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Motor für die Stahlproduktion

Foto: Ein Vorteil metallischer Werkstoffe ist ihre architektonische Vielfalt. Foto: Ein Vorteil metallischer Werkstoffe ist ihre architektonische Vielfalt.

Der steigende Infrastrukturbedarf erhöht auch die Nachfrage nach Stahl. Gefordert ist allerdings mehr Grundlagenwissen, in Ausbildung wie im Arbeitsalltag. Stahlbautage an HTLs sind ein probater Weg dafür. Der ÖSTV fordert auch bei ausgelernten Fachkräften die Abkehr von Stahl-Vorurteilen.

Das Wissen über Stahl ist teilweise nicht so ausgeprägt, wie wir uns das wünschen«, bedauert Georg Matzner, Geschäftsführer des Österreichischen Stahlbauverbandes. Stahlbau sei ein Nischenthema und werde manchmal sehr stiefmütterlich behandelt. »Ich spreche gar nicht von Statik. Wenn man an HTLs die Frage stellt, was Stahl ist und wie er sich zusammensetzt, bin ich mir nicht sicher, ob alle das korrekt erklären können.« Es ist daher dringend angebracht, mit Firmen und Beispielen aus der Praxis an höhere Schulen zu gehen. HTLs seien sehr offen dafür. Zuletzt fand Mitte Juni ein Stahlbautag an der HTL Villach statt, wo Haslinger Stahlbau, Filli Stahl und ZinkPower Klagenfurt einen Blick in die Praxis boten. »Den Stahlbau vor allem im Bauingenieurbereich verstärkt näherzubringen, ist für uns die Motivation, Stahlbautage an HTLs weiter zu veranstalten«, gibt Matzner eine Vorschau auf die nächsten Schulsemester.

Mythos Brennender Stahl

Nachholbedarf sieht der Geschäftsführer des ÖSTV dringend bei ausgelernten Fachkräften und selbst bei Baumeistern in Bezug v.a. auf den Irrglauben, dass Stahl im Brandfall versagt. Gegenüber dem Bau+Immobilien Report berichtet er von einer Feuerwehrschulung, bei der sich der Ausbildner weigerte, eine Stahlhalle im Brandfall zu betreten. »In UK kann man das Gleiche aber für den Massivbau hören. Die emotionale Schiene ist stärker als die physikalische, obwohl schon lange und mehrfach nachgewiesen wurde, dass Stahl nie schlagartig versagt. Er wird langsam weich«, so Matzner.

Stahlkonstruktionen erreichen sämtliche offiziell definierten Feuerwiderstandsklassen von R30 bis zu R180. Laut Statistik der Brandverhütungsstelle Vorarlberg zählen Rauchgasvergiftung und Hitzeeinwirkung zu den Todesursachen, jedoch kein Versagen der Tragstruktur eines Gebäudes. Eklatante sicherheitstechnische Mängel wie verstellte Gänge, verkeilte Feuerschutztüren, Ölkanister und Altreifen im Keller sowie »vergessene« leicht entzündliche Pakete wie Packmaterial, Papier oder Matratzen im Treppenhaus schüren die Brandgefahr. »Es reden Halbqualifizierte und geben eine Scheingefahr wieder, die es in der Praxis schon lang nicht mehr gibt«, kritisiert er. Stefan Halwachs, Geschäftsführer von Stahlbau Grabner und Mitglied beim ÖSTV und Netzwerk Metall, sieht das Problem ähnlich. »Von der planenden Seite wird vielfach durch fehlendes Wissen zu viel vorgeschrieben.« Der ÖSTV stelle zwar viel Informationsmaterial zur Verfügung, aber es sei natürlich schwer, jeden zum Studium der Lektüre zu bewegen.

Bild oben: Georg Matzner, Geschäftsführer des Österreichischen Stahlbauverbandes, sieht noch Potential für mehr Stahlbau in den HTL-Ausbildungen.
 

Die Erde bebt

Wenn es um das Thema Gebäudesicherheit geht, spielt neben Brandschutz die Erdbebensicherheit eine wesentliche Rolle. Österreich liegt in keiner seismischen Krisenregion. Das globale Wirtschaften verschafft heimischen Unternehmen aber immer öfter Aufträge in Regionen mit hoher Erdbebenwahrscheinlichkeit. Hier muss Stahl aufgrund seiner hohen duktilen Eigenschaften, d.h. seiner Verformbarkeit, der Vorzug gegeben werden. Bauwerke sind in erster Linie auf vertikale Lasten ausgerichtet, bei einem Erdbeben wirken aber über 50 Prozent horizontale Kräfte. Es braucht daher plastische Reserven, die Stahl bietet. Vor allem das Gewicht des Gebäudes ist entscheidend, je leichter, desto geringer der Schaden. Für Stahl spricht laut Georg Matzner auch der Zeit- und Kostenfaktor. Bauelemente aus Stahl lassen sich exakt vorproduzieren, schnell an die Baustelle bringen und rasch montieren. Und am Ende des Lebenszyklus kann Stahl als metallischer Stoff unendlich oft und ohne Qualitätsverlust recycelt werden.

Perspektiven im Stahlbau

»Der Bedarf an gebautem Raum nimmt zu«, berichtete schon Henk ­Reimink, Director Industry Excellence von World Steel beim diesjährigen Stahlbautag des ÖSTV in Graz. 2035 sollen 67 Prozent der Bevölkerung in Städten leben, besonders stark steigt die Urbanisierung in Entwicklungs- und Schwellenländern. Hier sieht Stefan Halwachs viel Entwicklungspotential für den Infrastrukturbereich, von Brücken über Züge bis zu öffentlichen Gebäuden. »Die ­Nachfrage nach Stahl wächst, da er ressourcenschonend ist. Einmal gewonnen, erzielt er durch seine lange Lebensdauer und beste Wiederverwendbarkeit sehr gute Werte. Das kommt immer mehr zum Tragen«, dehnt er das Steigerungspotential auf die gesamte Baubranche aus. Laut Halwachs entwickelt sich der Trend vom Billigbau hin zum gesamtheitlichen Bau. Derzeit hält Stahl erst einen Anteil von knapp fünf Prozent. Matzner sieht die Stahlintensität, also den Gebrauch pro gebautem Quadratmeter, eher abnehmend. »Auch im Massivbau gibt es neue Betonarten, z.B. faserverstärkten Beton, logisch, dass dann der Stahlverbrauch auch dort abnimmt.«

Die Stahlindustrie nehme sich des Bauwesens zu wenig an. Es gebe natürlich Ausnahmeunternehmen mit einer breiten Produktpalette, aber viele sehen das Bauwesen nicht als Priorität an. Große Stahlanbieter würden vielfach nur in großen Volumen arbeiten, ab 1.000 Tonnen aufwärts verkaufen. Alles andere sei zu viel interner Aufwand. »Es gilt, das Vertrauen in Stahl wieder aufzubauen«, fordert Georg Matzner.

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