Wednesday, October 22, 2025

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Bau | Immobilien

Der Umbau des Ordensklinikum Linz ist eines der aktuell größten Krankenhausprojekte Österreichs. Umgesetzt wird das komplexe Projekt im Rahmen eines partnerschaftlichen Vergabemodells mit Early Contractor Involvement (ECI). Durch die frühzeitige Einbindung der ausführenden Unternehmen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse soll eine Optimierung hinsichtlich Qualität, Kosten und Terminen erreicht werden. Ein erstes Zwischenresümee fällt vielversprechend aus.

Bild: iStock


Partnerschaftsmodelle sind in der Bauwirtschaft weiter auf dem Vormarsch. Ein vor allem international schon weit verbreitetes Modell ist das sogenannte Early Contractor Involvement (ECI). Das zentrale Element von ECI ist wenig überraschend die frühzeitige Einbindung des ausführenden Unternehmens in ein Projekt. Bei einem »klassischen« Projektablauf führt die strikte Trennung zwischen Planung und Ausführung dazu, dass die Angebotslegung für die Ausführungsleistungen auf Basis von detaillierten Ausführungsplänen erfolgt. Dabei werden ausführungsspezifische Besonderheiten bei der Planung oftmals nicht erkannt oder nicht entsprechend berücksichtigt.

Beim ECI hingegen kann das Know-how des ausführenden Unternehmens frühzeitig genutzt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Projekt vom konkreten Auftragnehmer auch effizient und kostengünstig umgesetzt werden kann. Auftragnehmer profitieren u. a. von einer längeren Vorbereitungszeit und einem besseren Ressourceneinsatz, Auftraggeber dürfen mit mehr Transparenz, höherer Preissicherheit und besserer Qualität rechnen.

Ein aktuelles Projekt, das als ECI-Modell umgesetzt wird, ist der 200 Millionen Euro schwere Umbau des Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Begleitet wird das Projekt von Heid und Partner Rechtsanwälte sowie Delta, verantwortlich für die Projektsteuerung.

Herzstück Partneringphase
Die drei Hauptgewerke Bau, HKLS und Elektrotechnik wurden mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Rahmen eines zweistufigen Verhandlungsverfahrens als Teil-Generalunternehmerleistungen ausgeschrieben und vergeben. Mit den beiden erstgereihten Unternehmen wurde eine Rahmenvereinbarung getroffen und eine mehrmonatige Partneringphase durchgeführt.

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»Im Rahmen von mehreren Terminen wurde das Bau-Soll sowie die Terminschiene optimiert, mit dem zusätzlichen Ziel, ein möglichst gleiches Verständnis über den Leistungsumfang herzustellen und das Konfliktpotenzial in der Ausführung zu reduzieren«, erklärt Delta-Geschäftsführer Andreas Dopplmair (Bild).

Generell diente die Partneringphase der gemeinsamen Analyse und Optimierung der Planung. Dabei brachten die Bieter ihr technisches Know-how ein, um gemeinsam mit der Auftraggeberin und den Planungsteams eine wirtschaftlich und funktional optimierte Ausführungsplanung zu entwickeln. »Die Ausführungsleistungen werden nur bei erfolgreichem Abschluss der Partneringphase und Einhaltung der Zielvorgaben wie Kosten, Termine oder Qualität abgerufen«, erklärt Stephan Heid von Heid und Partner Rechtsanwälte. Die Beauftragungen erfolgen über die gesamte Projektlaufzeit mit Abrufen der einzelnen Projektphasen, bei denen jeweils eine ECI-Partneringphase vorgeschaltet ist.

Vorteile durch ECI
Nach dem Ende der ersten Partneringphase lassen sich bereits zahlreiche Vorteile für das Projekt erkennen. Durch die frühzeitige Einbindung der ausführenden Gewerke in das Projekt konnten bereits in der ersten Projektphase gemeinsam mit den Planern qualitätssteigernde Optimierungen in der Planung realisiert werden. »Im Zuge der Partneringphase erfolgten bereits relevante Abstimmungen für die Ausführungsvorbereitung. Somit konnte ein geordneter Leistungsstart sichergestellt werden«, erklärt Dopplmair. Das praxisnahe Know-how der Gewerke trug maßgeblich zur Verbesserung der Baustellenlogistik und des Bauablaufs bei, was ein wesentlicher Vorteil angesichts der besonderen Herausforderungen, die der Umbau in zentraler innerstädtischer Lage mit sich bringt.

Die in den Partneringphasen gemeinsam erarbeiteten Optimierungen tragen auch wesentlich dazu bei, die Kosten- und Terminsicherheit für den Auftraggeber zu erhöhen. »Durch den partnerschaftlichen Ansatz und die frühzeitige Einbindung der ausführenden Gewerke sowie den Einsatz von Lean-Management im Rahmen der Ausführung lässt sich zudem das Risiko späterer Nachtragsforderungen deutlich reduzieren«, erklärt Heid.

Da für jede Projektphase ein erneuter Qualitätswettbewerb unter den jeweiligen Rahmenvertragspartnern vorgesehen ist, können auch noch in späteren Projektphasen Optimierungspotenziale erkannt und umgesetzt werden. »Diese Optimierungsvorschläge werden im Rahmen der Partneringphasen gemeinsam diskutiert und festgelegt. So lässt sich auch in den folgenden Bauabschnitten ein hohes Maß an Kosten- und Terminsicherheit erreichen«, so Heid.

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Bild: »Die in den Partneringphasen gemeinsam erarbeiteten Optimierungen tragen wesentlich dazu bei, die Kosten- und Terminsicherheit für den Auftraggeber zu erhöhen«, sagt Stephan Heid, Heid und Partner Rechtsanwälte.

Und schließlich verspricht der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit jeweils zwei Partnern je Baulos eine hohe Ausfallsicherheit. Sollte einer der Rahmenvereinbarungspartner insolvent werden, kann sofort – ohne neue Ausschreibung – auf den anderen Rahmenvereinbarungspartner zurückgegriffen werden.

Das Projekt
Im Zuge des Umbaus des Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern ist eine strukturelle Erneuerung von 60.000 Quadratmetern, das sind zwei Drittel der Gebäudefläche, vorgesehen. Zentrale Ansätze sind der Neubau von zwei Bauteilen, die Erneuerung der Haustechnik, die Schaffung der Möglichkeit der Kühlung der Stationen sowie die energetische Sanierung der Bausubstanz.

Bereits Anfang Oktober 2024 wurde die Baustelle eingerichtet, um den Abbruch des Vorplatzes und der darunterliegenden Tiefgarage einzuleiten. Die Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung des neuen Gebäudes konnten nach der intensiven Planungs- und Abbruchphase im
Juli 2025 abgeschlossen werden. Im August wurde mit dem Bau des neuen Gebäudeteils begonnen. Der Rohbau dieses Bauteils M wird voraussichtlich im Sommer 2026 finalisiert, im Sommer 2027 folgt die Baufertigstellung und im Herbst 2027 soll dieser in Betrieb gehen.

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Bild: Links der Vorplatz des Krankenhauses an der Seilerstätte, an dem der neue Bauteil errichtet wird, vor Beginn der Abbrucharbeiten. Rechts ein Blick in die Zukunft.

Vorteile durch ECI beim Umbau des Ordensklinikum Linz

Hohes Optimierungspotenzial: Durch die frühzeitige Einbindung der ausführenden Gewerke in das Projekt konnten bereits in der ersten Projektphase qualitätssteigernde Optimierungspotenziale in der Planung identifiziert und realisiert werden.

Hohe Kosten- und Terminsicherheit: Die in den Partneringphasen gemeinsam erarbeiteten Optimierungen tragen wesentlich dazu bei, die
Kosten- und Terminsicherheit für den Auftraggeber zu erhöhen.

Neuerlicher Qualitätswettbewerb: Während die erste Phase realisiert wird, laufen die Planungen für die nachfolgenden Teilprojekte parallel. Für jede weitere Projektphase ist ein erneuter Qualitätswettbewerb unter den jeweiligen Rahmenvertragspartnern vorgesehen.

Reduktion des Insolvenzrisikos: Durch den Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit jeweils zwei Partnern je Baulos ist eine hohe Ausfallsicherheit bis Ende der Masterplan-Phase gewährleistet.

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