Die „Customer Experience" ist in vielen Branchen ein entscheidender Faktor – im Retail-Bereich ist sie der wohl wichtigste Wettbewerbsvorteil; und bekommt mit Ultra-Personalisierung dank Künstlicher Intelligenz (KI) einen ganz neuen Stellenwert. Experten gehen davon aus, dass die digitale Kundenreise in den nächsten zwei Jahren revolutioniert wird. Unternehmen, die ihre Kunden verstehen und in Echtzeit auf ihre Bedürfnisse reagieren, setzen neue Maßstäbe – doch nur wer dabei das Vertrauen der Kunden bewahrt, gewinnt langfristig.

Stellen wir uns vor, wir suchen ein neues Kosmetikprodukt. Als Smartwatch-Träger liefern wir – bewusst oder unbewusst – eine Vielzahl an Sensordaten. Doch nicht nur wir, auch das Kaufportal unserer Wahl kann IoT-Technologie nutzen, um beispielsweise den Feuchtigkeitsgehalt der Haut oder die Haarstruktur zu analysieren.

„Diese Daten werden mit Kaufgewohnheiten und sozialen Interaktionen in einem Wissensmodell verknüpft", erklärt Rahul Mahajan, global CTO und e-Commerce Experte beim Digitalisierungsexperten Nagarro. „In Sekundenbruchteilen kann das System hochpersonalisierte Produktempfehlungen erstellen – präziser als jeder menschliche Berater." Dieser Ansatz geht weit über klassische Produktempfehlungen hinaus: Er berücksichtigt neben festen Kundendaten auch sich wandelnde Faktoren wie Wetter, Standort oder Tagesverfassung.

Personalisiertes Einkaufserlebnis auf Knopfdruck

Generative KI hat die Art und Weise verändert, wie Marken mit ihren Kunden interagieren. Bisher wurden Daten in statischen Datenbanken gespeichert und analysiert. Heute können Unternehmen dank Künstlicher Intelligenz Informationen aus mehreren Quellen integrieren und erhalten so in Echtzeit eine 360°-Ansicht der Vorlieben, Verhaltensweisen und sogar emotionalen Erwartungen ihrer Kunden. Die Nutzung von KI führt also dazu, dass Marken nicht nur Produkte, sondern ganze Einkaufserlebnisse maßgeschneidert und über verschiedene Kanäle hinweg anbieten können.

Internationale Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Sportartikel, Mode, Luxus und Kosmetik setzen zunehmend auf solche Lösungen, schaffen nahtlose Omnichannel-Erlebnisse und koordinieren kanalübergreifende Kundeninteraktionen: Ein Einkauf kann online beginnen und nahtlos im stationären Handel fortgesetzt werden.

„Personalisierung ist längst keine Option mehr, sondern eine geschäftliche Notwendigkeit", so Rahul Mahajan, der bei Nagarro für zahlreiche E-Commerce- und Customer-Experience-Initiativen verantwortlich ist. „Kunden erwarten maßgeschneiderte Beratung, die sich flexibel an ihre individuellen Bedürfnisse und Präferenzen anpasst – unabhängig davon, ob sie digital oder physisch mit einer Marke interagieren."

Nehmen wir das Beispiel von jemandem, der für eine Veranstaltung, die eine Woche später stattfindet, einen bestimmten Look erzielen möchte, den er online entdeckt hat. Wie ein „Personal Shopper" übernimmt die KI die Aufgabe: Sie identifiziert die Attribute des gewünschten Stils (Kleidung, Frisur, Accessoires, Make-up usw.), organisiert dann mittels intelligenter Agenten eine Reihe von Salondienstleistungen, bietet den Online-Kauf von Kleidung an, empfiehlt geeignete Behandlungen und bietet ein passendes Make-up-Tutorial an.

Marktführer zeigen, wie es geht

Vorreiter unter den internationalen Marken zeigen eindrucksvoll, wie die konsequente Integration von Ultra-Personalisierung starke und nachhaltige Kundenbindungen schafft.

Im Bereich Konsumgüter und Beauty ist die intelligente Verknüpfung digitaler Lösungen bereits Realität. Online-Kanäle und stationäre Geschäfte werden mithilfe von KI-gestützten Plattformen nahtlos verbunden. Der Kunde kann direkt mit qualifizierten Verkaufsberatern interagieren. Das Ziel: die Customer Journey menschlicher gestalten und gleichzeitig ein durchgehend vernetztes Markenerlebnis schaffen.

Auch im B2B-Sektor zeigt sich das Potenzial: Ein führender französischer Industriekonzern nutzt hochentwickelte Customer-Intelligence-Lösungen, um die Ansprache seiner Vertriebsteams und Partnernetzwerke gezielt zu personalisieren.

Ultra-Personalisierung zwischen Chancen und Verantwortung

Verbraucher gewöhnen sich zunehmend an maßgeschneiderte Shopping-Erlebnisse. Die nächste Generation des Online-Handels wird nicht nur Wünsche erkennen, sondern in Echtzeit auf Veränderungen reagieren. Doch mit steigender Personalisierung wächst auch die Verantwortung der Unternehmen. „Ultra-Personalisierung basiert auf Vertrauen", betont Mahajan. „Daten müssen auf transparente Weise und im Einklang mit der DSGVO genutzt werden. Kunden sollten jederzeit verstehen, wie ihre Informationen zur Verbesserung ihres Einkaufserlebnisses beitragen."

Um dies zu gewährleisten, kommen KI-gestützte Playbooks und intelligente Agenten zum Einsatz. Sie ermöglichen eine präzise Steuerung der Datennutzung und schaffen die Grundlage für ein ethisches, kundenfreundliches Einkaufserlebnis.

Personalisierung ist Voraussetzung, Datentransparenz die Kür

Ultra-Personalisierung ist längst ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit. Dabei gilt es, die Balance zwischen maßgeschneiderten Angeboten und dem Schutz persönlicher Daten zu wahren. Wer langfristig nicht den Anschluss verlieren will, muss Datensilos aufbrechen und Kund:innen ein nahtloses, personalisiertes Einkaufserlebnis bieten. Nur so lässt sich das volle Potenzial fortschrittlicher Personalisierungsstrategien ausschöpfen. Transparenz und Vertrauen sind dabei entscheidend – wer beides in den Mittelpunkt stellt, wird die Zukunft des Handels aktiv mitgestalten.

Über den Autor
Rahul Mahajan, Global CTO bei Nagarro, ist ein führender Experte für digitale Transformation mit über 20 Jahren Erfahrung und mehr als 15 erteilten Patenten weltweit. Seine Expertise umfasst zukunftsweisende Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Generative KI, Cloud-Plattformen und das Internet der Dinge (IoT). Mit seiner einzigartigen Perspektive – einer Kombination aus Unternehmertum, Ingenieurskunst und Beratung – treibt Rahul Innovationen in verschiedensten Branchen wie Einzelhandel, Konsumgüter (CPG) und Automobilindustrie voran.