Monday, August 18, 2025

Mehrwert für Manager

Ticker

Europa zwischen Krieg und Aufbruch

»Winter is coming«: Dieser Satz gehört zum Standardrepertoire der Fantasy-Romanserie »Game of Thrones« und soll heißen, dass nach Jahren des Friedens und Wohlstands eine Ära von Krieg und Unsicherheit über die Fantasiewelt hereinbricht. Die Vereinigten Königreiche zerfallen und bekriegen sich gegenseitig. Reality Check Europa: Krieg an den Rändern, Griechenland vor dem Kollaps, die Wirtschaft lahmt. Kommt auch der Winter für Europa?

Seit der Einführung des Euro 2001 erlebte Europa fast nur Positives: anhaltendes Wirtschaftswachstum, Expansion in Richtung Osten, gute Beziehungen über die Grenzen hinaus. Die EU ist wie eine reiche Kaufmannsgilde, die ihre Macht und Einfluss primär über Handel und Kapital geltend macht – Europa in seinem ewigen Sommer. Doch seit 2008 ziehen dunkle Wolken auf: Die Finanzkrise zog uns schlagartig an den Abgrund, Griechenland drohte, uns darüber zu stoßen. Im arabischen Raum entpuppte sich ein »Frühling« als Katalysator für Terror und Staatszerfall. Und Russland schickt sich an, das Ende der Geschichte, das der Politologe Fukuyama 1992 mit dem Zerfall der Sowjetunion vorschnell ausrief, zu revidieren. Die Geschichte – schrieb schon Michael Ende – ist ja schließlich unendlich. 

Auch Europa muss sich rüsten
In diesen stürmischen Zeiten zeigt sich deutlich: Europa ist für den Winter nicht gerüstet. Die Kaufmannsgilde mag zwar gut Handel treiben können und vor Kaufkraft strotzen. Auf Instabilität und Krisen ist sie aber nicht vorbereitet. Daher muss Europa sich neu orientieren: seine Fundamente erneuern, wo sie morsch sind, und die Regeln des Zusammenlebens neu ordnen. Eine Fiskal- und Sozialunion ist für viele Experten (auch für den Autor) die logische und notwendige Weiterentwicklung der Eurozone. Nicht im Sinne der bloßen Vergemeinschaftung der Schulden, sondern in der Delegierung umfassender Legislativ- und Kontrollkompetenzen von nationaler auf europäischer Ebene. Schon jetzt zeigt die Kommission zwei Mal im Jahr im Rahmen des »Europäischen Semesters« schonungslos den Reformstau in allen Mitgliedstaaten auf. Österreich ist im Übrigen bei der Reformunwilligkeit immer ganz vorne dabei. Doch ohne Folgen sind solche Berichte wertlos. Im Konstrukt Eurozone war bisher immer Vertrauen die Grundwährung. Vertrauen in den ewigen Aufschwung, aber auch Vertrauen in die anderen Partner, dass sie ihre Hausaufgaben in Sachen Wettbewerbsfähigkeit und Modernisierung ja eh machen. Wie naiv dieses Vertrauen teilweise war, führt uns Griechenland derzeit deutlich vor.

Überwinden nationaler Barrieren
Kommissionspräsident Juncker will aber nicht aufgeben. Er treibt die »Unionisierung« in vielen Bereichen weiter voran: Energieunion, Digitaler Binnenmarkt, Kapitalmarktunion. Europa soll in seinen Augen endlich weitere nationale Barrieren überwinden. Dabei hat sich in der EU in den letzten Jahren ein zweites Machtzentrum gebildet, das Europa als Gravitationszentrum dient: Berlin. Mit Paris in einer inneren Krise und London mit einem Fuß aus der Tür, füllt Berlin jene Funktion aus, die Henry Kissinger scheinbar immer von Europa forderte: „Who do I call if I want to call Europe?“

Die Mitgliedsstaaten sind ein wichtiges Gegengewicht zur Kommission. Ein ungebändigter Zentralismus kann kein Wunschszenario sein. Die Nationalstaaten, zumal jene in der Eurozone, müssen aber erkennen, dass die bisherigen Regeln und Fundamente nicht ausreichend sind. Krise im Innern, Kriege an den Außengrenzen: Wie lange Europas Winter anhält, hängt auch davon ab, wie wir auf diese Herausforderungen reagieren.

×
Stay Informed

When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.

Beste Arbeitsmarktpolitik kann Konjunkturaufschwun...
Entzaubert

By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://www.report.at/

Firmen | News

Redaktion
14 August 2025
Firmen | News
Unter dem Motto "Just Do It Green." lädt FCP.VCE herzlich zum KliNa Tag 2025 ein! Bereits zum vierten Mal in Folge bietet diese Veranstaltung eine hervorragende Plattform für Wissensaustausch, Vernetzung und Diskussion rund um die Themen Wirtsch...
Redaktion
12 August 2025
Firmen | News
Barracuda Networks Inc., ein führender Anbieter von Cybersicherheitslösungen, die Unternehmen jeder Größe umfassenden Schutz vor komplexen Bedrohungen bieten, hat eine neue Studie veröffentlicht, die zeigt, dass 31 Prozent der befragten Ransomware-Op...
Firmen | News
08 August 2025
Firmen | News
„Fluktuation ist eine kostspielige Angelegenheit. Die durchschnittlichen Kosten liegen bei 14.900€ pro Stelle und sind mit der Anzahl der notwendigen Nachbesetzungen zu multiplizieren", warnt Arbeitspsychologe und CEO von Business Beat, Andreas Herma...

Newsletter bestellen

Neue Blog Beiträge

31 July 2025
Architektur, Bauen & Wohnen
Die Sonne ist eine wichtige Energie- und Kraftquelle. Für viele auf der Baustelle aber auch eine Belastungsprobe. Wer bei über 30 Grad im Freien arbeitet, weiß: Hitze ist ein reales Gesundheitsrisiko. Umso wichtiger war es, hier endlich gesetzliche G...
25 July 2025
Architektur, Bauen & Wohnen
Der Begriff Lock-in-Effekt kommt eigentlich aus der Wirtschaft und beschreibt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Kunden und Anbietern, bei dem ein Wechsel zu einem Konkurrenten aufgrund hoher Kosten oder anderer Barrieren wirtschaftlich unattraktiv...
25 July 2025
Intelligente Netze
Europa
Angesichts rechtlicher Gründe oder Sicherheitsbedenken werden souveräne Cloud-Lösungen mit voller Kontrolle über Daten und operativen Betrieb immer attraktiver. Amazon Web Services hat jetzt die AWS European Sovereign Cloud angekündigt. Ein Kommentar...