmer*innen und Umsatzerlösen, ebenso eine Überarbeitung der ESRS, die den Umfang und die Qualität der Berichterstattung über Nachhaltigkeit festlegen. Unterschiedliche Vorstellungen von EU-Kommission und EU-Parlament haben jedoch zu Trilogverhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union geführt, die nun bis Ende des Jahres zu einem Ergebnis kommen sollen.

Nationaler Schritt
Paul Schwarz berichtet von den nationalen Bestrebungen in Österreich. »Es braucht ein Nachhaltigkeitsberichtsgesetz, NaBeG, für die Umsetzung der EU-Richtlinie innerhalb von zwei Jahren.« Der entsprechende Entwurf wurde Jänner 2025 veröffentlicht, das Gesetz ist dem Justizausschuss zugewiesen worden und soll bis Ende des Jahres beschlossen werden. Der ESG-Experte wertet diesen rechtlichen Schritt positiv. »Nachhaltigkeit ist damit auf Schiene gebracht worden. Überarbeitungen, die sich durch die Ergebnisse der Trilogverhandlungen ergeben, sind rasch durchführbar.«

Für Katharina Schönauer ist das ESG-Reporting nur die Spitze des Eisbergs. »Das Reporting fordert ausschließlich Transparenz, wirklich herausfordernd werden erst die Gesetze, die eine inhaltliche Verhaltensänderung von den Unternehmen fordern, wie etwa die Corporate Sustainability Due Diligence Directive, die Entwaldungsverordnung und die EU-Entgelttransparenzrichtlinie.«

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Bild: »Für Investoren braucht es Daten, die Nachhaltigkeit klar messbar und vergleichbar machen«, empfiehlt Katharina Schönauer (KPMG Austria) das Erstellen von ESG-Reportings.

Vorrang für Environment
Erste Unternehmen haben bereits nach der CSRD berichtet. Eine Analyse findet sich im Nachhaltigkeitsbarometer 2025 von EY. Knapp zwei Drittel haben demnach ihr Handeln seit der Omnibus-Verordnung vom April 2025 nicht verändert, nur 36 Prozent die Nachhaltigkeitsaktivitäten komplett, deutlich oder etwas reduziert. In der Bau- und der Automobilbranche ist die Umstellung mit 50 bzw. 48 Prozent am stärksten spürbar. Aufgrund des Omnibus-Pakets gibt die Hälfte an, ihren Fokus auf die Erarbeitung und Aktualisierung der bereits vorhandenen Konzepte, Ziele und KPIs zu legen. Besonders von Unternehmen mit großem Umsatzvolumen wird dies verstärkt geplant.

Verschärfter Blick
»Mit der CSRD werden die Nachhaltigkeitsangaben als Teil des Lageberichts offengelegt und unterliegen einer Kontrolle im Rahmen der Wirtschaftsprüfung«, informiert Schönauer. Bislang war die Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen nicht verpflichtend. Viele Unternehmen hätten sich jedoch freiwillig prüfen lassen. Dadurch habe man große Qualitätssteigerungen gesehen. »Viele ESG-Kennzahlen müssen in der Praxis aber noch weiterentwickelt werden, weil es sehr viele spezifische Detailfragen gibt, mit denen man sich bisher nicht beschäftigt hat«, so Schönauer. Das betreffe u. a. die CO2-Bilanzierung.

Am Weg zum Reporting
»Vor fünf Jahren kamen zu meinen Vorträgen zu ESG ausschließlich Banker, die ihre Abteilungen für Nachhaltigkeitsreporting aufgebaut haben. Schritt für Schritt sind inzwischen Konzerne aus der Bau- und Immobilienbranche dazugekommen«, so Schwarz. »Durch die laufenden Verschiebungen ist das Ganze jedoch etwas eingeschlafen.«

Auch Peter Engert, Geschäftsführer der ÖGNI, bewertet die Stop-the-Clock-Mechanismen negativ. »Vereinfachungen sind dagegen positiv, wobei man aufpassen muss, dass man nicht in Greenwashing gerät.« Weniger Datenpunkte anzuführen ist Engert zufolge aussage- und beweiskräftiger, denn Konsument*innen, Kund*innen, Investor*innen müssen Berichte verstehen.

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Bild: »Mit der ESG-Checkliste kann ich die Strategie meines Unternehmens auf ihre zukunftssichere Gestaltung prüfen«, sieht Peter Engert (ÖGNI) die Richtlinie als sehr wertvollen Input.

In die gleiche Kerbe schlägt Peter Stellnberger, dessen Arbeitsschwerpunkt in der Raiffeisenlandesbank NÖ-W auf der Finanzierung der grünen Transformation der Immobilienbranche liegt. »Es ist dem Thema Nachhaltigkeit nichts Gutes getan, wenn man sich rein auf Datenpunkte konzentriert. Wer beschäftigt sich bei einem Nachhaltigkeitsbericht von über 300 Seiten schon mit der Vielzahl an KPIs im Detail?« Hier könne Künstliche Intelligenz allerdings Abhilfe leisten.

Zum Thema Finanzierung verweist Stellnberger auf das Raiffeisen-Kreditportfolio. »Rund 5 Milliarden, das sind ca. 30 % unseres Finanzierungsvolumens, sind bereits ESG-konform. Der Going Green Kredit Real Estate ist beispielsweise darauf ausgerichtet, zukunftsweisende Immobilienprojekte zu unterstützen.« Raiffeisen arbeitet u. a. mit dem CRREM-Tool, das hilft, das finanzielle Risiko CO2-intensiver Immobilien zu erkennen sowie anderen Tools, um physische Klimarisiken zu identifizieren.

Katharina Schönauer sieht ein Problem bei den Daten, da viele Datenquellen unklar oder nicht vorhanden sind. »Es gibt eine Vielzahl an Datenlieferanten, vom Accounting über das Facility Management bis hin zu Einkauf und Bauführer.« Die zur Verfügung stehende Zeit für die Verarbeitung sei dazu begrenzt, Jahresabschlüsse und ESG-Berichte müssen innerhalb von neun Monaten nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuchgericht eingereicht sein.

Vorarbeit leisten
Laut Einschätzung von Experten sind viele Unternehmen auf das Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten nicht ausreichend vorbereitet und das, obwohl der ESG-Bericht so wichtig werden soll wie der Finanzbericht. »Die Verschiebungen bieten eine Atempause, die Kernpflichten bleiben aber bestehen. Ich rate meinen Kunden, sich bereits jetzt mit Nachhaltigkeitsreporting zu beschäftigen, etwa nach dem freiwilligen Voluntary Sustainability Standard for SMEs, VSME. Dann haben sie bereits etwa 70 Prozent Vorarbeit geleistet und können rascher das endgültige Reporting erstellen«, empfiehlt Schwarz.

 

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Top 3 ESG-Herausforderungen

Die BARC-Studie »Der Status quo der ESG- und Nachhaltigkeitsberichterstattung – Herausforderungen und Empfehlungen für 2025« nennt Herausforderungen bei der Durchführung einer ESG-Bericht­erstattung. Hier die Top 3.

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Zu viele verschiedene Datenquellen (42 %)

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