Wirtschaftskammer: Es wäre klug, zu signifikanten Erneuerungsschritten zu wechseln. Ein Kommentar von Stephan Blahut, Generalsekretär des Österreichischen Gewerbevereines.
Neuerfindung? Zwei Beispiele
Die Liechtensteinische Wirtschaftskammer musste nach jahrzehntelangem Abwehrkampf, die Pflichtmitgliedschaft vor etwa 15 Jahren aufgeben. Sie zeigt nach einer Neuausrichtung auf die tatsächlichen Bedürfnisse, dass immer noch fast alle Betriebe als freiwillige Mitglieder (wieder) dabei sind. Transparenz und Qualität erarbeiten und bestärken Vertrauen. Oder die katholische Kirche in Italien. 1985 stellte das Land von der Pflichtkirchensteuer auf den »otto per mille« um: jede:r Steuerzahler:in bestimmt selbst, welche soziale oder kirchliche Organisation diese acht Promille erhalten soll. Das Ergebnis: Nach einer fulminanten Informationskampagne, kann die Kirche sogar auf höhere Beiträge zählen.
Transparenz und Mission sind wirkmächtig. Mit einer gewissen Ironie schreibe ich aus einer Organisation heraus, die ebenfalls alle Hände voll zu tun hat, Sinnstiftung und Qualität zu liefern, um für ihre Mitglieder attraktiv zu sein. Einer Organisation, die sich einst auch der Aufgabe widmete, die Handelskammer in Wien zu gründen, zu fördern und deren ersten Präsaidenten in Personalunion zu stellen. Seitdem ist viel passiert, auch in der Art, wie wir Unternehmen führen.
Erster Schritt: Entlasst EPU und KKMU aus der Kammerpflicht!
Es wäre also klug, vom Lösungsansatz ›Bauernopfer‹ zu signifikanten Erneuerungsschritten zu wechseln und die Kammern auf das Nötigste zu reduzieren. Man muss ja nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, aber ein erster Schritt könnte beispielsweise sein, die EPU und die kleinsten KMU vom Zwang, dabei sein zu müssen, zu entbinden.
Das wäre ein starkes Zeichen für Vertrauen, Eigenverantwortung und eine moderne Interessensvertretung. Dann könnten auch Relikte wie dem Verfassungsrang der Kammern beiseite gelegt werden und die Gewohnheit, dass Kammervertreter gleichzeitig als Nationalratsabgeordnete und Lobbyisten aktiv sind, hielte keinem seriösen, demokratiepolitischen Maß mehr stand. Glück auf!
Eines vorweg: Ich mag Harald Mahrer. Er ist ein kluger Mensch. Aber es ist schon auch so, dass sein alter Spirit, große Veränderungen/Verbesserungen anzustoßen mit Amtsantritt, verloren gegangen ist. Bis zuletzt hat er Reformen versprochen, die es dann doch nicht wirklich gab. Mit seinem Abgang hat er den Stauts quo beschützt, statt die Chance dieser Krise zu ergreifen und zu nützen. In gewisser Weise lässt er damit viele Mitarbeitende, die sich jeden Tag mit viel Energie für die Mitglieder einsetzen, im Regen stehen.
Die Wirtschaftskammer möchte jetzt mit dem Wechsel an der Spitze – dem einzigen Wechsel – ihr Ansehen bei den Mitgliedern retten. Doch die Kammer täuscht sich, wenn es bei diesem durchsichtigen Manöver bliebe. Man kann ein solches Bauernopfer bringen, aber man sollte auch verstehen, dass es tiefgreifende Veränderungen braucht. Nähe zu Mitgliedern und praxisnahes Verständnis für deren wirtschaftliche Realität sehen anders aus.
Die Wirtschaftskammer möchte jetzt mit dem Wechsel an der Spitze – dem einzigen Wechsel – ihr Ansehen bei den Mitgliedern retten. Doch die Kammer täuscht sich, wenn es bei diesem durchsichtigen Manöver bliebe. Man kann ein solches Bauernopfer bringen, aber man sollte auch verstehen, dass es tiefgreifende Veränderungen braucht. Nähe zu Mitgliedern und praxisnahes Verständnis für deren wirtschaftliche Realität sehen anders aus.
Die Kammer könnte Fahnenträgerin der Zukunftschancen sein. Das tut sie bislang nicht, sie möchte lieber Altes bewahren. Unternehmende warten zu oft vergeblich auf »innovative unternehmerische Interventionen« im politischen Entscheidungsprozess. Die Sinnfrage wäre zu stellen: Praktisch: Sie sitzt auf Milliarden und wartet bis heute noch immer auf eine große Krise, um die Reserven zu nutzen. Inhaltlich: Welche dynamischen Treiber künftiger Entwicklungen unterstützt sie aktiv?
Neuerfindung? Zwei Beispiele
Die Liechtensteinische Wirtschaftskammer musste nach jahrzehntelangem Abwehrkampf, die Pflichtmitgliedschaft vor etwa 15 Jahren aufgeben. Sie zeigt nach einer Neuausrichtung auf die tatsächlichen Bedürfnisse, dass immer noch fast alle Betriebe als freiwillige Mitglieder (wieder) dabei sind. Transparenz und Qualität erarbeiten und bestärken Vertrauen. Oder die katholische Kirche in Italien. 1985 stellte das Land von der Pflichtkirchensteuer auf den »otto per mille« um: jede:r Steuerzahler:in bestimmt selbst, welche soziale oder kirchliche Organisation diese acht Promille erhalten soll. Das Ergebnis: Nach einer fulminanten Informationskampagne, kann die Kirche sogar auf höhere Beiträge zählen.
Transparenz und Mission sind wirkmächtig. Mit einer gewissen Ironie schreibe ich aus einer Organisation heraus, die ebenfalls alle Hände voll zu tun hat, Sinnstiftung und Qualität zu liefern, um für ihre Mitglieder attraktiv zu sein. Einer Organisation, die sich einst auch der Aufgabe widmete, die Handelskammer in Wien zu gründen, zu fördern und deren ersten Präsaidenten in Personalunion zu stellen. Seitdem ist viel passiert, auch in der Art, wie wir Unternehmen führen.
Erster Schritt: Entlasst EPU und KKMU aus der Kammerpflicht!
Es wäre also klug, vom Lösungsansatz ›Bauernopfer‹ zu signifikanten Erneuerungsschritten zu wechseln und die Kammern auf das Nötigste zu reduzieren. Man muss ja nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, aber ein erster Schritt könnte beispielsweise sein, die EPU und die kleinsten KMU vom Zwang, dabei sein zu müssen, zu entbinden.
Das wäre ein starkes Zeichen für Vertrauen, Eigenverantwortung und eine moderne Interessensvertretung. Dann könnten auch Relikte wie dem Verfassungsrang der Kammern beiseite gelegt werden und die Gewohnheit, dass Kammervertreter gleichzeitig als Nationalratsabgeordnete und Lobbyisten aktiv sind, hielte keinem seriösen, demokratiepolitischen Maß mehr stand. Glück auf!
Bild: Stephan Blahut ist Generalsekretär des Österreichischen Gewerbevereines. (Foto: Lena Horvath)