Die vielen negativen Schlagzeilen der letzten Monate und die mitunter daraus resultierende Unsicherheit in der Arbeitswelt, wirkt sich spürbar auf die Mitarbeitenden aus. Fifty-fifty, so stehen die Chancen, dass Arbeitnehmer:innen in einem Jahr noch im Unternehmen sind.
Der Engagement Index 2024 Deutschland von Gallup, eine Langzeitstudie des globalen Beratungsunternehmens, beschäftigt sich mit der emotionalen Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber. Die Zahl der emotional hoch gebundenen Mitarbeitenden fällt im aktuellen Bericht auf ein Rekordtief von 9%. 78% der emotional gering gebundenen Mitarbeitenden machen sogar nur noch Dienst nach Vorschrift.
„Unternehmen stehen vor der schwierigen Aufgabe, den aktuellen Wandel in der Arbeitswelt aktiv zu gestalten. Dabei geht es darum, den Mitarbeitenden aktiv zuzuhören, daraus Erkenntnisse abzuleiten und Transparenz zu schaffen. Ansonsten drohen Szenarien wie in der Gallup-Studie. Und das kostet Unternehmen viel Geld", weiß Arbeitspsychologe und Business Beat Geschäftsführer Andreas Hermann (Bild). Gallup beziffert die wirtschaftlichen Folgen mangelnder Bindung für Unternehmen in Deutschland auf bis zu 122 Milliarden Euro jährlich, verursacht durch Produktivitätsverluste, Fehlzeiten und hohe Fluktuation.
Digitale Feedbackschleifen als Schlüssel
Doch wie setzt man dies am besten um? Essenziell ist die Entwicklung einer digitalen Feedbacklandschaft. Der Employee Lifecycle (ELC)* bietet hier optimale und breit gefächerte Ansatzpunkte, um wertvolle Daten zu generieren. Hierbei sind regelmäßige Pulsbefragungen, also kleinere Erhebungen zu spezifischen Themen, besonders wirkungsvoll und identitätsstiftend. "Wir nutzen aktuell über 250 wissenschaftlich fundierte Standardfragen, die selbstverständlich individuell auf jedes Unternehmen angepasst werden können", so Hermann.
Führungskräfte als kultureller Anker
"Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle: Durch ihr Verhalten, ihre Kommunikation und ihren Führungsstil prägen sie die Unternehmenskultur maßgeblich. Sie sind in stürmischen Zeiten der Anker für Mitarbeitende und sollten Sicherheit für ihr Team ausstrahlen. Das wirkt sich wiederum auf die Zufriedenheit und Produktivität der gesamten Belegschaft aus. Daher ist es essenziell, Führungskräfte gezielt weiterzuentwickeln und mit den richtigen Werkzeugen auszustatten", stellt Hermann klar.
Ganzheitliche Perspektiven nutzen
Für den Arbeitspsychologen ist entscheidend, die verschiedenen Perspektiven von Mitarbeitenden, Kolleg:innen und Vorgesetzten ganzheitlich zu betrachten. Nur dann lassen sich Stärken und Entwicklungsfelder datenbasiert identifizieren. „Besonders wirkungsvoll ist etwa das 360-Grad-Feedback, das Selbst- und Fremdwahrnehmung systematisch zusammenführt. So werden blinde Flecken sichtbar und Führungskräfte erhalten eine fundierte Grundlage für ihre persönliche Weiterentwicklung", ergänzt Hermann.
Direkter Einsatz der Daten
„Wenn man digitale Feedback-Tools verwendet, ist es unerlässlich, dass Führungskräfte direkt mit den erhobenen Daten arbeiten können", so Hermann. Nicht die HR-, bzw. People & Culture-Abteilung sollen für die Analyse verantwortlich sein, denn Führungskräfte können auf Knopfdruck Herausforderungen in ihren Teams selbstständig identifizieren und proaktiv datenbasierte Lösungen ableiten.
Künstliche Intelligenz als Unterstützung
"Künstliche Intelligenz wird im Berufsalltag immer wichtiger, so auch im Personalbereich. Sie ersetzt jedoch nicht den persönlichen Austausch. Vielmehr unterstützt sie Führungskräfte dabei, datenbasierte Maßnahmen abzuleiten: Von der Zusammenfassung und Analyse von Freitextantworten bis hin zur Interpretation von Ergebnisse. KI schließt die Lücke zwischen Ergebnissen und gezielten Handlungsmaßnahmen.
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