Thursday, May 01, 2025

Mehrwert für Manager

Bau | Immobilien

Der Schritt vom Reißbrett über ein 3D-Bauwerksmodell hin zu BIM revolutioniert den Lebenszyklus eines Gebäudes von der Planung über den Bau und Betrieb bis zum Abbruch.

BIM-Projekte enthalten ein As-built-Modell, das den tatsächlichen Bauzustand dokumentiert.

»Aus Gesprächen mit unseren Partnern wissen wir, dass das Thema BIM in der Baupraxis eine große Bedeutung hat und weiter an Bedeutung gewinnen wird. Bauherren fördern und fordern dessen Einsatz immer häufiger und viele Gewerke arbeiten bereits mit übergreifenden BIM-Modellen«, berichtet Prof. Dirk Schlicke, Leiter des Instituts für Betonbau der TU Graz. »Es hängt immer von den Projektanforderungen und vom Bauherrn ab, ob dieser schon BIM-affin ist oder nur ein bisschen bei BIM mitmacht, weil der Planer BIM anbietet«, betont Frank Mettendorff, BIM-Experte beim Ingenieurbüro FCP.

BIM in use
Building Information Modeling wird als Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Bauindustrie bezeichnet, die Realität zeigt laut Nevaris noch ein uneinheitliches Bild. Großbritannien, USA/Kanada, China/Japan und die skandinavischen Länder gelten als Vorreiter. In Deutschland und Österreich bleibt die Nutzung von BIM noch hinter den Erwartungen zurück. Vor allem bei der Tragwerksplanung wird die Leistungsfähigkeit von BIM nicht ausgeschöpft. Laut TU Graz werde kein digitales Abbild mit ausreichender Informationstiefe genutzt, sondern lediglich ein Abzeichnen oder Neuzeichnen des BIM-Modells in der Tragwerks­analysesoftware vorgenommen. »Die Tragwerksplanung hinkt anderen Gewerken hinterher, da sich Tragwerksmodelle inhärent erheblich von Architekturmodellen unterscheiden, die oft als Single Source of Truth betrachtet werden«, so Schlicke. Positiv sticht z. B. die Habau Group hervor, die BIM-Prozesse bereits von der Modellerstellung bis hin zu konkreten Anwendungsfällen wie Mengenermittlung, LV-Erstellung, Abrechnung etc. sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau standardisiert. Auch Delta nutzt BIM nicht nur in der Planungsphase, sondern begleitet Projekte über die Bauphase hinaus bis in den Betrieb.

Bild: Das Projekt »Ursulinenareal Innsbruck – Potenziale einer Architekturikone« an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck digitalisiert den Denkmalschutz und will historische Gebäude erlebbar machen. Der Scan eines Ausführungsplans von 1973 ist hier überlagert mit einem digitalen Gebäudemodell.

Gerade für die Nutzungsphase erkennt FCP den größten Mehrwert durch BIM, da dadurch vor allem das Gebäudemanagement effizient geführt werden kann. Das Wissen über die Gebäudestruktur steigt, Wartungsarbeiten profitieren, die Raumkonditionierung wird bedarfsabhängig gesteuert … »Man erkennt zweifelsfrei, dass die gesamte Thematik EU-Taxonomie und ESG ein Bewusstsein dafür schafft, Daten maschinenlesbar zu haben«, erklärt Harald Urban vom Zentrum Digitaler Bauprozess der TU Wien. So ist Nachhaltigkeit etwa bei Delta fest in der BIM-Arbeitsweise verankert. Mit der Integration der sogenannten 6. Dimension in die Modelle wird der ökologische Fußabdruck bewertet und reduziert. Künftig will Delta die BIM-Prozesse durch die Integration von KI-Lösungen, Weiterentwicklung interner Standards und Qualitätssicherung zur Einhaltung internationaler Anforderungen weiter forcieren. Aktuelle Delta-Vorzeigebeispiele für BIM-Projekte sind etwa BMW Group Future Mobility Development Center in Sokolov und die Moldau-Philharmonie Prag. Auf BIM setzt auch seit vielen Jahren die Habau Group. »Die Abläufe werden mit 4D-Bauablaufplanungen, 5D-Abrechnung und 5D-Baustellencontrolling signifikant verbessert«, informiert das Technikteam.

Bild: Geländedaten können in Form großer Punktwolken z. B. aus Scalypso eingelesen und grafisch dargestellt werden.

BIM voran
In der Planung erreicht FCP derzeit problemlos die Ausführungsphase. »Schwierig wird es, wenn wir das Modell auf die Baustelle bringen«, berichtet Geschäftsführer Wolf-Dietrich Denk. Vielfach habe man ein schönes Planungsmodell, aber die Realität sieht anders aus, dann gehe der Mehrwert des digitalen Modells gegen Null. Die größte Baustelle sei die Aufklärungsarbeit der Bauherren besonders für kleinere und mittelgroße Projekte. Laut Habau Group wird BIM erst dann gewinnbringend eingesetzt, wenn es eine durchgängige Integration aller Projektbeteiligten in das BIM-Modell gibt. Viele Plattformen würden versuchen, möglichst viele Anwendungsfälle abzubilden und erschweren dabei teilweise den Datenaustausch in dieser Phase. Nötig seien offene Plattformen, offene Schnittstellen und ein direkter, automatisierter Datenaustausch zwischen allen Projektbeteiligten, ebenso Optimierungspotenzial in der automatisierten Datenverknüpfung zwischen BIM und IoT-Technologien sowie im verstärkten Einsatz von KI zur Analyse von Baufortschrittsdaten.

Harald Urban von der TU Wien sieht v.a. Verbesserungsbedarf in der standardisierten BIM-basierten Einreichung und dem AVA-Prozess. „Seit 4 Jahren gibt es die Norm 2063-2, hier braucht es allerdings noch einen anerkannten AVA-Standardelementkatalog, ähnlich den LB Hochbau.“ Das komme vor allem KMU zugute, die sich dann auf einen gesicherten Standard fokussieren können und nicht von Projekt zu Projekt neue Parameter bzw Merkmale definieren müssen.

BIM-Werkzeug
Nevaris hat auf der Bau 2025 innovative Produkt-Updates vorgestellt, etwa Build 2024.2, das es Bauleitern und Controllern ermöglicht, den vorgesehenen und tatsächlichen Projektstand präzise zu erfassen. Mit Success X werden Daten aus dem BIM-Modell und dem Nevaris BIM Allgemeinen Elementkatalog im Leistungsverzeichnis zusammengeführt. Autodesk bietet ein ergebnisorientiertes BIM, das dabei unterstützt, Ergebnisse wie Kohlenstoffneutralität oder Abfallreduzierung während des gesamten Projektlebenszyklus zu erreichen. Darüber hinaus setzt das Software-Unternehmen auf die kontinuierliche Verbesserung des Kernportfolios und bietet mehr als 500 Funktionen und Verbesserungen an, darunter AutoCAD 2025, Civil 3D und Revit 2025. Die interdisziplinäre BIM-Softwarelösung Allplan 2025 integriert unter anderem einen AI Visualizer, das KI-gestützte Plugin Bimeto, das Punktwolken in detaillierte Gebäudemodelle umwandelt sowie Scalypso4Allplan, das den direkten Import von Scandaten in verschiedenen Dateiformaten ohne Modifikation ermöglicht. Um von den Modellinformationen zu einem Leistungsverzeichnis zu gelangen, überzeugt ABK mittels Elementmethode. Diese Methode hat sich im Bereich Kostenmanagement bewährt, um von modellierten Bauelementen zu den entsprechenden LV-Positionen zu gelangen, und wurde nun mit der ÖNORM A 2063 für den AVA-Bereich standardisiert. Der Elementkatalog ABK-BIM-AVA unterstützt bei der Erstellung von Kostenschätzungen und -berechnungen bis hin zur Ausschreibung.

BIM für den Tiefbau
Vor wenigen Jahren war BIM noch ausschließlich für den Hochbau gedacht. Der Tiefbau hat laut FCP zwar später gestartet, überholt den Hochbau aber inzwischen, denn dieser sei komplexer und kleinteiliger. »Der Tiefbau ist mit seinen teils kilometerlangen Straßen simpler gestrickt, bei BIM aber konsequenter«, weiß Wolf-Dietrich Denk. Speziell die öffentlichen Auftraggeber wie ÖBB und Asfinag haben laut Alfred Waschl, buildingSmart, in den letzten Monaten enormes Wissen aufgebaut und fordern open BIM in deren Ausschreibungen ein – die neueste Version IFC 4.3 gilt als wichtiger Meilenstein. Bislang fand man in IFC zwar Balken und Stützen, aber keine Schienen, Schwellen, Dämme und Asphaltoberflächen. Hinzugekommen ist auch eine Strukturierung, um Bauwerke in der Fläche besser zu beschreiben sowie die Trassierung. Bis IFC 4.3 im Markt breit ankommt, wird es aber noch dauern – buildingSmart Deutschland rechnet bezogen auf Erfahrungen aus früheren Versionen mit einem längerfristigen Prozess von ein bis zwei Jahren.

Als ein BIM-Werkzeug bietet sich Allplan 2025, das Straßenmodellieren auf einen neuen Level hebt. Mit nur wenigen Klicks können Nutzer T- und X-Kreuzungen erstellen, der Open BIM-Standard IFC 4.3 wird vollständig unterstützt. Die visuelle Darstellung der Kreuzungen wurde verbessert und bietet nun Struktur- und Höhenlinienmodelle, die sich ideal für Entwässerungsplanung eignen. ACS-Partner testen aktuell mit einem Brückenbauprojekt in Muttenz, Schweiz, den nächsten Schritt in der digitalen Arbeitsmethode: BIM2Field. Der BIM-Tunnelbau – also TIM – ist Schwerpunkt an der Uni Innsbruck. »Im vergangenen Jahr wurden dabei unter anderem das Digitalisierungspotenzial im Tunnelbau, eine prozessbasierte, dynamische Arbeitsvorschau sowie die 3D-Visualisierung einer Baustelleneinrichtungsfläche intensiv analysiert und weiterentwickelt«, informiert Matthias Flora.

Forschung

Der Bau & Immobilien Report hat drei technische Universitäten nach aktuellen Forschungsprojekten zum Thema BIM gefragt:

TU Wien
AMAzE 2.0 (Fokus auf Bauwerks- und Grundstücksbegrünung), AIA­4ALL (Entwicklung von AIA/BAP), BIMd.sign (BIM-gestützte Planung mit Blockchain und Smart contracts).

TU Graz
Green BIM 2 (Begrünung an und in Gebäuden in BIM-Prozessen), softwarebasierte Bauwerksmodellierung, QualitySysVillab (Sicherung nachhaltiger Qualitäten in Quartiersentwicklungen), agile Tragwerksplanung (Ressourcenverantwortungsvolles Bauen mit Beton).

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
TIM, BIM2BEM Flow (Energieeffizienzplanung), BIM-Workflows bei Infrastrukturprojekten, automatisierte Nachhaltigkeitsbewertung von Infrastrukturbauwerken.

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Bild: Der Elementkatalog ABK-BIM-AVA, aufgebaut nach der ÖNORM B 1801-1 Baugliederung, enthält rund 2.000 Elemente und über 36.000 Positionen insbesondere aus den Standardisierten Leistungsbeschreibungen Hochbau-022 und Haustechnik-013.

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