ESG-Reporting: Schritt für Schritt zum nachhaltigen Erfolg – Teil 6 – Umbruch bei Berichterstattung?
Umbruch bei der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung? Die EU-Kommission hat im Februar 2025 vorgeschlagen über die sogenannte Omnibus-Verordnung mehrere Nachhaltigkeitsrichtlinien gemeinsam zu verändern. Das EU-Parlament und der EU-Rat haben diesem Vorschlag im April 2025 zugestimmt. Lesen Sie in dem Artikel was nun auf Unternehmen zukommt bzw. auch nicht.
Die Nachhaltigkeitsrichtlinien der EU gleichen einer Operation am offenen Herzen. Seit Jahren werden Regelungen entwickelt und über Richtlinien vorgegeben - auch wenn die finale Vorgehensweise noch nicht klar ist. Wenn man in der Branche tätig ist, ist das keine Überraschung. Das betrifft auch diese Kolumne.
Ursprünglich war gedacht in diesem Teil dieser REPORT Serie über die Themenbereiche des europäischen Nachhaltigkeitsberichtstandard ESRS zu schreiben. Dann schlug die Idee der EU Kommission mittels einer sogenannten Omnibusverordnung mehrere Nachhaltigkeitsrichtlinien gemeinsam zu verändern hohe Wellen. Die Branche wartete auf die Ergebnisse und seit Mitte April herrscht etwas mehr Gewissheit.
Der Vorschlag
Den kompletten Vorschlag der EU-Kommission finden Sie hier: (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_25_615).
Dass die Regelungen zum Beispiel zur Nachhaltigkeitsberichterstattung oder dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM umfangreich und kompliziert sind, bezweifelt niemand. Ob jetzt die anvisierte Veränderung eine Erleichterung bringen wird, wird sich allerdings auch noch zeigen müssen, denn momentan geht es vor allem darum, dass wesentlich weniger Unternehmen berichten sollen als ursprünglich geplant. Damit kommt der bereits entstandene Schwung (Stichwort "Trickle-Down-Effekt") sich mit den Themen der Nachhaltigkeit, der eigenen Lieferkette, den zukünftigen Risiken und Chancen zu beschäftigen, möglicherweise wieder zum Erliegen bzw. wird verlangsamt.
Die betroffenen Verordnungen
- CSRD - die Regelung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
- CSDDD - die Regelung über Nachhaltigkeit in der Lieferkette, damit Umweltschäden oder die Verletzungen von Menschenrechten eingedämmt werden
- Taxonomieverordnung - die Definition und der Ausweis von nachhaltigen Tätigkeiten
- CBAM - die Regelung über die CO2-Grenzbesteuerung, damit Produkte aus Drittstaaten mit niedrigeren Umweltstandards mit europäischen Produkten vergleichbar und entsprechend bepreist werden. Hier plant die EU-Kommission die Schwellenwerte (derzeit 150 Euro) hochzusetzen.
- Anpassung InvestEu Richtlinie - hier sollen die Reporting Vorgaben für solche Investments vereinfacht werden.
Nachhaltigkeitsberichterstattung vor den Bus geworfen?
Was sind nun die größten Änderungen? Lesen Sie hier einen Überblick über CSRD, CSDDD und Taxonomie-Richtlinie
CSRD - Corporate Sustainability Reporting Directive
Die CSRD regelt, welche Unternehmen was über Nachhaltigkeit berichten müssen.
- Zeitplan: Große Unternehmen sind bereits unter der CSRD berichtspflichtig, daran wird sich auch nichts ändern. Demgegenüber sind Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, 50 Millionen Umsatz bzw. 25 Millionen Euro Bilanzsumme gerade in der Vorbereitung, denn sie sollten Anfang 2026 über das Geschäftsjahr 2025 berichten. Einerseits wird durch die Verordnung der erste Bericht um zwei Jahre verschoben. Das bedeutet, dass betroffene Unternehmen erstmals in 2028 über das Geschäftsjahr 2027 berichten müssen. Zweitens werden, wie in Punkt 2 zu sehen, die Werte der Unternehmensgrößen wesentlich weiter als bisher gefasst.
- Unternehmensgrößen: Das ist eine der wesentlichen Änderungen der Omnibus-Verordnung. Es wird eine einheitliche Mitarbeiterschwelle festgesetzt, die definiert ob Unternehmen berichtspflichtig sind oder nicht. Bisher gibt es eine Unterscheidung zB für börsennotierte KMU. Der Vorschlag der Kommission lautet 1000 Mitarbeitende + 50 Millionen Umsatz + 25 Millionen Bilanzsumme als Schwellenwert für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD. Damit fallen 80 % der bisher berichtspflichten Unternehmen wieder raus.
- Datenpunkte: Die zu berichtenden Datenpunkte, die derzeit im ESRS zu finden sind, sollen abgeschwächt werden. Wie es mit den Klimatransaktionsplänen weiter geht, wird besonders spannend sein. Das soll über spätere Verordnungen geregelt werden.
- Sektorstandards: Neben den allgemeinen Angaben und den themenspezifischen Nachhaltigkeitsangaben (E / S / G) arbeitete die EFRAG auch an sektorspezifischen Berichtsformaten zB für ressourcenintensive Bereiche wie die Zementherstelltung. Laut dem Entwurf der EU-Kommission werden diese Standards eingestampft.
CSDDD - Sorgfaltspflicht für Lieferketten (Corporate Sustainability Due Diligence Directive)
Das geplante Lieferkettengesetz regelt die Sorgfaltspflichten von Unternehmen, damit sie in ihrer gesamten Lieferkette - also von den Rohmaterialien bis zur Nutzung und Entsorgung - sicherstellen, dass es zu keinen Verletzungen der Menschenrechte kommt.
- Auch hier wird die einheitliche Mitarbeiterschwelle von 1000 Menschen gelten, damit Unternehmen berichtspflichtig sind.
- Sorgfaltspflichten: In der bisherigen Richtlinie war festgelegt, dass die komplette Lieferkette geprüft werden muss. Der neue Vorschlag der EU-Kommission orientiert sich am deutschen LKSG nachdem nur unmittelbare Lieferanten, mit denen man einen Vertrag hat, evaluiert werden müssen. Außer wenn man Verdacht auf Menschenrechtsverletzung hat, dann muss man genauer hinschauen. In wie weit hier genau hingesehen wird, ist fraglich.
- Berichtsintervall: Hier lautet der Vorschlag der Kommission nicht mehr jährlich, sondern nur mehr alle 5 Jahre die Sorgfaltsprüfung durchzuführen.
- Implementierung: Die Umsetzung wird um 1 Jahr auf 2028 verschoben.
- Wesentliche Änderung: Die zivilrechtliche Haftung für Vergehen gegen die CSDDD soll gestrichen werden. Damit besteht die Gefahr, dass die CSDDD zum zahnlosen Papiertiger wird.
Taxonomie-Verordnung
Die Taxonomieverordnung regelt, was in der EU als nachhaltig gilt und wer wie darüber berichten muss.
- Auch hier wird die einheitliche Mitarbeiterschwelle von 1000 Menschen gelten, damit Unternehmen berichtspflichtig sind. Dazu kommt ein Mindestumsatz von 450 Millionen Euro.
- Datenpunkte: Auch hier ist eine Anpassung - sprich Reduktion der Datenpunkte - vorgeschlagen. Genaueres wird noch folgen.
Fazit: Die Wirtschaft ist nur mit Nachhaltigkeit zukunftsfähig
Too little, too late - der Omnibus-Vorschlag gleicht eher einem Busunfall als einem Schnellbus. Beispielsweise verkommen die Vorgaben des Lieferkettengesetzes ohne Sanktionsmöglichkeiten zur Tick-the-box Übung. Zudem bringen die Veränderung der umfassten Unternehmen und des Berichtsrahmens große Unsicherheiten mit sich.
Eines ist klar, das Thema Nachhaltigkeit wird nicht weggehen, auch wenn sich möglicherweise die rechtlichen Rahmenbedingungen verschieben bzw. verzögern.
Unternehmen sind gut beraten die Handlungsfelder als Leitlinie für die strategische Unternehmensausrichtung zu nutzen, denn dadurch ergeben sich viele Vorteile:
- Innovationsmöglichkeiten
- Kostenvorteile
- Wettbewerbsvorteile
- Höhere Arbeitergeberattraktivität
- Bessere Finanzierungs- und Versicherungskonditionen
- Verbesserte Außenwirkung
Für alle KMUs, die sich derzeit unsicher sind, ist der freiwillige Berichtsstandard VSME ein guter erster Ansatzpunkt um sich mit dem Prozedere der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung vertraut zu machen. Die Unternehmen, die gerade in der CSRD-Umsetzung sind, haben damit die Basis für die strategische Unternehmensausrichtung der nächsten Jahre gelegt. Denn eines sind Nachhaltigkeitsberichte immer - sie sind der Datenschatz für die Verbesserung.
Außerdem: Die Natur und die Physik verhandeln nicht und reagieren auch nicht auf rechtliche Vorgaben - es liegt an uns die Verbesserung umzusetzen.
Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 und Teil 3 und Teil 4 und Teil 5 und Teil 6 der Serie.
Im siebten Teil dieser REPORT Serie erfahren Sie, welche Themenbereiche der europäischen Nachhaltigkeitsberichtstandard ESRS abdeckt. Das wird sich auch nicht durch die Omnibus-Verordnung verändern.
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