Friday, June 13, 2025

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Bau | Immobilien

Technische Innovationen und der Fortschritt des konstruktiven Ingenieurbaus haben Holz zu einem Hightech-Werkstoff gemacht – der großvolumige Holzbau setzt sich langsam durch. Noch steht er aufgrund komplexer Planungs- und Entwicklungsprozesse im Bauwesen vor einigen Hürden. Aber auch die wird er überwinden.

 

Als nachwachsender und großräumig verfügbarer Rohstoff erfährt der Baustoff Holz in Österreich wie auch international einen spürbaren Aufwärtstrend. »Im Holzbau und in der Produktion von Holzprodukten hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan, besonders in der Vorfertigung, der Produktion flächiger Sperrholz­elemente sowie im Holz-Hybridbau. Das ermöglicht Projekte, die vor zwei Jahrzehnten undenkbar waren«, so Andreas Steiner, Bauleiter beim Porr-Projekt B.R.I.O., einem Wohnquartier aus seriell vorgefertigten Holzrahmenwandelementen und vorgefertigten Holzstützen, die mit Vollfertigteildecken aus Stahlbeton sowie Ortbeton-Elementen zur Gebäudeaussteifung und Erschließung intelligent verbunden wurden.

»Holz-Hybrid ist sehr sinnvoll, Kombinationen aus Holz und Stahlbeton entsprechen den rechtlichen Anforderungen am besten«, ergänzt sein Kollege, Holz-Hybridbau-Experte Stefan Kutschera. Es gehe um intelligentes Bauen, Beton hat Stärken, die Holz nicht hat. Es sei vernünftig, beide Welten zu vereinen. Die Bauherren sind durchwegs begeistert, wenn sie sehen, wie Holz-Hybrid realisiert wird. So auch Sascha Risavy, Leiter Baumanagement beim Österreichischen Siedlungswerk, Auftraggeber von B.R.I.O. »Hochwertiger, großvolumiger Holz-Hybridbau ist in der aktuellen Marktlage auch im geförderten Mietpreissegment möglich.« Es müsse allerdings noch an der Weiterentwicklung gearbeitet werden, da es laut Martin Aichholzer, Geschäftsführer von MAGK Architekten, noch ein paar Stolpersteine gibt. »Im Gegensatz zum Massivbau ist die Produktion mit Holz seit über 30 Jahren voll digital. Gearbeitet wird mit CAD/CAM, der Holzbau produziert wesentlich exakter. Das kann der Betonbauer laut Aichholzer vor Ort nicht erfüllen. »Bei Holz-Hybrid handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Gewerke. Selbst wenn der gleiche Konzern mit beiden Baustoffen arbeitet, entstehen Schnittstellenthemen.«

Ein anderes Problem erkennt Bernd Höfferl, Holzbaufachberater bei proHolz. »Im Moment gibt es eine Vielzahl an Lösungen, für den Großteil der Planer*innen und Entscheider*innen fehlt jedoch der verständliche rote Faden für den Einstieg in den Holzbau. Forschung, Entwicklung und wissenschaftliche Neugierde sind ein absolutes Muss, daneben brauchen wir auch das Einmaleins, damit einfach und wirtschaftlich die passende Lösung gefunden wird.«

Grüne Quelle
Der Holzbau wird laut Stefan Kutschera seinen Platz im mehrgeschoßigen Bau finden. Wie groß, hänge zum einen noch immer von rechtlichen Rahmenbedingungen ab und auf der anderen Seite auch davon, wie er weiterentwickelt und industrialisiert wird. »Die Art und Weise, wie derzeit gebaut wird, ist über Jahrzehnte entstanden, sie wurde immer weiter standardisiert und vereinfacht. Der Holzbau hinkt derzeit noch etwas nach.« Mit Bauvorhaben wie dem B.R.I.O. beginnt Industrialisierung und ein serielles Denken auch im großvolumigen Wohnbau. »Der Holzbau ist grundsätzlich auf einem guten Weg«, bestätigt Univ.-Prof. Benjamin Kromoser, Leiter des Instituts für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen an der Universität für Bodenkultur. »Wir müssen mit der Ressource Holz allerdings achtsam umgehen.« Den Holzbau großflächig zu skalieren, sei kurzfristig möglich, weil derzeit sehr viel Schadholz vorhanden ist. Langfristig müsse es aber eine sinnvolle Balance mit anderen Baustoffen geben.

Bernd Höfferl von proHolz fordert hier neben der weiteren Entwicklung technischer Lösungen auch klare Definitionen zum Thema Hybridbau. »Holz-Hybrid muss genau definiert werden. Alle sprechen von Hybrid, aber es wird damit teilweise unterschiedliches verstanden.« Es gibt hybride Bauteile wie Holzbetonverbunddecken aber auch die Kombination unterschiedlicher Bauteile aus verschiedenen Materialien. Jede Kombination hat spezielle Eigenschaften, die gezielt genutzt werden können. »Hybridbau ist naturgemäß nicht einfacher als der übliche mineralische Bau oder auch der klassische Holzbau«, so Höfferl und verweist etwa auf die Wohnhausanlage Die rote Emma. »Die Vorteile wie hoher Vorfertigungsgrad, klare Schnittstellen zwischen digitaler Planung und Produktion und Erhöhung des Montageanteiles statt klassischer Baustellenarbeit sollten auch im Sinne einer späteren Zerlegbarkeit und Wiederverwendbarkeit der Bauteile, d.h. Kreislaufwirtschaft genutzt werden.«

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Bild: »Im Holzbau muss eine einheitliche Systematik gefunden werden, die im Massivbau bereits vorhanden ist«, fordert Bernd Höfferl.

Forschung
An heimischen Universitäten laufen viele Forschungsprojekte rund ums Holz. Das Projekt 3DP Biowalls steht an der BOKU Wien als neuer Ansatz für die Entwicklung biobasierter Materialien zur Herstellung von Holzwerkstoffen, die ohne künstliche Klebstoffe verarbeitet werden können. »Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Verwertung von Abfall- und Sekundärprodukten der Holzindustrie«, informiert Univ.-Prof. Kromoser. Mit dem Projekt UniStrand sollen die technologischen und konstruktiven Grundlagen für einen ca. 7 bis 15 cm dicken, plattenförmigen Holzbauwerkstoff für die mehrgeschoßige, strukturelle Bauanwendung erforscht werden.

Dass sich Materialproduzenten, Planer*innen und Ausführende besser vernetzen, ist Ziel von Sys.Wood. Das F&E-Projekt Prefab.Facade hat sich zum Ziel gesetzt, Grundlagen für die Entwicklung von seriell vorgefertigten Systemen aus nachwachsenden Rohstoffen zu erforschen. An der TU Graz wurden im Rahmen des Projekts Holz-on-Top Methoden entwickelt, um bestehende Gründerzeitgebäude mittels modularer Holzkonstruktionen auf nachhaltige Weise aufzustocken. Die Ergebnisse des Projekts sind nun laut Andreas Ringhofer vom Institut für Holzbau und Holztechnologie bereit für die praktische Umsetzung. »Damit wird eine Nachverdichtung von Gründerzeitgebäuden mittels modularem Holzbau möglich, ohne den ursprünglichen Charakter der Gebäude zu beeinträchtigen.« Berechnungen ergaben für Wien ein Potenzial an zusätzlichem Wohnraum für rund 54.000 Menschen, für Graz 35.000 Menschen.

Im Projekt MaBo werden neue Ansätze zur Einsparung von Beton und Stahl bei Bohrpfählen im Hochbau erforscht. »Erste Ergebnisse zeigen ein Einsparpotenzial von bis zu 50 Prozent«, informiert Projektleiter Univ.-Prof. Stefan Peters. Metawood ist ein Projekt an der Universität Innsbruck. »Ziel ist die Entwicklung neuer ökologischer Metamaterialien zur Verbesserung des Schallschutzes und des Verhaltens im Brandfall im Holzbau«, informiert Professor Anton Kraler vom Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften. Ergänzend dazu wird eine LCA-Software speziell für den Holzbau entwickelt, um die Umweltwirkung von Bauprodukten fundiert bewerten zu können. Sein Kollege Professor Roland Maderebner forscht u. a. an Alternativen zu Klebstoffverbindungen im Ingenieurholzbau. Entwickelt wurde bereits die alternative, metallische Verbindungstechnologie Sharp Metal.

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Bild: Eine Maximierung der Vorfertigung und die Entwicklung einer durchgehend digitalen Prozesskette stehen im Fokus des Forschungsprojektes Prefab.Facade, an dem ecoplus ebenso beteiligt ist wie die BOKU Wien sowie Koppelhuber und Partner.

Bild: Weiß ummantelt sind die 3D-Holzrahmenwände, die in den Ecken vorgeformt auf die Baustelle des Wohnbauprojekts B.R.I.O. geliefert wurden.

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