Monday, August 25, 2025

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Was die Omnibus-Initiative für die nachhaltige Unternehmenspraxis bedeutet.

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Mit dem ersten Omnibus-Paket hat die EU-Kommission am 26. Februar 2025 eine Initiative präsentiert, die zentrale Nachhaltigkeitsregularien wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) sowie die EU-Taxonomie überarbeiten und vereinfachen soll. Ziel ist es, Unternehmen von administrativem Aufwand zu entlasten und Raum für nachhaltige Investitionen zu schaffen. Die vorgeschlagenen Anpassungen bringen tatsächlich mehr zeitlichen Spielraum – werfen jedoch zugleich Fragen auf, wie sich die Balance zwischen unternehmerischer Eigenverantwortung und regulatorischer Verbindlichkeit künftig gestalten lässt. Gerade Unternehmen mit ambitionierten Nachhaltigkeitszielen sollten genau prüfen, welche Auswirkungen sich aus den Änderungen ergeben – und wo weiterhin Handlungsbedarf besteht.

Einer der zentralen Punkte – die Verschiebung der Anwendungspflichten (»Stop-the-Clock«) für CSRD und CSDDD – wurde vom EU-Parlament am 3. April 2025 mit großer Mehrheit angenommen. Nachdem auch der Rat der Europäischen Union dem Vorschlag am 14. April 2025 zugestimmt hat, steht der Verschiebung der ursprünglichen Anwendungspflichten nichts mehr im Wege. Der entsprechende Rechtsakt wurde zwischenzeitlich bereits im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und die Änderungen sind von den Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2025 in nationales Recht umsetzen.

CSRD: Berichtspflichten neu justiert
Ziel der CSRD ist es, Transparenz und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen für Stakeholder*innen zu schaffen. Für viele Unternehmen – insbesondere KMU – würde sich durch den Änderungsvorschlag der Reporting-Aufwand spürbar reduzieren. So sollen künftig nur mehr große Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden – unabhängig von einer Kapitalmarkt­orientierung – berichtspflichtig sein, sofern sie einen Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro oder eine Bilanzsumme über 25 Mio. Euro aufweisen. Für Unternehmen aus Drittstaaten greift die Berichtspflicht erst ab 450 Mio. Euro EU-Nettoumsatzerlöse und wenn sie über mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung innerhalb der EU verfügen.

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sollen überarbeitet und vereinfacht werden – mit dem Ziel, die Zahl der Datenpunkte deutlich zu reduzieren. Auf sektorspezifische Standards wird verzichtet. Zudem entfällt die Pflicht, innerhalb der Wertschöpfungskette Daten von Nicht-CSRD-Unternehmen zu erheben.
Die Anwendung für die zweite Welle der berichtspflichtigen Unternehmen wurde um zwei Jahre verschoben, sodass eine erstmalige Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2027 (statt bislang 2025) ansteht. Auch für kleine und mittelgroße Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs) verschiebt sich die Berichtspflicht um zwei Jahre auf das Geschäftsjahr 2028. Für große PIEs mit mehr als 500 Mitarbeitenden bleibt die Anwendungspflicht wie bisher bestehen. Für die zeitlichen Verschiebungen hat es bereits grünes Licht vom Rat der Europäischen Union gegeben. Durch die ebenfalls vorgeschlagene Anhebung der Schwellenwerte könnten viele dieser Unternehmen künftig ganz aus dem Anwendungsbereich herausfallen. Nicht berichtspflichtige KMU sollen sich freiwillig an einem neuen Standard auf Basis des bestehenden VSME-Standards orientieren können, um bestehende Reporting-Praktiken fortzuführen.

CSDDD: Sorgfaltspflichten mit angepasstem Fokus
Die CSDDD verpflichtet Unternehmen, Menschenrechte und Umwelt entlang ihrer Aktivitätenketten zu achten. Ziel ist es, verantwortungsvolles Geschäftsgebaren zu fördern und widerstandsfähige Lieferketten zu schaffen. Eine zentrale Änderung, die vom Rat der Europäischen Union bereits genehmigt wurde, ist die Verschiebung des Anwendungsbeginns auf 2028 für Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 1.500 Mio. Euro. Ab 2029 gelten die Pflichten grundsätzlich für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und 450 Mio. Euro Umsatz. Die Sorgfaltspflicht soll künftig nur noch direkte Geschäftspartner betreffen. Indirekte Lieferanten sind nur bei Hinweisen auf schwerwiegende Verstöße einzubeziehen. Das Monitoring erfolgt nur alle fünf Jahre. Zivilrechtliche Haftung und Umsatzstrafen entfallen, stattdessen werden neue Sanktionsrichtlinien entwickelt.

Ein Klimatransitionsplan ist jedoch weiterhin vorzulegen – verpflichtende Maßnahmen sind allerdings nicht mehr vorgesehen. Nationale Alleingänge sollen künftig ausgeschlossen werden, um die Planungssicherheit zu erhöhen. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit der Umsetzung befassen. Bis 2028 müssen Risiken bereits identifiziert und entsprechende Maßnahmen ergriffen sein – nicht nur zur Vermeidung von Sanktionen, sondern auch zur gezielten Nutzung der Chancen transparenter Lieferketten.

EU-Taxonomie: Nachhaltigkeit auf freiwilliger Basis?
Die EU-Taxonomie wurde 2021 als einheitliches Klassifizierungssystem eingeführt, das nachhaltige Investitionen erleichtert und Unternehmen zur Offenlegung ökologischer und sozialer Auswirkungen verpflichtet. Technische Kriterien definieren, wann eine wirtschaftliche Aktivität als ökologisch nachhaltig gilt. So sollen Investitionsentscheidungen vereinfacht und Greenwashing vermieden werden. Auch hier sieht der Vorschlag vor, dass künftig nur mehr Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden und mehr als 450 Mio. Euro Umsatz berichtspflichtig sind. Unternehmen unterhalb dieser Schwelle sollen freiwillig berichten können. Die Vorschläge der EU-Kommission zielen darauf ab, die Anforderungen klarer, praktikabler und gleichzeitig aussagekräftig zu gestalten.

Fazit: Neue Flexibilität – mit Eigenverantwortung
Das Omnibus-Paket markiert einen neuen politischen Kurs in der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung. Weniger Pflichten bedeuten nicht automatisch weniger Verantwortung – vielmehr sind Unternehmen gefordert, sich auch unabhängig von formalen Vorgaben strategisch mit ESG-Themen auseinanderzusetzen. Die neuen Spielräume können genutzt werden, um Nachhaltigkeit stärker entlang eigener Prioritäten zu verankern. Gleichzeitig bleiben die Erwartungen von Kapitalmärkten, Kund*innen und Mitarbeitenden hoch. Ein fundierter, unternehmensindividueller Umgang mit den Änderungen ist daher entscheidend.

Angesichts rechtlicher Unsicherheiten empfiehlt es sich für Unternehmen, frühzeitig zu analysieren, welche Auswirkungen das Omnibus-Paket auf ihre Nachhaltigkeitsstrategie haben könnten. Die neuen Spielräume bieten die Chance, gezielt auf ESG-Erwartungen von Kund*innen, Banken und weiteren Stakeholdern einzugehen. Ressourcen können für ESG-Projekte und strategische Nachhaltigkeitsinitiativen freigesetzt werden – mit positiver Wirkung auf das Geschäftsmodell.

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Bild: Karl Resel und Mirjam Ernst sind beide Director bei EY denkstatt, der Nachhaltigkeitsberatung von EY Österreich. Susanna Gross ist Wirtschaftsprüferin und ebenfalls Teil des Nachhaltigkeitsberatungsteams von EY Österreich.

 

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